Orchestra, Szene | Von Jochen Wehner

Militärmusik in der Oper

"Funktion der Militärorchester in der musikalischen Architektur von Opernpartituren des 19. und 20. Jahrhunderts" lautete ein Vortrag, den Autor Jochen Wehner hielt. In insgesamt vier Teilen blicken wir nach Italien, Frankreich, auf die Wirkung der russischen Militärmusik in der romantischen Opernwelt und die Werke deutscher bzw. österreichischer Tonsetzer.

Die Entwicklung der Opernkompositionen

Wenn man die Geschichte der darstellenden Kunst zurückverfolgt, kann man feststellen, dass die Einbeziehung einzelner Instrumente zur akustischen Verdeutlichung von Simultan-Szenen bereits vor etwa 400 Jahren begonnen hat.

Fanfaren-Signale hinter der Szene kündigten das Herannahen von Königen oder Fürsten an; Trompeten- und Trommel-Motive erklangen bei Schlachtszenen und Hornintervallfolgen markierten Beginn und Ende einer Jagd. Im Verlaufe der Entwicklung der Opernkompositionen expandierte auch das Instrumentarium.

Wenn man in der Barockzeit noch mit etwa 25 Musikern im Orchestergraben auskam, hat sich die Besetzung bis heute fast vervierfacht. Die Standardbesetzung eines größeren Opernhauses Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland wurde mit 60 bis 70 Instrumentalisten kaum überschritten. Trotzdem hat sich die Konzipierung von Bühnenmusiken großen Stils im gleichen Zeitraum explosionsartig herausgebildet.

Das gelang natürlich nur durch die Einbeziehung von Militärorchestern, deren bläserische Leistungsfähigkeiten nachweislich ein hohes Niveau aufweisen konnten. Dieser Tatbestand war für Komponisten wiederum eine willkommene Herausforderung, vor allem in Italien, Frankreich, Russland und Deutschland, die akustischen Möglichkeiten im Musiktheater optimal auszuloten.

Italien – Die Wiege der Opernkunst

Da Italien als die Wiege der Opernkunst bezeichnet wird, bietet es sich auch an, die Verwendung von Bühnenmusik im weitesten Sinne zu analysieren. Der Einsatz bestimmter Instrumentengruppen, an erster Stelle der Trompeten, bestätigt einen wesentlichen Symbolcharakter, nämlich den der Macht.

Frankreich – Platzierung der Bühnenorchester und instrumentale Besetzung

Unmittelbar nach der Entwicklung der Saxofone 1842/43 durch Adolphe Sax bekam der Instrumentenbauer den Auftrag, für das französische Militär relativ leicht spielbare Blechblasinstrumente (aus der Bügelhorn-Familie resultierend) zu konstruieren.

Aus dieser Idee wurde die Familie der Saxhörner geboren, die 1845 dann patentiert vom Pikkolo-Saxhorn bis zum Kontrabass-Saxhorn in neun verschiedenen Stimmungen auf dem musikalischen Markt erschien.

Für die Opernkomponisten ergab sich ad hoc eine neue Klangfarbe, die in den Bühnenorchestern großer Opernhäuser zum Einsatz kam. Zunächst wurden traditionelle Blasinstrumente in Militärorchestern mit den neu entwickelten Saxhörnern kombiniert.

Russland – Auswirkungen der Militärmusik in der romantischen Opernwelt

Die russische Militärmusik bietet von der klein besetzten "Russischen Banda" bis zum großen Militärorchester einige Varianten, die in der romantischen Opernwelt großartige Wirkungen erzielt haben.

Die Oper "Mazeppa" (1884; nach dem Poem "Poltawa" von Alexander Puschkin) bezieht sich auf den Teil des "Nordischen Krieges" (1700 bis 1721), der sich 1709 in der Ukraine vollzogen hat. Die sinfonische Dichtung "Die Schlacht bei Poltawa" hat bei Tschaikowsky (1840 bis 1893) musikalisch einen so groß dimensionierten Stellenwert, dass er zwischen dem 2. und 3. Akt des Bühnenwerks eine Bataille-Musik für zwei Orchester eingeschoben hat.

Die Werke deutscher und österreichischer Tonsetzen

Deutsche Tonsetzer unterscheiden sich im Einsatz von Bühnenmusiken nicht wesentlich von denen anderer Länder; höchstens in der Instrumentation. Eine Ausnahme bildet Richard Wagner (1813 bis 1883), der in seiner letzten Lebensperiode ein Musik-Theater nach seinen persönlichen Klangvorstellungen bauen ließ: das nur für seine Bühnenwerke konzipierte Festspielhaus Bayreuth.

Zu Beginn seiner ersten Kompositionsphasen gab es dieses Festspielhaus auf dem Grünen Hügel noch nicht. Trotzdem hatte er auf der Basis seiner Libretti umfangreiche Ideen für die akustischen, aber auch visuellen Wirkungen seiner Sujets.

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