Orchestra | Von Klaus Härtel

Matthias Werner: „Beim Komponieren bin ich wirklich aufgeblüht“

Matthias Werner
Matthias Werner (Foto: Maria Frodl)

Matthias Werner hat schon früh seine Leidenschaft für Musik entdeckt – angefangen mit der Blockflöte, später an der Posaune und schließlich als vielseitiger Komponist. 17 Jahre lang prägte er als Gründungsmitglied die Erfolgsgeschichte von Federspiel, bevor er sich ganz seiner Liebe zum Komponieren widmete. Im Interview spricht er über seine Anfänge, musikalische Einflüsse, kreative Prozesse und warum Musik für ihn mehr ist als nur ein Beruf – nämlich ein Lebensgefühl.

Matthias, mit fünf Jahren hast du angefangen, Musik zu machen. Welche Instrumente hast du damals erlernt, und wie haben diese frühen Erfahrungen deine musikalische Laufbahn beeinflusst?

Tatsächlich war der erste Berührungspunkt mit Musik dieser klassische österreichische Blockflötenunterricht, den viele Kinder erleben. Aber ich glaube, Musik begleitet einen schon viel früher und auf andere Weise. Ich habe ein Video aus meiner Kindheit, in dem ich auf dem Schoß meiner Urgroßmutter sitze und „Alle meine Entchen“ singe. 

Solche Momente sind es wohl, in denen die Liebe zur Musik entsteht. In der Musikschule – und in der örtlichen Blasmusik-Kapelle – wurde dann der Grundstein für meine musikalische Laufbahn gelegt. Die Posaune war damals das größte, schönste und glänzendste Instrument – und damit auch das coolste. Sie wurde lange mein Hauptinstrument, bis in meiner Jugend dann noch der Gesang hinzukam.

Stammst du aus einem musikalischen Elternhaus?

Musik war nicht unbedingt an der Tagesordnung, aber sie war definitiv präsent. Meine Mutter sang im Chor, mein Vater spielte Klavier. Später, als meine Eltern neu heirateten, kam dann mehr Musik ins Haus – meine Mutter heiratete Rudi Pietsch, einen Geiger und sozusagen Gründungsvater von Federspiel. Er war in der österreichischen Volksmusikszene eine wichtige Figur.

Du hast sowohl Posaune als auch Gesang studiert. Haben sich diese beiden Disziplinen gegenseitig beeinflusst?

Absolut. Beide Studienrichtungen haben sich wunderbar ergänzt, insbesondere weil ich mich nie auf eine Stilistik beschränken wollte. Ich habe in Big Bands, klassischen Symphonieorchestern, symphonischer Blasmusik, Blaskapellen und in einer Dixieland-Band gespielt. 

Mit dieser Band war ich damals in New Orleans – meine erste Auslandserfahrung! Ich konnte mich nie für eine Richtung entscheiden, weil jede Stilistik etwas Besonderes hat. In Wien gab es die großen Studienfächer „Popularmusik“ und „Klassik“ – also blieb mir nichts anderes übrig, als beide zu wählen.

War Federspiel dann die logische Konsequenz aus deinen Studien?

Lustigerweise war es genau umgekehrt. Wir haben Federspiel gegründet, als ich 14 war – lange bevor mein Studium begann. Man könnte sagen, Federspiel war mein eigenes Studium. Dort konnte ich meine größten kompositorischen Fortschritte machen: Man schreibt etwas auf Papier, probt es mit der Band und merkt sofort, ob es funktioniert oder nicht.

17 Jahre lang warst du bei Federspiel. Wie haben dich diese Jahre geprägt?

Enorm! Wenn man mit 14 beginnt und bis zum Erwachsenwerden dabei bleibt, macht man nicht nur musikalische, sondern auch persönliche Entwicklungen durch. Der Umgang miteinander in einer Gruppe mit sieben unterschiedlichen Persönlichkeiten war eine wertvolle Erfahrung.

Das Tourleben, unzählige Proben, Konzerte – all das hat mich sehr geprägt. Rückblickend war unser Erfolg vielleicht auch gerade deshalb möglich, weil wir nie das Ziel hatten, damit unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Wir haben einfach gemeinsam Musik gemacht, weil es uns Spaß gemacht hat. Wir waren keine gecastete Boyband, sondern eine Gruppe von Freunden mit einer gemeinsamen Leidenschaft.

Der Abschied von der Posaune und dein Ausstieg bei Federspiel war dementsprechend sicherlich kein leichter Schritt.

Nein, das war ein längerer Prozess – ungefähr drei Jahre. Ich hatte das Gefühl, dass mir die Zeit davonlief. Vormittags Übesessions, nachmittags komponieren – und beim Komponieren bin ich wirklich aufgeblüht. Irgendwann war klar, dass meine Leidenschaft immer mehr in Richtung Komposition ging.

Zum Glück war mein Abschied von Federspiel kein endgültiger – ich schreibe nach wie vor Stücke für sie und wir sehen uns regelmäßig.

Jetzt kannst du also 24/7 komponieren – wie sieht dein kreativer Prozess dabei aus?

Es gibt zwei Phasen: Zuerst sammle ich Inspiration – aus Gesprächen mit Freunden, Erlebnissen oder Weltgeschehen. Das läuft alles im Hintergrund ab. Und dann gibt es den Moment, in dem man sich hinsetzt und alles in Musik umsetzt.

Lustigerweise funktioniert das am besten, wenn ich gar nicht bewusst daran denke – beim Spazierengehen mit dem Hund, beim Zähneputzen oder mitten in der Nacht. Ich habe immer Notenpapier und Stift dabei – oder ich nehme die Idee schnell mit dem Handy auf.

Ist deine Musik autobiografisch inspiriert?

Ja, auf jeden Fall! Oft verarbeite ich Emotionen oder Erlebnisse, auch wenn sie nicht immer direkt als solche erkennbar sind.

Was ist dein Ausgleich zum Komponieren?

Spaziergänge mit dem Hund, Sport – und Schlaf! Kochen ist auch eine Leidenschaft von mir.

Gibt es Parallelen zwischen Kochen und Komponieren?

Ja, bis zu einem gewissen Grad. Beim Kochen halte ich mich an Rezepte, beim Komponieren lasse ich mich freier treiben. Aber in beiden Fällen braucht man eine gute Basis, bevor man kreativ improvisieren kann.

Wann und wo kann man deine Musik demnächst erleben?

2026 erscheint das neue Federspiel-Album. Außerdem arbeite ich am Musiktheater »Der Zauberer von Oz«, das im Januar 2026 uraufgeführt wird. Und natürlich laufen die »Allez Hop«-Kinderkonzerte im Wiener Konzerthaus weiter – ein echtes Highlight für die kleinsten Konzertbesucher!

In der Ausgabe 1-2/2025 der BRAWOO war kürzlich ein Beitrag zu »Pimp Your Blasorchester«. »Die Idee dazu entstand in der Corona-Zeit«, erklärt Matthias Werner. »Nach den Lockdowns verzeichneten viele Blasorchester Mitgliederschwund. Ich erinnere mich an meine eigene Zeit im Blasorchester – da gab es immer die gleichen Aufwärmübungen, 15 Jahre lang! Ich wollte etwas Neues schaffen, das Spaß macht und gleichzeitig klangliche sowie technische Verbesserungen bringt.

www.matthiaswernermusic.com
brawoo.de/pimp-your-blasorchester