Wood | Von Klaus Härtel

Saxofourte hat das letzte Wort

Saxofourte sind ein vierköpfiges Saxofon.-Ensemble, bei dem die Grenzen zwischen Band und Familie verschwimmen. Erklärtes Ziel des Quartetts ist es, Konventionen zu brechen und Grenzen zu sprengen. Im Interview sprachen wir mit den Musikern über Beatles-Puristen und die Frage, ob sie Tango lieber tanzen oder spielen…

Wann war das letzte Mal, dass Sie sich gewünscht hätten, lieber die Trompete gewählt zu haben?

Daniela: Trompete? Das wäre nicht mein Blechblasinstrument. Wenn, dann schon Waldhorn. Aber Saxofon ist trotzdem besser… für mich!

Simon: Daniela darf bei dieser Frage eigentlich gar nicht mitreden, denn ihr Mann ist Trompeter – sie hat sich ja quasi eine Trompete ins Haus geholt! Aber die eigentlich naheliegendste Antwort lautet: jedes Mal, wenn man ein schlechtes Blatt hat.

Veronika: Bei der letzten Theatervorstellung, als ich im Dunkeln vergeblich versucht habe, mein Blatt optimal auf dem Mundstück zu positionieren. Was den neben mir sitzenden Posaunisten sichtlich amüsiert hat.

Wann war das letzte Mal, dass Sie »so richtig« Urlaub gemacht haben?

Daniela: Vor einer Woche. Ich war mit meinem Mann und Freunden beim Skifahren, jeden Tag an der Sonne und frischen Luft und in Bewegung. Das tut Körper und Geist gleichermaßen gut.

Simon: Veronika und ich versuchen regelmäßig, mit den Kindern Urlaub zu machen. Es ist uns sehr wichtig, als freischaffende Musiker auch Freiräume zu schaffen. 

Thomas: Immer wenn ich mal zwei Stunden mit dem Saxofon üben kann, auf was ich Lust habe. Das bläst den Staub aus dem Gehirn und ist für mich wie Urlaub.

Wann war das letzte Mal, dass Sie Tango getanzt haben?

Veronika: Januar 2013, auf unserer Hochzeit! Wir, Simon und ich, hatten etwa ein Jahr vor der Hochzeit mit einem Tango-Kurs angefangen und seit der Geburt des ersten Sohnes leider keine Zeit mehr dafür gefunden.

Thomas: Ich sehe unsere Stärken eher beim »Tango spielen«. Tangos von Astor Piazzolla oder Luis Borda begleiten Saxofourte schon seit vielen Jahren und sind fester Bestandteil des Repertoires. Das Tanzen überlassen wir dann doch lieber den Zuhörern.

Daniela: Mir geht es ähnlich wie Thomas. Ich liebe die Energie und das Temperament, die im Tango zu spüren sind und transportiere diese lieber mit meinem Baritonsaxofon. Mein Mann und ich tanzen auch sehr gerne, aber den Tango spüre ich beim Musizieren mehr.

Wann war das letzte Mal, dass Sie sich wünschten, in einer anderen Zeit geboren worden zu sein?

Simon: Bei der letzten Star-Trek-Folge. Ich hätte gerne die Vulkanier kennengelernt. Aber im Ernst: Klar gibt es große Momente, die man gern miterlebt hätte, aber ich habe vor allem sehr bewusst den Moment in Erinnerung, als ich mich gefreut habe, dass ich im Jetzt lebe, nämlich als es Komplikationen nach der Geburt unseres zweiten Sohnes gab und ich für die Existenz der modernen Medizin sehr dankbar war.

Wann war das letzte Mal, dass Sie merkten: »Eine Band ist wie eine Familie?«

Daniela: Zum Glück bei jedem Zusammentreffen von Saxofourte!

Simon: Da die Grenzen bei uns sowieso verschwimmen – Veronika und ich sowie Thomas und unsere Sängerin Kathrin sind verheiratet – ständig. Besonders bewusst bei einer deftigen Ansage von Daniela an mich vor einem Konzert in Schweinfurt vor einem Jahr. 

Sie war ziemlich sauer – berechtigterweise. Mittlerweile können wir beide darüber lachen. Aber diese Offenheit und Direktheit, verbunden mit der Fähigkeit, sich wieder zu vertragen und nichts nachzutragen, existiert sonst nur in der Familie.

Wann war das letzte Mal, dass Sie Karaoke gesungen haben?

Simon: 2013 in Seoul/Korea. Es war das erste Mal und wird bestimmt auch das letzte Mal gewesen sein.

Wann war das letzte Mal, dass Sie in einem Blasorchester mitgespielt haben?

Daniela: Da ich zwei Jugendorchester leite, stehe ich jede Woche selbst auf der anderen Seite. Das letzte Mal in einem hochkarätigen Orchester spielte ich 2018 auf dem Internationalen Blasmusikkongress IBK in Neu-Ulm in der Bläserphilharmonie Baden-Württemberg. Die richtig aktive Zeit war als Schülerin und Studentin im Nord- bayerischen Jugendblasorchester.

Simon: Vor ein paar Jahren als Aushilfe beim Polizeimusikkorps – aber in meiner Jugend habe ich viel Zeit im Landesjugend-Blasorchester verbracht. 

Veronika: Da mein erstes Instrument die Geige war, habe ich meine Jugend in Sinfonie-, Streichorchestern und Chören verbracht. Meine erste Begegnung mit einem Blasorchester war mit Saxofourte als Solist zusammen mit dem Polizeimusikkorps beim Weltsaxofonkongress in Straßburg.

Wann war das letzte Mal, dass Sie mit einem Beatles-Puristen gestritten haben, der meinte: »Beatles mit dem Saxofon? Geht gar nicht!«?

Daniela: Diese Spezies lassen wir einfach unsere neue Platte hören.

Simon: Gott sei Dank noch gar nicht, aber ehrlich gesagt sprechen wir mit unserer Musik auch eher selten Puristen irgendeines Genres an. Die Beatles, in diesem Fall, gibt es ja schon und die kann man eh nicht verbessern. Wir spielen deren Musik, wie viele andere auch, einfach weil wir sie mögen. Das unterscheidet uns Musiker deutlich von Politikern, dass wir Dinge aus Überzeugung tun dürfen und unsere eigene Meinung nicht dem Wunsch der Zuhörer/Wähler unterordnen müssen.

Thomas: Die meisten Beatles-Puristen, die ich kenne, sind da sehr offen. Die Beatles haben bei den Aufnahmen ihrer Platten sehr viel experimentiert und das haben wir auch gemacht.

Wann war das letzte Mal, dass Sie in einem Blockbuster mitspielen wollten – und welcher war das?

Simon: Da ich großer Tolkien-Fan bin, hätte ich natürlich gerne bei »Herr der Ringe« mitgespielt, auch wenn ich mir für die Bücher eine gänzlich andere Verfilmung gewünscht hätte. Weniger Hollywood hätte diesen Filmen gutgetan.

Veronika: …mit 12 in »Pretty Woman«. 

Thomas: Es gibt bei mir regelmäßig Situationen in der Familie, mit Mitmenschen oder auch Politikern, in denen ich glaube, in einen Monty-Python-Film geraten zu sein. Da stellt sich dann bei mir die Frage: »Wie komme ich aus dem Film wieder raus?«

Wann war das letzte Mal, dass Sie etwas Verbotenes getan haben?

Simon: Für diese Frage ist eindeutig meine Frau zuständig – auch wenn sich die Delikte meistens ums Autofahren drehen. Das bleibt mir erspart, da ich keinen Führerschein habe.

Veronika: Darüber will ich nicht reden… (lacht)

Thomas: Als die CD »Rubini is coming« fertig gestellt wurde, habe ich sie sehr konzentriert probegehört. Und bin dabei leider geblitzt worden.

Daniela: Ich mag Regeln, wenn sie sinnvoll sind, eigentlich sehr gerne, denn sie dienen einem guten Zusammenleben. Manchmal – wenn ich den Sinn nicht erkennen kann – interpretiere ich etwas…

Wann war das letzte Mal, dass Sie »passiv« ein Konzert angehört haben?

Simon: Vor etwa zwei Wochen in der Alten Oper mit meinen Kindern bei »Rhapsody in School«. Das war schön.

Daniela: Ich gehe gleich auf eines – aber ansonsten leider viel zu selten.

Veronika: Das war ein Gedenkkonzert für die Klavierprofessorin Irina Edelstein an der Frankfurter Hochschule. Das ist leider auch schon ein halbes Jahr her.

Thomas: Das letzte Konzert, was mich richtig inspiriert hat, war Branford Marsalis mit Kurt Elling im Prinzregententheater in München. Das ist aber auch schon wieder ein Jahr her.

Wann war das letzte Mal, dass Ihnen die Unterschiede von Unterfranken, Niederrheinern, Pragern und Allgäu-Schwaben deutlich wurden? Und wie sieht es da mit Briten (Nigel Hitchcock) aus?

Simon: Es klingt furchtbar kitschig, aber Musik verbindet ja tatsächlich! Sogar weit entfernte Kulturen aller möglichen Länder – wie jenseits des Weißwurst-Äquators! Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass Musiker, ganz gleich welcher Nation, ziemlich ähnlich ticken – nur wenn man dann versucht, in Unterfranken, Schwaben oder Prag sein Brötchen zu bestellen (Semmeln, Wecken, Rohlik), da merkt man dann plötzlich doch große Unterschiede. Ansonsten überwiegen die Gemeinsamkeiten. 

Und auf den Briten wird gerade so viel rumgehackt, dass mir dazu keine guten Witze mehr einfallen. Die Idee eines Brexits, die Abschottung, widerspricht so sehr dem Grundgedanken der Musik, des Zusammenführens, dass ich nicht glauben kann, dass auch nur ein Musiker ihn befürwortet.