Wood | Von Klaus Härtel

Rebecca Trescher hat das letzte Wort

Eigentlich wollte die Klarinettistin und Komponistin Rebecca Trescher nach dem Abitur Psychologie studieren – dann wurde es doch die Musik. Bereut hat sie das nie, auch wenn die Organisation ihres elfköpfigen Ensembles ganz schön anstrengend sein kann. Im Interview sprach sie mit uns über Tourbus-Erlebnisse, das Komponieren und ärgerliche Kritik…

Wann war das letzte Mal, dass du so richtig Urlaub gemacht hast?

Im Sommer! Im September war ich zwei Wochen mit meinem Freund in Andalusien. Wir hatten dort ein Haus und haben richtig Urlaub gemacht: essen, schlafen, trinken. Die Instrumente habe ich zu Hause gelassen. Allerdings gab es im Haus ein Keyboard, auf dem ich ein bisschen zum Spaß rumgeklimpert habe.

Wann war das letzte Mal, dass du geweint hast?

Das war letzte Woche. Da war ich mit meinem "Ensemble 11" auf Tour und habe mit dem Tourbus einem anderen Bus den Spiegel abgefahren. Mit der Selbstbeteiligung ist das richtig teuer geworden. Da war’s mir zum Heulen!

Wann war das letzte Mal, dass du dich mit deinen Musikern gestritten hast?

Vor drei Wochen bei einer Produktion. Da haben manche viel zu kurzfristig das Bahnticket gebucht und keinen Sparpreis mehr bekommen. Dadurch waren die Fahrtkosten megahoch. Und da war ich echt sauer und habe gesagt, dass sie die Tickets dann von einem Teil der Gage zahlen müssen. Da haben wir dann schon diskutiert.

Wann war das letzte Mal, dass du etwas Verbotenes getan hast?

(Überlegt lange.) Ich bin einmal mit dem Tourbus falsch herum in eine Einbahnstraße gefahren. Ich habe einfach nicht mehr herausgefunden. (lacht)

Wann war das letzte Mal, dass du gedacht hast: "Hätte ich mal was Ordentliches gelernt!"?

Das kommt immer mal wieder vor. Zuletzt so vor einem halben Jahr, schätze ich. Ich denke mir dann: Elf Leute – warum tu ich mir das eigentlich an? Warum habe ich nichts "Normales" gemacht und eine "normale" Firma gegründet?

Denn neben der musikalischen Arbeit kommt total viel Organisatorisches hinzu. Manchmal bin ich mehr Sekretärin und werde dafür noch nicht einmal bezahlt. Früher, nach dem Abitur, wollte ich einmal Psychologie studieren… Doch dann es ist die Musik geworden. Und ich bereue es nicht.

Wann war das letzte Mal, dass du dich über Kritik geärgert hast?

Das dürfte letztes Jahr gewesen sein. Da habe ich ein Stück komponiert und jemand meinte, dass da lauter falsche Noten im Arpeggio seien. Aber das war eine bewusste Tonauswahl, bewusst atonal, und ich habe dabei mit "falschen Tönen" gespielt. Die Kritik hat mich ziemlich genervt!

Es kommt immer darauf an, wer die Kritik äußert. Konstruktive Kritik und der Austausch mit meinen Musikern ist total wertvoll. Ich lasse nur nicht so gern in meine musikalische Sprache, in meine Handschrift reinreden.

Wann war das letzte Mal, dass du lieber in einer anderen Zeit/Epoche gelebt hättest?

Eigentlich gestern, nachdem ich die Tourabrechnung gemacht habe. In den 70er oder 80er Jahren hat man da mehr verdient. Mein Professor Steffen Schorn war jetzt auch drei Tage mit auf Tour und da hat er schon ein paar Storys erzählt, wie oft man früher zu Herbolzheimers Zeiten auf Tour war. Heute muss man selber Bus fahren, sich selber ums Booking kümmern, selber das Hotel buchen. Früher gab es mehr Fördermöglichkeiten und Gelder – allerdings gab es damals auch nicht so viele Musiker.

Wann war das letzte Mal, dass du der Meinung warst: "Das Blatt ist schuld!"?

(Überlegt lange, sehr lange.) Anfang November hatte ich einen Gig, wo es ein paar mal gekiekst hat. Da dachte ich: Da ist das Blatt schuld – nicht ich. (lacht) Das Wetter! Die kalte Jahreszeit! Manchmal ist es einfach auch ein Stress- oder Zeitfaktor.

Man hat als Bandleader manchmal so viel zu tun, dass man keine Zeit hat, sich ein gutes Blatt für das Konzert auszusuchen. Da sitze ich dann, es kommt eine schwere Stelle und das Blatt passt nicht. Aber letzten Endes ist dann natürlich nicht das Blatt schuld, sondern ich, weil ich mir in den Tagen davor keine Zeit genommen habe.

Wann war das letzte Mal, dass du in Tübingen warst?

Anfang September. Da bin ich im Jazzclub "Armer Konrad" in Weinstadt aufgetreten. Und das habe ich mit einem Heimatbesuch verbunden. Aktuell fühle ich mich ein bisschen heimatlos. Ich habe meine Nürnberger Wohnung aufgegeben und in München nur ein Zimmer, die Möbel stehen in Tübingen. Ich fühle mich zwar wohl in München, sehne mich aber nach einer Wohnung.

Wann war das letzte Mal, dass du eine Schreibblockade hattest?

Im Sommer. Da musste ich eine Stilkopie eines Bigband-Stücks machen. Ich habe da so viel analysiert, dass ich auf nichts mehr Lust hatte und auch völlig uninspiriert war. Wenn mir etwas klar und streng vorgegeben wird, wo ich Idole habe, die schon auf einem dermaßen hohen Level spielen – dann blockiert es mich total.

Ich bin lieber jemand, der selber etwas entwickelt und daran rumbastelt, als zu schauen, was jemand anderes macht und ich es dann so ähnlich mache. Ich höre gerne etwas und nehme das dann unterbewusst als Inspiration. Stilkopien? Sind nicht meine Stärke.

Wann war das letzte Mal, dass du mehr von einem Schüler gelernt hast als der von dir?

Ich hatte einmal einen erwachsenen Schüler, der bei mir angefangen hat und nach drei Jahren auf einem echt hohen Niveau gespielt hat. Der nimmt das Instrument immer mit ins Büro und übt einfach jeden Tag eine halbe Stunde. "Da muss man Prioritäten setzen", sagt er. Das muss ich auch mal lernen, Prioritäten setzen…

Wann war das letzte Mal, dass du gedacht hast: "Musik kann die Welt verändern!"?

Immer. Das ist ständig in mir. Das ist sicherlich eine Portion Idealismus, der in vielen Musikern steckt. Bei dem, was derzeit aktuell politisch abgeht, ist das umso wichtiger.