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Orchesterverein Hilgen auf Titeljagd

Hilgen
Foto: Frank Westphal-Boeing

Dreimal in Folge gewann der Orchesterverein Hilgen den alle vier Jahre vom Deutschen Musikrat auf Bundesebene ausgerichteten Deutschen Orchesterwettbewerb (DOW). Den vorgeschalteten Landeswettbewerb NRW konnte er seit 1987 elfmal in Folge und damit ausnahmslos für sich entscheiden. Beim nächsten DOW kommt es erneut zur musikalischen Begegnung der besten sinfonischen Blasorchester Deutschlands. Nach einem Probelauf mit Tryout-Konzert in Burscheid am 4. Mai um 15 Uhr (Eintritt frei!) stellen sich die rund 80 Musiker*innen am 18. Juni in Wiesbaden erneut der Herausforderung um den Titel „bestes deutsches Blasorchester“ – engagiert, aber mit viel Respekt vor der Konkurrenz. 

1996, 2000 und 2004 gewann der OVH den Deutschen Orchesterwettbewerb. 2008 boykottierte er die Teilnahme; 2012 und 2016 wurde ihm ein „erster Preis“ verliehen, nach Punkten aber „nur“ der jeweils zweite Platz, und 2020 meldete der OVH sich zu dem coronabedingt nur über Videoeinsendungen ausgetragenen Wettbewerb nicht an. „Wir  sind gut vorbereitet und spielen unser Wettbewerbsstück mit Begeisterung und Leidenschaft. Aber wir wissen natürlich nicht, in welcher Form die anderen Orchester antreten werden – und ob uns selbst im Moment der Aufführung auch wirklich alles gelingt wie geprobt!“, so Martin Mudlaff, Vorsitzender des Orchestervereins Hilgen. Insofern bleibt es spannend, ob der Sieg des OVH mit 25 von 25 Punkten beim Landesorchesterwettbewerb im vergangenen September genug Rückenwind gibt für ein gutes Abschneiden auch auf Bundesebene, wenn sich der OVH am 18. Juni um 10:45 Uhr im schönen Kurhaus Wiesbaden in einem dreißigminütigen Wertungsspiel der professionell besetzten Fachjury präsentiert. 

TRYOUT-KONZERT: 4. MAI, 15 UHR, BURSCHEID – EINTRITT FREI !

Um den Stand der Vorbereitungen besser einschätzen zu können und um mit dem Wettbewerbsstück die Anspannung in der Aufführungssituation zu testen, präsentiert sich das Burscheider Blasorchester inmitten seiner DOW-Probenphase mit einem „Tryout-Konzert“ in Burscheid am Sonntag, den 4. Mai, um 15 Uhr (Sporthalle, Auf dem Schulberg 3). Wer nicht beim Landessieg dabei sein konnte und es auch nicht nach Wiesbaden schaffen wird, hat hier bei freiem Eintritt die Gelegenheit, das fantastische Wettbewerbsstück zu erleben.

Mit knapp 70 Bläser*innen plus Schlagwerk, Klavier, Harfe, Kontrabass, zwei Celli und sogar mit einem (gerne im Soundtrack von Horrorfilmen eingesetzten) „Waterphone“ wird der OVH sein Wertungsspiel mit nur einem einzigen, knapp dreißigminütigen Werk füllen: „El Jardín de las Hespérides“ des spanischen Komponisten José Suñer Oriola. Mit ruhigen, atmosphärisch dichten Momenten, mit herausfordernden solistischen Passagen, mit temporeicher, kraftvoller Wildheit und mit einem majestätischen Klangrausch zum Abschluss ist dies erneut ein Werk, mit dem der OVH sich und die Besetzungsform „Sinfonisches Blasorchester“ fest in der Welt des anspruchsvollen Musizierens verankert.

Hilgen
Timor Oliver Chadik (Foto: Daniel Regel)

Auch Timor Chadik, seit 2014 Chefdirigent des OVH, sieht das hohe musikalische Niveau der Szene: „Die Blasorchester in Deutschland sind im Laufe der Jahre qualitativ immer besser geworden. Das freut uns natürlich für dieses in vielen anderen Ländern kulturell sehr viel etabliertere Genre – aber: Entsprechend höher wird von Mal zu Mal auch das Wettbewerbsniveau beim DOW!“ 

Über das Wettbewerbsstück hinaus wird der OVH in seinem gut einstündigen Tryout-Konzert zwei weitere, höchst unterhaltsame Gute-Laune-Stücke aufführen: In „Pentangle“ von Philip Spark sind fünf Solist*innen aus den Reihen des OVH zu hören: Miki und Christian Rottmann (Trompete), Sophia Bosbach (Horn), Olaf Biermann (Posaune) sowie Alexander Wendt (Tuba) musizieren als Quintett im fröhlichen Wechselspiel mit dem gesamten Orchester. Außerdem werden die „Fantasy Variations“ von James Barnes zu hören sein: Variationen über ein Thema des berühmten Geigenvirtuosen Niccolo Paganini – von frech über virtuos bis verträumt, und definitiv stets mit Ohrwurm-Garantie.  

ENDSPURT UND FINALE 

Die Vorbereitungen für den Deutschen Orchesterwettbewerb im Juni laufen also auf Hochtouren: Vor und nach dem Tryout-Konzert gibt es, zusätzlich zu den wöchentlichen Gesamtproben dienstags abends, weitere Proben in Kleingruppen sowie komplette Probentage am Wochenende. Und dann wird es ernst: Der OVH fährt mit zwei Bussen plus Schlagzeugtransporter sowie rund 80 Mitwirkenden nach Wiesbaden. Der OVH ist ambitioniert, gut vorbereitet und freut sich auf das musikalische Kräftemessen ganz im Sinne des olympischen Gedankens – denn auch und gerade in der Musik geht es nicht nur um Punkte, sondern v. a. um das Miteinander innerhalb des eigenen Teams und um die Begegnung mit Gleichgesinnten.

Und danach? Der Orchesterverein Hilgen setzt seine Probenarbeit fort mit dem nächsten Programm zur Vorbereitung des alljährlichen Serenadenkonzerts in der Burscheider Kirchenkurve am Samstag, den 6. September – ganz bestimmt bei wie üblich gutem Wetter und mit stimmungsvollem Flutlicht in den Abendstunden: mit welcher DOW-Platzierung auch immer, aber auf jeden Fall mit viel OVH-typischer Spiellaune. 

Weitere Informationen & Hintergründe

Der Landesorchesterwettbewerb (LOW) findet seit 1987 alle vier Jahre in einer jeweils anderen Stadt Nordrhein-Westfalens statt und wird für Amateur-Orchester in den unterschiedlichsten Besetzungen ausgeschrieben. Die jeweils Besten ihres Landes treten im Folgejahr beim Deutschen Orchesterwettbewerb (DOW) auf Bundesebene gegeneinander an. Der OVH konnte alle bisherigen, also zehn Austragungen auf Landesebene ausnahmslos für sich entscheiden. 

Das Klanggemälde „El Jardín de las Hespérides“ („Der Garten der Hesperiden“) des spanischen Komponisten José Suñer Oriola schildert eine Episode aus der griechischen Mythologie: die elfte der zwölf „Herkules-Aufgaben“. Herkules soll aus dem Garten der Göttin Hera die goldenen Äpfel stehlen, die ewige Jugend versprechen. Der fragliche Baum wird bewacht von drei Nymphen, den Hesperiden, und von Ladon, einem hundertköpfigen Drachen. Das Werk in vier Teilen beginnt mit Herkules‘ langer Suche nach dem Garten. Der zweite Teil schildert seine verschiedenen Ideen, wie der Drache zu bekämpfen sei, endend mit Herkules‘ Sieg über Ladon, dem lauten Schrei des Drachen und dessen Verschwinden in der Asche seines eigenen Feuers. Der dritte Teil erzählt von Atlas, dem Vater der Hesperiden: Dieser stiehlt von seinen eigenen Töchtern die goldenen Äpfel als Gegenleistung dafür, dass Herkules kurzzeitig seine Aufgabe übernimmt, das Himmelsgewölbe zu tragen. Der letzte Teil schließlich schildert die triumphale Rückkehr des Herkules nach erfolgreicher Heldentat und verarbeitet noch einmal die musikalischen Motive der Nymphen, des Gartens und von Herkules selbst. 

Mit den im Tryout-Konzert zusätzlich musizierten Werken „Pentangle“ und „Fantasy Variations“ präsentierte sich der OVH bereits im März im Rahmen eines Gemeinschaftskonzerts mit dem „Instrumental Musikverein Neuenkirchen e. V.“ (IMV) in der Gemeinde Neuenkirchen-Vörden im Landkreis Vechta. Der IMV gewann den Landesorchesterwettbewerb Niedersachsen, sodass sich bei dieser Veranstaltung zwei Landessieger für jeweils eine Konzerthälfte vor gut 600 Zuschauer*innen präsentierten. „Beim Deutschen Orchesterwettbewerb treten wir dann beide an – das Gemeinschaftskonzert war also eine Art Freundschaftsspiel!“ erläutert OVH-Klarinettist Peter Hellwig mit einem Augenzwinkern. Der Solinger hatte vor vielen Jahrzehnten im OVH mitgewirkt und wurde dann, als er die Leitung der „Kreismusikschule Osnabrück“ übernahm, Mitglied des IMV. Inzwischen ist er ins Bergische und zum OVH zurückgekehrt, blieb seinem Musikverein im Norden aber verbunden und initiierte das Gemeinschaftskonzert. Die Burscheider Musiker*innen  erlebten vor Ort große Gastfreundschaft und ein tolles Konzert mit anschließender gemeinsamer Orchesterparty! 

Der Orchesterverein Hilgen (OVH) ist ein Orchester mit rund 70 aktiven Musikerinnen und Musikern, mit Tradition und Wurzeln, offen für unterhaltende Programme und – durch die vom Verein mitgetragene Musik- und Orchesterschule sowie mit regelmäßigen Veranstaltungen für Kinder – auch aktiv in der Nachwuchsarbeit. Vor allem aber ist der OVH ein Klangkörper, der sinfonische Blasmusik als eine von Farbenreichtum und Instrumentenvielfalt geprägte Besetzungsform etabliert – mit klassischer und moderner „ernster“ Musik, mit Arrangements und Originalkompositionen, darunter viele Uraufführungen. Neben Auftritten in der Region (Altenberger Dom, Oper und Schauspielhaus Köln, WDR Funkhaus Köln, Radioteleskop Effelsberg etc.) führten Tourneen und Wettbewerbe den OVH nach u. a. Brasilien, Italien, Luxemburg und Österreich. Beim Deutschen Orchesterwettbewerb erzielte der OVH seit 1996 lückenlos einen ersten Preis, davon drei Mal als Bestplatzierter und damit Bundessieger. Bei all diesen Aktivitäten wurden dem OVH von Fachwelt, Aktiven und Publikum immer wieder seine musikalisch mitreißende Vortragsart sowie sein außergewöhnliches Repertoire und klangliches Selbstverständnis bescheinigt.

Timor Oliver Chadik leitet seit 2014 den Orchesterverein Hilgen. Chadik, selbst Posaunist, schloss sein Dirigat-Studium und die anschließende Meisterklasse an der Musikhochschule Würzburg mit Auszeichnung ab und erhielt diverse Preise und Förderungen. Seit 2015 ist er Chefdirigent der Big Band der Bundeswehr in Euskirchen. Seine Kompetenz im Blasorchester-Dirigat zeigt sich zudem in der engen Zusammenarbeit mit qualifizierten Klangkörpern wie der Deutschen Bläserphilharmonie und der Jungen Bläserphilharmonie NRW. Außerhalb der Blasorchester-Szene führten ihn zahlreiche Engagements an renommierte Opern- und Konzerthäuser in Deutschland und weltweit.