Brass | Von Malte Burba

Mundstückdruck ist eine Frage der Dosierung. Tipps von Malte Burba

Mundstückdruck
Mundstückdruck ist eine Frage der Dosierung – wie beim Kochen!

Aus der Fülle der Fragen, die Malte Burba immer wieder erreichen, greifen wir jeden Monat einige heraus, die alle interessieren könnten. Im aktuellen Beitrag geht es um Mundstückdruck, um die falsche Anspannung der Muskeln sowie ein hundertjähriges Mundstück. Wenn Sie eine Frage haben, die Malte Burba auf dieser Seite beantworten soll, dann mailen Sie an: burba(at)brawoo.de

Wieviel Mundstückdruck ist nötig, um den inneren Bereich des Randes gut abzudichten? Mir fällt auf, dass je mehr ich bewusst andrücke, egal ob in der unteren, mittleren oder oberen Lage, desto besser klappt es. Erstaunlich ist auch, dass der Abdruck nach dem Spielen weniger ist. Ein Schüler von mir hat dasselbe Gefühl festgestellt.

Das ist eine Frage der Dosierung – wie beim Kochen! Zu wenig ist genauso schlecht wie zu viel, allerdings darf der Druck nie als Alternative für bessere und gesündere Methoden der Ton­höhen­veränderung herhalten. Die Qualität des Abdrucks nach dem Absetzen sagt übrigens in der Regel nichts über den tatsächlich beim ­Spielen aufgewendeten Mundstückdruck aus (Clarino 6/2013). Und wenn Ihnen Schüler bei einer Selbstbeobachtung zustimmen, dann sollten Sie das als erfahrener Lehrer nicht allzu ernst nehmen, weil Wunschdenken und Suggestion oftmals zu grotesken Fehlwahrnehmungen führen. An der langjährigen Maxime “So viel Druck wie nötig, so wenig wie möglich” ist also durchaus etwas dran.

Neuerdings kommt es manchmal vor, dass ich in der Höhe viel mehr Muskeln anspanne als ich brauche. Sprich: Die Schultern gehen nach oben usw. Wie kann ich das verbessern bzw. ignorieren? Und wie kann ich mir ein entspanntes Gefühl merken, also zum Beispiel, wie sich das Ganze eine Ok­tave tiefer anfühlt?

Da haben wir wieder einmal viele Fragen und falsche Denkansätze auf einmal. Zunächst: Stürzen Sie sich bei vermeintlichen Schwierigkeiten nicht sofort auf das Problem! Erfolgversprechender ist immer, bei Schwierigkeiten erst einmal ein paar Schritte zurückzugehen. Denn ein Problem aus der Distanz betrachtet ist oft gar kein Problem, sondern nur die Fehleinschätzung einer Si­tua­tion! Wenn Sie beim Spielen die Schultern hochziehen, ist das schlicht und einfach eine Muskelaktivität an einer Stelle, an der man sie nicht braucht, also eine Verkrampfung.

Weil unnötige Muskelanspannungen aber eine fatale Eigen­dynamik haben (Clarino 10/2018), wäre das von Ihnen vorgeschlagene Ignorieren aus­ge­sprochen dämlich. Und bei dem von Ihnen an­gestrebten Entspannungsgefühl handelt es sich um eine Illusion. Denn lockeres Spiel bedeutet nicht, dass man “locker” ist, sondern dass man nur die tatsächlich benötigten Muskeln anspannt. Ihnen wird also nichts anderes übrig bleiben, als sich diesen Blödsinn schnellstmöglich wieder abzugewöhnen, indem Sie ein Drittel (nicht mehr!) Ihrer täglichen Spielzeit vor dem Spiegel stehen, um ganz konkret diese überflüssigen Aktivitäten zu unterlassen.

Schon mehrfach habe ich versucht, mein etwa hundertjähriges Kornett-Mundstück nachbauen zu lassen. Leider ohne Erfolg. Woran liegt das? Sind unsere Mundstückbauer unfähig?

Nein! Das hat zwei Gründe:

  • Einerseits lassen sich Rand- und Kesselform gut kopieren, während es andererseits bei Bohrung/Seele und dem konischen Verlauf des Schaftes (backbore) mit vertretbarem technologischen Aufwand und ohne das Original-Mundstück zu zerstören noch enorme Schwierigkeiten gibt.
  • Die zweite Ursache liegt an den damals verwendeten Messinglegierungen mit hohem Bleianteil, die heutzutage verboten sind und weder produziert noch in Verkehr gebracht werden dürfen.

Eine ausprobierenswerte Abhilfe für das Materialproblem könnte ein Aufsteckbooster für den Schaft sein (Clarino 1/2017). Mit dem können sie das exakte Gewicht des Originalmundstücks re­kon­struieren, da die Masse wahrscheinlich der entscheidende Faktor für die von Ihnen vermissten Eigenschaften sein dürfte. Letztlich dürfen wir allerdings unsere grundsätzliche Vergänglichkeit und die unseres Tuns nicht aus den Augen verlieren, denn sonst gäbe es keinen Fortschritt!