Wood | Von Klaus Härtel

Rolf Kühn hat das letzte Wort

Die CLARINO-Serie »Sie haben das letzte Wort« ist zwar in Interview-Form gehalten, sie soll aber einmal andere Fragen beinhalten, als man sie aus »normalen« Interviews kennt. Durch ungewöhnliche und nicht alltägliche Fragen will die Redaktion Neues vom Künstler erfahren. Die Fragen beginnen immer gleich. Wir sind gespannt auf nicht immer gleiche Antworten…

Wann war das letzte Mal, dass Sie sich gewünscht haben, einen »ordentlichen Beruf« gewählt zu haben?

Glücklicherweise noch nie! Von Anfang an war das Interesse an Musik riesenhaft groß. Das stand schon im sehr jugendlichen Alter fest. Vorher wollte ich zwar gerne Artist werden wie mein Vater, doch mit dem ersten Klarinettenunterricht stand die Entscheidung eisenhart.

Wann war das letzte Mal, dass Sie geweint haben?

Im Juni bei der Beerdigung einer guten Freundin.

Wann war das letzte Mal, dass Sie in Ihrer Geburtsstadt Köln waren?

In Köln habe ich den vergangenen Jahren leider nicht mehr viel zu tun gehabt. Ich hatte zwar eine Produktion mit der WDR Big Band als Solist und auch ein Konzert im Stadtgarten, aber zu Zeiten der alten MPS-Firma war ich regelmäßig in Köln. Wir haben dort alle meine Alben produziert.

Wann war das letzte Mal, dass Sie »so richtig« Urlaub gemacht haben?

Im letzten Jahr auf Ibiza. Auf der Insel habe ich in den 1970er Jahren ein Haus erworben. Die Insel ist wirklich ein zweites Zuhause geworden. Hier kann man wirklich alles machen. Man kann sich ins Partygetümmel stürzen – was ich eigentlich nie mache –, man kann sich wunderbar erholen, man kann schwimmen gehen, man kann mit dem Schiff rausfahren. Als Musiker kann ich natürlich nie komplett abschalten. Die Klarinette ist grundsätzlich immer dabei und ich übe auch trotz Urlaub täglich. Ich würde keinen guten Urlaub machen, wenn die Klarinette nicht dabei wäre.

Wann war das letzte Mal, dass Sie etwas Verbotenes getan haben?

Als ich morgens bei der Polizei nachfragen musste, wohin sie mein Auto abgeschleppt haben. Das ist hier in Berlin gerade ganz schlimm. Es sind überall Baustellen, es gibt Verbotsschilder noch und nöcher. Und es fehlt an Parkplätzen, an denen man den Wagen ungeschoren stehen lassen kann.

Wann war das letzte Mal, dass Sie stolz auf sich waren?

Beim Blick auf die Waage. Wenn man bedenkt, dass ich in meinen schlechtesten Zeiten bei 104 Kilogramm war und jetzt bei 91, ist das vielleicht ein kleiner Grund, ein bisschen stolz zu sein. Abnehmen geht ja auf die vielfältigsten Arten. Das Kunststück aber ist ja, das Gewicht zu halten. Ich bin stolz, dass ich da so konsequent bin.

Wann war das letzte Mal, dass Sie wünschten, in einer anderen Zeit/Epoche geboren worden zu sein?

1933 bis 1945. Wir hatten durch die Verhältnisse, die wir innerhalb der Familie hatten – meine Mutter war Jüdin –, eine sehr gefährliche und ängstliche Zeit durchzustehen. Ich habe das natürlich alles sehr gut mitbekommen. Ich war zwar noch ein Kind, aber die Sorgen von Mutter und Vater übertrugen sich natürlich auf mich. Da hat man sich schon manchmal gewünscht, in einer anderen Zeit, einem anderen Land zu leben, wo man keine Angst haben muss. Denn die Angst spielte die Hauptrolle damals. Und die würde ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen.

Wann war das letzte Mal, dass Sie einen Musik-Kollegen beneidet haben?

Ich bin Gott sei Dank frei von Neid und freue mich über jeden, der Erfolg hat, obwohl er gut ist.

Wann war das letzte Mal, dass Sie mit sich selbst unzufrieden waren?

Es gibt immer mal Situationen, in denen mir Zeit vom Üben abgeht. Dann bin ich schlicht und einfach unzufrieden. Ich übe noch immer jeden Tag. Ich wohne in der Nähe des alten RIAS-Gebäudes. Dort war ich in den 50er Jahren im RIAS Tanzorchester beschäftigt. In dem Gebäude hat man mir einen Raum zur Verfügung gestellt. Ich kann dort zu jeder Tages- und Nachtzeit üben. Es ist wie vor 65 Jahren: Die gleichen Stufen, die gleiche Etage.

Wann war das letzte Mal, dass Sie einen Rat von Hans Berninger beherzigt haben?

Der gute Hans Berninger war ein strenger, missmutiger Mann. Seine Idee des Klarinettenspiels war aber einmalig. Seine mahnenden Worte damals in den Anfangsjahren waren: »So wird das nie was!« Ich war stinkend faul. Ich habe immer eine Stunde, bevor der Unterricht losging, geübt. Das hat er natürlich sofort gemerkt.

Ähnlich prägend war Benny Goodman. Ich hatte ja das Glück, zwei Jahre in seiner Band zu sein – 1958 bis 1960. Bevor er seine Soli spielte, fokussierte er sich und murmelte immer »Easy does it!«. Das war seine Aufforderung, ohne Anstrengung zu spielen, nicht zu forcieren.

Wann war das letzte Mal, dass Sie gedacht haben: »Typisch deutsch!«?

Erst neulich beim Besuch einer Kleingartenkolonie in Berlin. Ich sage nur: Gartenzwerge! Das ist gar nicht mal negativ gemeint. Das hat was Heimeliges, Gemütliches. Ist aber typisch deutsch.