Orchestra | Von Redaktion

Marschpat: Digitales Zeitalter für Marschmusiknoten

Marschpat
Foto: Philipp Holper

Das Music-Tech-Startup “Marschpat” digi­talisiert die Blasmusik. Jetzt durfte das ­Gründer-Team Patrick Rupprecht, Carina Eigner und Markus Wenzl einen Auftritt in der “Höhle der Löwen” absolvieren, der größten Startup-TV-Show im deutschsprachigen Raum. Ein Investment gab es zwar keines – dafür konnte mit der A1 Telekom ­Austria ein starker Partner mit an Bord geholt werden.

Dem österreichischen Kommunikations­anbieter gefiel die Story, die traditionelle Blasmusik zu revolutionieren, da das Marschpat Blasmusizierenden die Möglichkeit bietet, Noten von bekannten Verlegern und Komponisten digital anzuzeigen und zu managen. Marschpat ist also ein digitales Notenmanagementsystem. Die Software funktioniert wie eine Noten-Plattform: Am Computer kann man eine Playlist befüllen und diese anschließend mit den E-Readern synchronisieren. Für jede Stimme ­jedes Instruments können die Noten explizit ­heruntergeladen werden. Mit A1 an der Seite des Startup-Unternehmens kann nun auch der Musikschulbereich mit einem digitalen Notenmanagement bedient werden.

War ein Investment von den “Höhle der Löwen”-Investoren zum Zeitpunkt der Aufzeichnung aufgrund mangelndem Notensortiment und fehlenden Ver­legern gescheitert, hat sich diese Situation nach Drehtermin stark gewandelt. Marschpat hat es geschafft, als erstes digitales Unternehmen eine Kooperation mit dem größten und ältesten Blasmusikverlag in Österreich, dem Johann Kliment Verlag, einzugehen. Dazu kommen noch weitere Verleger und Komponisten aus Öster­reich und Deutschland, wie zum Beispiel der Musikverlag Tatzer, der Musikverlag Johann Gross (Musikverlag HeBu) und Komponisten wie Daniel Muck und Günther Fiala.

Das Team von Marschpat
Die Gründer von “Marschpat” (von links): Markus Wenzl, Patrick Rupprecht und Carina Eigner sind ­motiviert und sehen mit ihren innovativen Ideen positiv in ihre Zukunft. (Foto: Philipp Holper)

Wir sprachen mit dem Team über “Marschpat”, “Die Höhle der Löwen” und die Folgen. 

Der kürzlich ausgestrahlte Auftritt bei “Die Höhle der Löwen” war ein sehr emotionaler. Die Enttäuschung war offensichtlich groß. Die Aufzeichnung der VOX-Sendung liegt nun allerdings schon anderthalb Jahre zurück. Wie ist es euch nach der ersten Enttäuschung gegangen? Was ist seither passiert?

Carina Eigner: Im ersten Moment war die Enttäuschung natürlich groß, wir haben uns mehr erwartet. Im Fernsehen sieht man nur einen kurzen Ausschnitt, aber wir waren über eineinhalb Stunden in der “Höhle”. Da wir schon einige Startup-Wettbewerbe erfolgreich absolviert hatten, war die Hoffnung auch hier groß.

Wir haben das Feedback der “Löwen” in unser Produkt und andere Bereiche einfließen lassen. Wir hatten zum damaligen Zeitpunkt noch sehr wenig Notenmaterial, was auch ein Kriterium für den “No Deal” war. So haben wir mit Komponisten zusammengearbeitet, die für uns geschrieben und freie Arrangements bearbeitet haben. Auch unser Geschäftsmodell – und vor allem die Preise – haben wir überarbeitet.

Aber eine große Aufmerksamkeit war euch trotz “No Deal” gewiss, richtig? 

Markus Wenzl: Ja, wir haben mittlerweile drei Investoren. Einer der bekanntesten ist Michael Altrichter, auch bekannt von der österreichischen Startup-Show “2 Minuten 2 Millionen”. Außerdem hat “Startup300” einen Betrag investiert und “Mentor-Investor” Markus Tröscher unterstützt uns bei den Notenrechten und Lizenzen. Auch unser Kooperationspartner A1 hilft uns strategisch sowie bei der Entwicklung des neuen Produkts.

Marschpat
Foto: Philipp Holper
Wie kamen Sie eigentlich auf die Marschpat-Idee? Und wie hat sich das Team gefunden?

Eigner: Patrick (Rupprecht) und ich haben uns an der FH Wiener Neustadt als Studenten kennengelernt. Patrick hatte die Idee schon während der Studienzeit, da er selbst Kapellmeister und leidenschaftlicher Blasmusiker ist. Er fand, dass es zu mühsam ist, im 21. Jahrhundert immer noch ­Notenbücher schleppen zu müssen, und vor allem umständlich, während des Musizierens Seiten umblättern zu müssen. Als ich von der Idee hörte, war für mich sofort klar, dass wir das unbedingt umsetzen müssen – und dass ich dabeisein möchte. Ein Jahr später stieß Markus (Wenzl) zu uns. Er war genauso begeistert von der Idee. Also haben wir losgelegt, das Produkt auch technisch umzusetzen.

Warum zielt Marschpat zunächst nur auf die Marschkapelle? Ist das nicht für den gesamten Musikbereich eine gute Möglichkeit? 

Patrick Rupprecht: Ich komme aus der Blasmusik und das Marschieren beziehungsweise die Herausforderungen in der Blasmusik zu meistern war die Initialzündung für Marschpat. Und das war unser Einstieg in den Markt. Natürlich gibt es in anderen Teilbereichen der Musik schon digitale Lösungen, jedoch ein spezielles System für die Blasmusik und die besondere Kombination aus Hardware, Software und Notencontent bislang eben noch nicht. Unsere ­Vi­sion ist natürlich viel größer und wir wollen auch in andere Musikbereiche gehen.

Derzeit sind wir gerade mit unserem neuen Kooperationspartner A1 dabei, unser Produkt für Musikschulen zu adaptieren. Im Herbst werden wir damit auf den Markt kommen. Wir haben unser Produkt schon auf spezielle Orchester­formen wie die Posaunenchöre erweitert, die vor allem in Deutschland stark vertreten sind.

  • Kein Notenschleppen mehr – alles auf einem Gerät
  • Kein Herausnehmen aus der Marschgabel – mit einem Wisch zum nächsten Stück
  • Zahlreiche Stücke verfügbar – wird weiter ausgebaut
  • Eigene Noten können hochgeladen werden 
  • Auftritts-/Proben-Management und Mitgliederverwaltung
  • Keine Spiegelung
  • Wasserfest
Ihr habt euer Geschäftsmodell nach der ­Sendung überarbeitet. Wie hat sich das verändert?

Eigner: Wir sind breiter aufgestellt, sodass nicht nur Vereine, sondern auch Einzel­musizierende unser Produkt erwerben und verwenden können. Und die Notenstrategie haben wir ver­ändert, um schnell ein erstes Sortiment an Noten anbieten zu können. 

Das Marschpat, also der E-Reader, kostet zwischen 119 und 419 Euro, je nach Größe des Geräts. Eine Marschgabel kostet zwischen 35 und 50 Euro. Neu ist, dass Musikmachende nicht unbedingt das digitale Marschbuch brauchen. Dieses ist zwar speziell für das Marschieren sehr empfehlenswert, aber für Proben und/oder Konzerte kann auch das eigene Tablet verwendet werden. Unsere Software ist für mobile Geräte sowie Tablets optimiert und bald kommt auch noch eine mobile App dazu.

Auch bei den Software-Preisen hat sich einiges geändert. Es gibt Preise für Einzel-User sowie Vereinspreise. Die Vereinspreise sind gestaffelt nach der Größe des Vereins. In unserer Notensoftware bieten wir den Content an, eigene Be­arbeitungen können selbst hochgeladen werden. Außerdem ist ein Auftritts-/Proben-Management und eine Mitgliederverwaltung inbegriffen. 

In Deutschland gibt es übrigens Förderungen zum Thema Digitalisierung für Vereine/Kapellen. Einige Kapellen haben diese Förderung auch positiv beanspruchen und die Geräte somit sehr günstig kaufen können. Dasselbe würden wir uns natürlich auch für Österreichs Musikkapellen wünschen.

Wie viele Stücke sind denn derzeit verfügbar? Wie sieht es mit den Lizenzen aus?

Rupprecht: Derzeit haben wir etwa 250 im Repertoire mit über 10 000 Notenblättern. Damit decken wir sicher schon einen Großteil der öster­reichischen Marsch­musik ab. Wir haben nun auch schon etliche Verlage und Komponisten mit im Boot und können den Blasmusikern deren Stücke digital zur Verfügung stellen.

Der größte und älteste Blasmusikverlag Österreichs, der Johann Kliment Verlag, ist schon mit dabei. Auch Verlage aus Deutschland machen mit, wie zum Beispiel der Musikverlag Johann Gross (HeBu). Komponisten wie Daniel Muck, Günther Fiala oder Florian Moitzi unterstützen uns ebenfalls. Auch der Musikverlag Tatzer und Stereo Music sowie viele weitere Verleger haben wir über­zeugen können. Trotzdem ist es nach wie vor schwierig, Verlagen digitale Lösungen schmackhaft zu machen.

Warum waren die Verhandlungen mit den Verlegern so anstrengend?

Rupprecht: Wir haben fast eineinhalb Jahre benötigt, bis der Vertrag mit unserem größten Verlag unter Dach und Fach war. Verleger von unserem digitalen System zu überzeugen, braucht viel Geduld und auch viele Erklärungen, wie das System funktioniert und worin der Mehrwert ­besteht. Wir konnten jedoch aufgrund unseres geschlossenen Systems, der zusätzlichen Vertriebs- und Promotionsmöglichkeit sowie der einfachen Notenbereitstellung viele überzeugen. 

Es gibt fast nichts Analogeres als die Blasmusik. Wie reagiert die Szene, wenn Sie sie digitalisieren wollen?

Eigner: Die Kapellen sowie viele junge und ­junggebliebene Musizierende finden es sehr cool. Wir spüren da großes Interesse. Doch auch bei älteren Musikern kommt es gut an. Gerade haben wir eine Bestellung von einer großen Ka­pelle in Deutschland bekommen mit 120 Mitgliedern. Wir werden außerdem sehr vom Nieder­öster­reichischen Blasmusikverband unterstützt, der unser Produkt auch schon getestet und mit uns ein Webinar durchgeführt hat.

www.marschpat.at