Szene, Wood | Von Hans-jürgen Schaal

Rolf Kühn – Klarinette ohne Grenzen

John Hammond, der Musikproduzent und Kritiker, hielt ihn schon 1957 für »den größten Jazzklarinettisten seit Benny Goodman«. Rolf Kühn gehört zu Deutschlands internatio­nal profiliertesten Bläsern. Er ist aber auch ein Symbol der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. 

Der 1929 geborene Sohn einer jüdischen Mutter erlebte noch die Wirklichkeit der Nazi-Zeit ungeschminkt. Der Vater, ein Zirkusakrobat, wurde 1942 ins Arbeitslager eingewiesen, weil er nicht bereit war, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Die Mutter erhielt Ende 1944 den Deportations-Bescheid nach Theresienstadt, bekam dann aber noch einmal sechs Monate Aufschub – da war der Krieg zum Glück vorbei. Seine ersten professionellen Schritte machte Rolf Kühn in der DDR. 1950 ging er über die damals noch offene Grenze nach Westberlin und 1956 weiter ins Stammland des Jazz nach New York. Bei seiner Rückkehr 1961 erfüllte er eine Konzertverpflichtung in seiner Heimatstadt Leipzig; weil aber kurz zuvor die Mauer gebaut worden war, erteilten ihm die Westberliner Sender daraufhin ein Auftrittsverbot: Auch das war die Wirklichkeit des Kalten Krieges. Rolf Kühn zog damals nach Hamburg – und half 1966 mit, seinen jüngeren Bruder, den Jazzpianisten Joachim Kühn, aus Leipzig über Wien in den Westen zu holen. Eine vorweggenommene deutsche Wiedervereinigung.

Artikel in voller Länge als PDF downloaden