Szene, Wood | Von Hans-jürgen Schaal

Saxofon-Pioniere des 19. Jahrhunderts: Reisende Virtuosen

Im 18. und 19. Jahrhundert sorgten reisende Virtuosen bei ihren Gastspielen oft für großes Aufsehen. Berühmt wurden Paganini, Chopin oder Liszt, ebenso »Wunderkinder« wie der junge Mozart und der Gitarrist Giulio Regondi. Auch das Saxofon verdankt mobilen Virtuosen seine erste Verbreitung über Frankreich hinaus.

Adolphe Sax und seine Versuche, das Saxofon zu verbreiten

Der Musiker und Instrumentenhersteller Adolphe Sax (1814 bis 1894) war nicht nur der Erfinder des Saxofons, sondern bemühte sich, dem neuen Instrument eine erfolgreiche Laufbahn zu sichern.

Er fertigte Transkriptionen fürs Saxofon an, machte Werbung bei den Militärorchestern, präsentierte das Instrument auf Ausstellungen und Messen, nahm an Wettbewerben teil, errichtete einen eigenen Konzertsaal, gründete eine Konzertvereinigung und regte die Einrichtung von Saxofonklassen an.

Das Saxofon in der Oper

Notfalls stand er selbst bereit, als Solist mit dem Saxofon auszuhelfen, etwa an der Pariser Oper. Eine Reihe von Opernkomponisten ließ sich tatsächlich überzeugen, das »romantische« Saxofon in ihre Bühnenpartituren einzubauen.

Unter den ersten waren J. F. Halévy (1852), Ambroise Thomas (1868), Georges Bizet (1872), Léo Delibes (1876), Camille Saint-Saëns (1883), César Franck (1885) und Eugène d’Indy (1898). Besonders Jules Massenet (1842 bis 1912) war ein Freund des Saxofons. Er verwendete das Instrument zwischen 1877 und 1893 in drei Opern (»Le Roi de Lahore«, »Hérodiade«, »Werther«) und einem Oratorium (»La Vierge«).

Das Saxofon in der Militärmusik

Einen festen Platz im Sinfonie- oder Opernorchester konnte das Saxofon dennoch nicht erobern – bis heute nicht. Desto wichtiger war es, das neue Instrument in der Militärmusik zu etablieren.

Hierbei war der Erfinder Sax allerdings vom Wohlwollen des politischen Regimes abhängig, das in Frankreich während seiner Lebenszeit mehrfach wechselte: Restauration der Monarchie, dann Zweite Republik, dann das Zweite Kaiserreich, dann die Dritte Republik.

Immerhin gelang es ihm, 1857 am Pariser Konservatorium eine Saxofonklasse für Militärmusiker einrichten zu lassen. Damit entstand auch Bedarf an Übungs- und Prüfungsstücken fürs Saxofon.

Sax gab Kompositionsaufträge an befreundete Musikerkollegen, vor allem an virtuose Solisten, die am besten wussten, worauf es bei einem eleganten Vortragsstück ankommt. Darunter waren Jean-Baptiste Singelée (Violinist), Jean-Baptiste Victor Mohr (Hornist), Jean-Baptiste Arban (Trompeter), Hyacinthe Klosé (Klarinettist) oder Jules Demersseman (Flötist). Ihre Werke fürs Saxofon veröffentlichte Sax im eigenen Musikverlag.

Das Saxofon als Soloinstrument

Der »romantische« Ton und die besondere Eignung für virtuoses Spiel machten das Saxofon zu einem beliebten Solisteninstrument. Sanfte oder technisch frappierende Charakterstücke und kurzweilige Opernfantasien – eigentlich Arien-Potpourris – wurden zur typischen Saxofonliteratur des 19. Jahrhunderts.

Hyacinthe Klosé (1808 bis 1880) und Louis-Adolphe Mayeur (1837 bis 1894) gehörten zu den ersten namhaften Saxofonsolisten. Klosé wirkte 30 Jahre lang in Paris als Professor für Klarinette, unterrichtete aber bereits 1846 auch das Saxofon.

Mayeur, der bei Sax und Klosé studiert hat, galt als der am besten ausgebildete Saxofonsolist seiner Zeit. Er veröffentlichte 1867 eine eigene Saxofonmethode und trat als Solist an der Pariser und Brüsseler Oper auf.

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