Die ersten 60 Jahre des Saxofons verliefen eher unspektakulär. Aber gleich zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam der große Knall: Das Saxofon wurde in den USA zum Kult-Instrument. Verantwortlich dafür waren nicht etwa Blaskapellen, KammerEnsembles oder Tanzorchester, sondern die Musik-Clowns im Varieté.
Auf amerikanischem Boden erklang das neue Instrument erstmals am 19. Dezember 1853. Die Band des Franzosen Louis Jullien gastierte damals in New York, der Saxofonsolist war der Belgier Henri Wuille (1822 bis 1871). Vielleicht hätten die Amerikaner schon damals gerne mehr Saxofone gehört, aber der Import des Instruments aus Frankreich war teuer. Und eine Herstellung von Saxofonen in den USA war erstens durch Adolphe Sax’ Patent untersagt und wäre zweitens technisch sehr schwierig und aufwendig gewesen.
Daher gingen ein paar Jahrzehnte ins Land, ehe Saxofone in amerikanischen Blas- und Marschkapellen auftauchten, zuvorderst bei den populären Bands von Patrick Gilmore (1829 bis 1892) und John Philip Sousa (1854 bis 1932). Noch in den 1880er Jahren war in den USA ein Saxofon ein ungewohnter und sensationeller Anblick. Diese Tatsache wusste man zu nutzen: Zirkusse, Varietés, Jahrmarktbetriebe schickten gerne einen Saxofonspieler auf die Straße, um auf ihre Vorstellungen aufmerksam zu machen. »Die Menge versammelte sich gewöhnlich mit offenem Mund«, so berichtete ein Zeitzeuge. Es gab ja auch wirklich etwas zu bestaunen: ein sehr kurioses Metallding, das außerdem komische Töne von sich gab!