Orchestra | Von Altfrid M. Sicking

Röhrenglockenspiele von Yamaha im Test

Röhrenglocken

Die Schlagzeugabteilung spielt in einem Blasorchester eine wichtige Rolle. Nicht nur das Drumset und die (Latin-)Percussion, sondern gerade auch die klassischen Instru­mente wie Pauken, kleine und große Trommel und natürlich die Stabspiele (neudeutsch Malletinstrumente) sind in einem sinfonischen Blasorchester unverzichtbar.

Vibrafon und Marimba gelten dabei immer noch etwas als Exoten, aber Xylofon und Glockenspiel machen einen unverzichtbaren Teil des Gesamtsounds aus. Wenn es dann richtig großorchestral klingen soll, werden von Komponierenden oder Arrangierenden gerne auch die Röhrenglocken bemüht. Deren groß­volumiger Sound öffnet noch einmal den Gesamtklang und macht ihn breit und festlich. Häufig werden dabei nur vereinzelt und gezielt einige Töne und Schläge eingesetzt, gelegentlich aber werden auch kurze Melodien auf ihnen gespielt. Für schnelle Läufe ist ihr bombastischer Klang natürlich weniger geeignet.

Im Rahmen der Aufnahmen zur neuen Götz-Alsmann-CD “L.I.E.B.E.” in den Hansa-Studios in Berlin hatte ich die Gelegenheit, die neuen Röhrenglockenspiele von Yamaha zu testen. Es gibt gleich zwei Modelle: das YCH6018 und das YCH7018. Der Buchstabe Y steht dabei für Yamaha, das folgende CH für Chimes, 18 Röhren hängen in jedem Gestänge und die beiden Zahlen davor stehen für … da muss ich wohl mal das Yamaha-Atelier Hamburg anschreiben.

Yamaha

Beide Röhrenglockenspiele haben einen Ton­umfang von eineinhalb Oktaven (c² bis f³), wobei sich der Tonumfang des YCH7018 mit zusätz­lichen Röhren noch erweitern lässt. Doch dazu später mehr. Der Unterschied zwischen den Modellen liegt vornehmlich im Durchmesser der einzelnen Röhren. Dieser beträgt beim YCH6018 1,25“ (31,8 mm), beim YCH7018 1,5“ (38,1 mm).

Röhren hängen in jeder Situation garantiert senkrecht

Beide Modelle stehen auf vier Rollen, von denen zwei gebremst werden können. Das YCH7018 bietet darüber hinaus die Möglichkeit, jedes der vier Räder einzeln in der Höhe zu verstellen, um das Instrument auch an unebene Böden anzupassen. So hängen die Röhren in jeder Situation garantiert senkrecht und können frei schwingen. Dieses System übernahm man von den neuen Yamaha-Pauken und wird aus diesem Grund auch mit einem (mitgelieferten) Paukenschlüssel eingestellt.

Glockenspiel
Mit dem Stift arretiert man das Pedal.

Beiden Modellen gemeinsam ist wiederum das höhenverstellbare und schwenkbare Fußpedal zum Dämpfen der Röhren. Ebenfalls besitzen beide Modelle in der Mitte des Instruments einen kleinen Stift, der im gedrückten Zustand dafür sorgt, dass alle Röhren ungedämpft sind und frei schwingen. Mit einem Tritt auf das Pedal springt der Stift wieder hoch und das ­Pedal sorgt nun wieder für die Dämpfung. Ich halte dieses Feature für recht wichtig, da man bei sehr langsamen Melodien oder punktuellen Einsätzen die einzelnen Röhren gerne mit der Hand dämpft. Da ist es deutlich bequemer, wenn man mit einem Fuß nicht durchgehend auf dem Pedal stehen muss.

Neu entwickeltes System

Die einzelnen Röhren werden bei beiden Modellen mittels eines neu entwickelten Systems in den Rahmen gehängt, welches dafür sorgt, dass die Anschlagspunkte in den beiden Reihen absolut auf gleicher Höhe liegen. Das Ein- und Aushängen der Röhren wird mit diesem System zum Kinderspiel.

Beide Röhrenglockenspiele klingen so, wie eben Röhren­glocken­­spiele klingen sollen: groß, offen, sehr sauber gestimmt mit einem tiefen und satten Grundton. Dieser wird unter anderem durch den breiten Wulst (Head Cap) an den Anschlagsflächen der Röhren verstärkt. Das Pedal dämpft zudem alle Röhren gleichzeitig und gleichmäßig ab. Bereits das YCH6018 mit den schmaleren Röhren produziert einen satten Sound, für mich in den meisten Situationen perfekt passend, zumal der Klang nicht so “fett” ist, dass Melodien zu sehr verschwimmen, andererseits aber groß genug, um die “Sonne aufgehen zu lassen”. Demgegenüber hat das YCH7018 nochmal einen größeren Ton, der wie eine Eins im Raum steht, dabei einen klaren Attack und einen sehr sauber schwingenden Ausklang. Ob seiner Klangfülle mag es bei bewegteren Melodien allerdings schon etwas kritisch für die Ohren der Spielerin bzw. des Spielers und die Verständlichkeit werden.

Wenn bei bestimmten Produktionen nur einige wenige Röhrenglockentöne gebraucht werden, besteht die Möglichkeit, bis zu sechs Röhren in das optional erhältliche Gestell YCHS7006 einzuhängen. Das erspart einem den Transport des kompletten Röhrenglockenspiels. Dieses Gestell verfügt zwar nicht über ein Fußpedal zur Dämpfung, aber alle Glocken lassen sich gut mit der Hand dämpfen.

Zusätzliche Röhren

Ebenfalls von Nutzen ist das YCHS7006, wenn man den Tonumfang des YCH7018 erweitern will. In dieser Serie gibt es nämlich zusätzlich drei tiefe und zwei höhere Röhren, also das tiefe A, B und H und das hohe Fis und G. Mit diesen optional erwerbbaren Röhren lässt sich der Tonumfang des YCH7018 erweitern oder ­ändern. Aus diesem Grund hat der Rahmen des YCH7018 auch an den Stellen der chromatischen Reihe Aufhängungen und Führungen für die Röhren, an denen in der Grundausführung gar keine hängen.

Möchte man zum Beispiel beim Tonumfang vom tiefsten A aus beginnen, nimmt man die höchsten drei Röhren heraus und verschiebt alle anderen entsprechend nach rechts, bis man die drei tiefen Extraröhren unten einhängen kann. Analog, nur eben andersherum, verfährt man, wenn man die beiden optionalen hohen Röhren inte­grieren möchte. Oder man startet unten mit dem tiefen A und hängt die bis zu fünf zusätzlichen Röhren in das Zusatzgestell YCHS7006.

Dieses ganze Umpositionieren der Röhren geht durch das neue Aufhängesystem von Yamaha komplikationslos und schnell vonstatten. Ein kleines Manko dieses Systems allerdings zeigt sich dann doch: Die Röhren passen ausschließlich auf die Yamaha-Ständer. Ein einfaches Aufhängen an zwei Haken ist nicht möglich. Es wäre schön, wenn Yamaha sich dazu noch etwas einfallen lassen könnte. Ich würde mich in diesem Fall – und auch bei allen anderen Fragen – vertrauensvoll an das Yamaha-Atelier Hamburg wenden, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei jedem Anliegen oder Problem gerne behilflich sind (E-Mail: atelier.hamburg@yamaha-europe.com). 

Insgesamt kann ich den neuen Yamaha-Röhrenglockenspielen einen Top-Sound und eine absolut professionelle Verarbeitung bescheinigen.

Yamaha
Der Autor beim Alsmann Programm “in Rom”