Brass, Orchestra, Wood | Von Jürgen K. Groh

Mentales Training als Teil des instrumentalen Übens

Mentales Üben

Herzlich willkommen zur neuen Serie “Üben üben!” bei der in jeder BRAWOO-Ausgabe ein Satz zur Gestaltung bzw. Planung des Übens im Mittelpunkt steht. Die Artikel sind nach Barbara Mintos “Pyramiden-Prinzip” gestaltet: zuerst der Grundgedanke, dann nähere Erläuterungen dazu. Das hat nebenbei auch den Vorteil, dass Sie, liebe Leser, selbst bei schnellem Durchblättern die Kernaussage wahrnehmen.

Diesmal soll mit der unten erläuterten “12-Tage-Challenge” nicht nur eine erste Bekanntschaft mit dem mentalen Training gemacht, sondern auch an die vergangenen drei “Üben üben!”-Folgen erinnert werden: verteiltes Üben, auswendig Üben und schnelle Läufe Üben.

Im Sport gibt es für mentales Training sogar seit 2010 in Leipzig die Deutsche Mentaltrainer-Akademie e.V. Wenn man dann im YouTube-Video “Silence”, mit dem für die Olympischen Sommerspiele qualifizierten Sportkletterer Adam Ondra, nach 9:25 Minuten liest: “We cut the route into the tiniest details, so when I was visualizing it, I would visualize with every single muscle which was necessary for each move”, bekommt man eine Ahnung, was mentales Training bedeutet.

Carpenter-Effekt

Nur allein das Sehen oder Denken an bestimmte Bewegungen löst die Tendenz zur Ausführung dieser Bewegung aus. Dieser, vom englischen Naturwissenschaftler William Benjamin Carpenter (1813 bis 1885) zum ersten Mal 1852 beschriebene Carpenter-Effekt spielt übrigens auch in der Filmwirkungsforschung eine gewichtige Rolle. Fühlen Sie beim nächsten Fernsehabend, während einer spannenden zweidimensionalen Szene mit Lautsprecherakustik kurz in sich hinein, und Sie werden wissen, warum.

“Lass es mich tun, und ich verstehe” – die “12-Tage-Challenge”

Dem chinesischen Philosophen Konfuzius wird der Satz: “Erkläre mir, und ich vergesse. Zeige mir, und ich erinnere. Lass es mich tun, und ich verstehe” zugeschrieben.

Also lassen wir Sie durch die “12-Tage-Challenge” und mit dem Lied “When the saints go marching in” etwas tun. Zumindest in Gedanken.

Das Ziel bis zur nächsten Ausgabe der BRAWOO besteht darin, dieses aus den ersten fünf Tönen einer Dur-Tonleiter komponierte und mit deren Grundton beginnende Lied, in allen zwölf Durtonarten mit den Griffen, dem Ansatz und der Atemführung Ihres Instruments zu durchdenken.

Auswendig und mit verteiltem Üben

Fangen Sie zum Beispiel auswendig mit C-Dur an, üben Sie das Lied mit der Methode des verteilten Übens in der Reihenfolge des Quintenzirkels und nehmen Sie täglich nur eine neue Tonart dazu. Am Ende dieser “12-Tage-Challenge” können Sie das Lied dann in weniger als fünf Minuten durchdenken. Und nebenbei haben Sie auch alle zwölf Dur-Akkorde in aufsteigender und absteigender Reihenfolge geübt.

Es lohnt sich also in mehrfacher Hinsicht, benötigt weder Noten noch Instrument und kann in alltäglichen Situation gemacht werden.

So wäre es etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Beschäftigung. Oder auch in den etwas dämmrigen Phasen vor dem Einschlafen oder nach dem Aufwachen. Sie stören ja niemand, denn hier gilt das, was auch schon in der zweiten Strophe eines bekannten Volkslieds zu lesen ist: “Ich denke, was ich will, und was mich beglücket, doch alles in der Still, und wie es sich schicket.”

Der Autor Jürgen K. Groh ist Master of Arts, Dirigent, Moderator und Vizepräsident der WASBE Sektion Deutschland. Er ist unter der E-Mail Adresse juergenkgroh@brawoo.de zu erreichen.