News, Orchestra | Von Klaus Härtel

Polka, Walzer, Marsch im Webinar mit Peter Laib und Manuel Epli

Polka Walzer Marsch
Foto: Christian Mayr

Polka, Walzer und Marsch – so etwas hat man im Blut. So etwas kann man nicht lernen. Stimmt nicht, sagen der Dirigent Manuel Epli und der Tubist Peter Laib. Und geben prompt ein gemeisames Webinar zum Thema. Der Kardinalfehler übrigens: Die vermeintlich leichte Unterhaltugsmusik zu unterschätzen. Polka, Walzer, Marsch sind also eine ernste Angelegenheit? In gewisser Hinsicht schon. Wir sprachen mit Manuel Epli und Peter Laib. 

Was ist eigentlich – ganz grundsätzlich – so faszinierend an Polka, Walzer und Marsch? 

Peter Laib: Egal aus welcher Sicht man die drei Bereiche betrachtet, sie faszinieren durch ihre schönen eingängigen Melodien, die sofort für positive Stimmung und Gänsehaut sorgen können, sowie durch ihre Grooves, zu denen man sich direkt bewegen will.

Wenn man Polkas, Märsche und Walzer hört, klingen sie oft – wenn gut gespielt – so unglaublich »leicht und locker«. Ist genau das oft die Herausforderung – und der Denkfehler?

Peter Laib: Die Herausforderung ist, dass man aus dieser relativ »einfach« gehaltenen Literatur das Maximale an Musikalität herausholt, mit den Musikinstrumenten eine sehr spannende und emotionale Geschichte erzählt und damit das Publikum begeistert. Der beschriebene Klang “leicht und locker” könnte zum Beispiel über eine ganze Polka hinweg als langweilig wirken, wenn der Gegensatz “kraftvoll und hart” ausbleibt und dann kein wirklicher Höhepunkt im Stück stattfinden kann.

Das Webinar findet am Sonntag, 19. März ab 10 Uhr statt. Die Anmeldung ist über den Link www.manuelepli.de/webinar möglich

Manuel Epli: Ich glaube, dass die Unterhaltungsmusik grundsätzlich unterschätzt wird. Ich bin da ganz bei Ihnen, dass da ein – wenn nicht sogar mehrere – Denkfehler vorliegen. Zu viele Kolleginnen und Kollegen bringen da etwas durcheinander. Sie denken oft, dass der Aufführungsort etwas mit der Probenarbeit zu tun hat. Klar, Unterhaltungsmusik wird etwa in einem Festzelt in einer lockeren Atmosphäre aufgeführt. In der Probe selbst sollte jetzt nur eben keine Festzeltatmosphäre herrschen. Damit es – wie von Ihnen beschrieben – locker und leicht klingen kann, muss im Vorfeld eine ernsthafte und auch disziplinierte Probenarbeit erfolgen. Sonst funktioniert das einfach nicht.

Was sind denn technisch-musikalisch gesehen die Schwierigkeiten?

Peter Laib: In den vergangenen Jahren war ich oft zu Gast bei Musikvereinen und habe einen Abend an ein bis zwei Stücken gearbeitet. Meine Erfahrung ist, dass Polka, Marsch und Walzer nicht nur unterschätzt werden, sondern dass auch Arbeitstechniken fehlen, um mit wenigen “Handgriffen” alles aus dieser wunderschönen Musik herausholen zu können. In der Blasorchester-Szene gibt es viele Musikerinnen und Musiker mit einer super Ausbildung, die sehr viel können. Das Können ist natürlich aber etwas, das ein Orchesterleiter einfordern muss und die Musikkapelle für diese Art von Musik auch begeistern können muss. Zum Beispiel, was den Groove angeht, wie man die verschiedenen Phrasen anlegt oder ganz grundlegende Regeln für das Zusammenspiel. 

Wie kann ein Dirigent jetzt etwa an der Phrasierung arbeiten?

Manuel Epli: Hier hört man oft Sätze, wie »wir müssen einfach mehr Musik machen« oder ähnliches. Das Problem ist, dass hinter dieser Aussage kein Handlungswissen steckt. Die Musiker können das einfach nicht umsetzen. Der künstlerische Aspekt in der Musik wird oft zu wenig »handwerklich« gedacht. Eine Phrase hat einen Anfang und ein Ende. Dazwischen wird Spannung auf- und abgebaut und an einer bestimmten Stelle gibt es einen Kulminationspunkt. Das kann ein Orchester lernen. Man kann das erklären, vorsingen oder auch vorspielen lassen. Und zwar in jeder Probe. Das Ziel ist, dass das Orchester in jeder Probe ein klein wenig musikalischer spielt.

Wenn man die Profis wie etwa die Egerländer Musikanten hört und dies dann auf das heimische Orchester übertragen möchte, ist das natürlich ein großer Schritt. Ist das trotzdem machbar?

Peter Laib: Ja, es ist sehr viel davon übertragbar. Natürlich muss man realistisch bleiben und darf von der Leistung her nicht erwarten, dass der heimische Musikverein genauso klingen soll wie ein Profi-Ensemble. Mach- und übertragbar sind aber die absolut grundlegenden Dinge wie Phrasierung, Artikulation, Groove, Atmung, Begeisterung, Energie, Dynamik und vieles mehr. Hier kann man hier schon extrem viel rausholen …

Manuel Epli: Meiner Erfahrung nach ist es so, dass man sehr weit kommen kann, wenn man weiß, an welchen Stellschrauben man drehen muss. Wenn ich weiß, wie ich als Dirigent an die oben genannten Themen rangehe, bringe ich ein Orchester sehr schnell “auf Erfolgskurs”. Natürlich gibt es Einschränkungen, da bin ich ganz bei Peter. Ein großer Punkt ist zum Beispiel die Erarbeitungsgeschwindigkeit. Ein Profi-Ensemble “lernt” sehr schnell. Man kann hier ein Programm in drei Proben einstudieren, für das man mit einem Amateur-Ensemble vielleicht 15 Proben braucht. Das ist aber ein Punkt, der auf der anderen Seite auch wieder an Bedeutung verliert, da im Amateurbereich einfach auch mehr Probenzeit vorhanden ist. Man muss sie als Dirigent nur richtig nutzen und darf beispielsweise nicht den Fehler machen, zu glauben, dass in der Unterhaltungsmappe 100 Werke drin sein müssen …

Im März veranstaltet ihr nun gemeinsam ein Webinar zum Thema “Polka, Walzer, Marsch”. Um was geht es genau?

Peter Laib: Die Qualität und Gestaltung dieser Musik haben für mich immer einen hohen Stellenwert. Ich habe mich in den vergangenen Jahren intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und möchte mit den Teilnehmenden zunächst einmal meine Prinzipien dazu teilen. Dann gibt es Tipps für die Artikulation, die klangliche Gestaltung und vieles mehr. Außerdem schauen wir uns an, was man vielleicht besser vermeiden sollte. Als Mentalcoach benutze ich das Wort “Fehler” eigentlich nicht so gern, allerdings kommen wir in diesem Webinar nicht drum herum uns mal anzuschauen, was man eher vermeiden sollte, um ein super Ergebnis zu erzielen. Damit meine ich zum Beispiel, was sind bei Polka, Walzer und Marsch die größten Fehler, was darf bei der Begleitung in keinem Fall passieren oder was sollte man am Ende eines Marsches unbedingt nicht tun?

Manuel Epli: Was mir wichtig ist, ist das Thema Übertragbarkeit. Welche Elemente lassen sich aus dem sinfonischen Bereich auf die Unterhaltungsmusik übertragen? Was lässt sich aus der Unterhaltungsmusik auf den sinfonischen Bereich übertragen? Wenn man das weiß, kann man bei der Probenarbeit unheimlich davon profitieren, weil das ganze extrem effizient wird. Dann geht’s natürlich auch um die Themen Groove, Stilistik, Programmgestaltung in der U-Musik und vieles mehr. Peter und ich haben zusammen eine Mindmap, die jeden Tag noch größer wird. Wir wollen im Webinar interessierten Kolleginnen und Kollegen so viel wie möglich weitergeben.

Welche Motivation hast du Peter, diese Themen weiterzugeben? 

Peter Laib: Ich liebe und lebe diese Musik, die mich schon von klein auf begeistert und berührt. Deshalb bin ich hochmotiviert, alle Blasorchester und -kapellen da draußen auch sehr dafür zu begeistern. Wenn man weiß, auf welche Details es hier beim Musizieren ankommt und wie man Polka, Walzer und Marsch richtig interpretiert, kann sich ein Orchester enorm verbessern und auf einem besseren Level spielen. Hierbei sind vor allem die Dirigentinnen und Dirigenten gefragt, deren Wissen, Probenarbeit etc. eine sehr große Rolle spielen. Genau hier setzen Manuel und ich gemeinsam an und geben unsere Praxiserfahrungen aus den beiden Welten Dirigieren und Blasmusik in einen Topf.

Gibt es ein “Egerländer-Geheimnis”? Lässt man sich da wirklich in die Karten schauen?

Peter Laib: Also ich wüsste nicht, dass wir Egerländer Musikanten irgendetwas bewusst verheimlichen. Ganz im Gegenteil. Ich glaube, das können alle Musikerinnen und Musiker, die schon an einem Egerländer-Workshop teilgenommen haben, bestätigen. Allerdings gibt es schon eine wichtige Zutat, die uns zu diesem Orchester macht, das wir sind: den Egerländer-Spirit. Damit meine ich die unfassbare Begeisterung für das Orchester und das Feuer für die Musik.

Haben Dirigenten denn grundsätzlich Geheimnisse?

Manuel Epli: Ja und Nein. Nehmen wir einmal an, ein Dirigent oder eine Dirigentin möchte Kirill Petrenko “entschlüsseln”. Dann kann er oder sie natürlich auf Konzerte von ihm gehen, sich einen Zugang zur Digital Concert Hall kaufen und alles in YouTube anschauen, was dort zu finden ist. Ab einem gewissen Entwicklungspunkt als Dirigent – und mit etwas Begabung für das Analysieren und Übertragen von Bewegungsabläufen – kann man so im Bereich der Schlagtechnik sicherlich einiges lernen. Die Frage ist eben, wie viel. Es gibt hier doch einen »Black-Box«-Bereich. Man sieht eben das finale Ergebnis – etwa im Konzert – aber nicht den Weg dorthin. Das heißt: die Pädagogik, wie man eine bestimmte Schlagtechnik-Schule erlernt, wird verborgen bleiben. Die zweite »Black-Box« ist dann natürlich die Probenmethodik und Orchesterschulung. Hier lassen sich die wenigsten erfolgreichen Kolleginnen und Kollegen wirklich “in die Karten” schauen.

Peter, welches ist ihre Lieblingspolka, ihr Lieblingsmarsch und ihr Lieblingswalzer? Und warum?

Peter Laib: Puh, diese Antwort fällt mir extrem schwer, weil es so wahnsinnig viele Titel gibt, die ich sehr sehr gerne höre und spiele. Daher ändern sich meine Lieblingsstücke immer wieder. Ich kann aber mal meine drei momentanen Highlights nennen. Bei den Polkas ist das “Hu-a-Hu” von Karel Vacek. Ich finde diese Polka und die Melodie einfach nur genial und höre immer wieder in die alten Aufnahmen von Ernst Mosch rein. Bei den Märschen ist es “Blas’ Musik in die Welt” von meinen lieben Kollegen Martin und Stephan Hutter. Zu dem Marsch habe ich eine sehr starke emotionale Bindung, weil er mir in einer Zeit voller Angst, das war im Frühling 2020, sehr viel Zuversicht geschenkt hat. “Reicht euch die Hand” ist ein Walzer, der mir sehr gut gefällt. So heißt auch das neu veröffentlichte Album von Ernst Hutter & Die Egerländer Musikanten. Ein Walzer, den Ernst Mosch bereits vor Jahrzehnten aufgeführt hat und dessen wundervoller Text in der heutigen Welt wieder hochaktuell ist.

Die Dozenten 

Seit 2009 ist Peter Laib Sousaphonist und Gründungsmitglied der Münchner HipHop-Brassband “MOOP MAMA“. Außerdem gehört er seit 2010 als festes Mitglied dem Blasorchester “Ernst Hutter & die Egerländer Musikanten – Das Original” an und musiziert seit 2013 mit “Die kleine Egerländer Besetzung – Das Original”.

Er studierte Tuba an der Hochschule für Musik und Theater München und der Staatlichen Hochschule für Darstellende Kunst in Stuttgart. Orchestererfahrungen als Aushilfe sammelte er unter anderem im Radiosinfonieorchester Stuttgart des SWR, dem Münchner Rundfunkorchester, an der Bayerischen Staatsoper, bei den Münchner Symphonikern, Nürnberger Symphonikern, der Württembergischen Philharmonie Reutlingen und am Staatstheater München am Gärtnerplatz. An der Universität Salzburg erreichte er den Abschluss »Master of Science in Mentalcoaching« und ist seither als Mentalcoach in der Musikbranche tätig.

Manuel Epli studierte Blasorchesterleitung am Vorarlberger Landeskonservatorium und an der Kunst- und Musikhochschule von Arnheim, Enschede und Zwolle und beendete dieses Studium mit dem Bachelor of Music. An der Musikuniversität Mozarteum Salzburg schloss Manuel Epli seine Dirigierstudien mit dem Master of Arts ab.

Beim Deutschen Orchesterwettbewerb 2016 erspielte sich die Bläserphilharmonie unter seiner Leitung in der höchsten Wettbewerbskategorie B1 mit 24,6 von 25 möglichen Punkten das Prädikat »mit hervorragendem Erfolg teilgenommen« und den 1. Platz in der Gesamtwertung. In der Geschichte des Wettbewerbs war er mit 33 Jahren der jüngste Dirigent, der den Wettbewerb bei der ersten Teilnahme gewinnen konnte.

Von 2019 bis 2022 war Manuel Epli als Hauptdozent beim Dirigierkurs des Musikbundes Ober- und Niederbayern tätig, der zur staatlichen Anerkennung als Dirigent führt. Seit 2022 ist Manuel Epli wieder Musikalischer Leiter der Bläserphilharmonie der Stadt Blaustein.