Orchestra, Szene | Von Klaus Härtel

Oberstleutnant Christoph Scheibling über 60 Jahre Musikkorps der Bundeswehr

Am 16. Februar fand der Festakt in Siegburg statt. Nur etwa 30 Kilometer entfernt, auf der anderen Rheinseite in Rheinbach, wurde exakt auf den Tag genau vor 60 Jahren das Musikkorps als »Lehrmusikkorps« aufgestellt. Die CLARINO-Redaktion trifft den aktuellen Leiter Oberstleutnant Christoph Scheibling in München, wo das Musikkorps der Bundeswehr am Abend im Herkulessaal konzertiert.

Seit 60 Jahren nun gibt es das Musikkorps der Bundeswehr. Wie hat sich das Musikkorps in dieser Zeit verändert?

Während des überwiegend größeren Zeitraums – von der Gründung 1957 bis zum Jahr 2000 – stand der protokollarische Ehren­dienst für die Bundesregierung auf der Agenda. Das war die Kernaufgabe für das Stabsmusikkorps – so der frühere Name –, alle Staatsgäste der Welt in der noch jungen Bundesrepublik zu empfangen und im Weiteren auch Staatsoberhäupter bei ihren Reisen ins Ausland zu begleiten. Diese Phase hat das Musikkorps ganz besonders beeinflusst.

Mit jedem Leiterwechsel entsteht natürlich ein eigenes Profil und jeder hinterlässt seine Handschrift und setzt seine ganz besonderen Schwerpunkte. Dieses erfuhr dann mit der neuen Ausrichtung – das Orchester wurde 2000 zum Konzertorchester – eine ganz besondere Prägung. Seit 17 Jahren hat das Musikkorps diesen neuen Auftrag jetzt.

Diese veränderte Ausrichtung hatte dann aber schon enorme musikalische Folgen, oder?

Das war auf jeden Fall ein wesentlicher Punkt. Natürlich gibt es kleinere Stationen wie das Aussetzen der Wehrpflicht, nach der der Nachwuchs des Orchesters anders gespeist werden musste. Aber mit der Neuausrichtung wurde das Orchester enger mit der Fachszene vernetzt. Man arbeitete mit namhaften Solisten zusammen, legte Wert auf CD- und Verlagseinspielungen und interessierte vermehrt Hochschulabsolventen für dieses Orchester.

Ist dadurch die Rolle des Musikkorps auch in gesellschaftlicher Hinsicht eine andere geworden?

Es gab natürlich mehr Möglichkeiten, Konzerte zu geben, als das vorher der Fall war. Das Musikkorps hat Konzertbühnen vieler Regionen, Städte, Kommunen »erobert«, ist fester Bestandteil regionaler Kulturkalender und hat die Menschen für sich gewonnen. An vielen Schauplätzen hat man einen bleibenden Eindruck hinterlassen und sehr viel Geld für einen wohltätigen Zweck eingespielt. Und natürlich war man dort auch für die Laienmusik wesentlich präsenter.

Sie sprechen es an: Das Musikkorps ist kein »kommerzielles« Orchester. Macht sich das bemerkbar, dass man nicht »das Geld wieder reinholen« muss?

Das ist keine Frage, die das Orchester selbst betrifft. Aber natürlich ist es immer wieder eine Frage in der Geschichte gewesen. Immer da, wo Eliten sind, fragt man zweimal nach: »Muss das sein? Brauchen wir das? Wie viel spielen die ein?« Diese Fragen sind jedoch eher töricht, denn Sympathie ist mit nichts zu bezahlen.

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