Brass, Orchestra, Schwerpunktthema, Wood | Von Klaus Härtel

Schwerpunktthema: Amerikanische Instrumente? (Theinerts Thema)

Mit Markus Theinert über die Unterschiede amerikanischer und europäischer Instrumente und deren Klang zu sprechen, bietet sich an. Denn seit fast einem Jahr lebt und Arbeitet er in den Staaten. Wagen wir also einen Blick über den großen Teich.

Herr Theinert, wie amerikanisch ist eine amerikanische Trompete?

Das ist eine exzellente Frage. Die Trompete hat ihre Wurzeln natürlich nicht in Amerika. Deshalb ist der Begriff tatsächlich irreführend. Aber die Tatsache, dass dieser Kontinent das Périnet-Ventil in einem solchen Maß dem Drehventil gegenüber bevorzugte, hat dazu geführt, dass dieses Instrument heute als amerikanische oder Jazz-Trompete bezeichnet wird.

Das Drehventil-Pendant hierzu ist hauptsächlich in Deutschland und Österreich ansässig, wenngleich es in den großen Orchestern der Welt immer noch das Instrument der Wahl ist, wenn es um Bruckner, Mahler, Mozart oder auch Beethoven geht. Vor diesem Hintergrund kann man von einem »amerikanischen Instrument« sicher nicht mehr sprechen.

Allerdings ist das Design der meisten modernen B-Trompeten mit Périnet-Ventilen am Vorbild des großen Vincent Bach angelehnt – auch wenn dieser legendäre amerikanische Instrumentenbauer ironischerweise als Vincenz Schrotenbach in Österreich geboren wurde und in der Nähe von Wien aufwuchs. Von Brooklyn aus – später dann Mount Vernon, New York und Elkhart, Indiana – hat die Bach-Trompete dann ihre internationale Vormachtstellung ausgebaut.

In amerikanischen Orchestern wird schon überwiegend die amerikanische Trompete gespielt – oder greift man aus klanglichen Gründen auch auf die deutsche zurück? 

Es gibt hier sicherlich keine Standardregel, aber in den großen Orchestern der USA nimmt man die Drehventil-Trompete tatsächlich mitunter für deutsches Repertoire her. Aber ist eben immer noch die Ausnahme in der hiesigen Praxis. Die Drehventil-Trompete fungiert hier lediglich als Nebeninstrument. Die Périnet-Trompete hat den bei weitem größten Anteil im amerikanischen Musikleben.

Worin unterscheiden sich denn die Trompeten genau? Und wie sind da die Klangeigenschaften?

Es ist sicherlich ein Fehler, die Unterschiede aus rein kosmetischer Sicht herzuleiten. Natürlich sind die Ventile selbst am leichtesten als Unterschied erkennbar. Jeder merkt sofort, dass die Mechanik eine andere ist. Und natürlich hat diese auch Einfluss auf den Luftstrom und Blaswiderstand. Dies macht sich sowohl beim Legato-Spiel als auch wegen des Ventildurchgangs selbst in Hinsicht auf Klang und Spielweise bemerkbar.

Aber das ist nicht einmal der Hauptunterschied zwischen den beiden Trompetentypen. Aufgrund der Bauweise und der Ventilanordnung ist die Mundrohrführung – der Weg vom Mundstück bis zur Ventilgruppe – eine ganz andere. Bei der deutschen Trompete führt das Mundrohr geradewegs zur Maschine, der Weg bis zum ersten Ventil ist daher extrem kurz.

Das Mundrohr der amerikanischen Trompete ist hingegen im Vergleich dazu recht lang, es geht erst einmal an der Ventilgruppe vorbei und dann über den Stimmzug zurück in das dritte Ventil. Das heißt, die Ventilgruppe wird nicht nur »rückwärts« durchlaufen, sondern ist im Rohrverlauf des Instruments viel später platziert. Dadurch entstehen ganz andere Schwingungsverhältnisse, ganz andere Obertonreihen.

Ein weiterer Unterschied liegt auch in der Materialbearbeitung. Die Tradition des deutschen Trompetenbaus, die vor allem durch Heckel in Dresden beeinflusst und später durch Firmen wie Monke in Köln weitergeführt wurde, pflegte eine völlig andere Metallbearbeitung. Das Material wurde sehr ausgiebig von Hand gehämmert und dadurch stark verdichtet. Alte Heckel-Trompeten etwa haben eine sehr dünne Wandstärke, die aber durchaus noch erstaunlich stabil ist. Da unterscheiden sich die Manufakturbetriebe deutlich von der Massenfertigung aus Asien.

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