Es gehört zum Grundzug des klassischen Scorings, dass in Art der Leitmotivik den wichtigsten Personen oder Stimmungen eines Films definierte Klangfarben zugeordnet werden – elektronische Sounds, instrumentale Mischfarben oder einzelne Instrumente.
Das geschieht meist unmerklich, aber oft mit instrumentatorischer Virtuosität wie etwa in John Williams’ Introduktion zum ersten Harry-Potter-Film »The Philosophers Stone«: Nach nächtlich-leisen Celestaklängen (die das Ohr höchst sensibel disponieren) erzeugen gedämpfte Streicher eine geheimnisvolle Märchenatmosphäre, dann wird zur magischen Verwandlungsszene (aus einer Katze wird eine Professorin) der Chorklang eingeführt, darauf erscheint das Hauptthema zunächst in einer rätselhaften (weil schwer zu ortenden Mischung) aus Englischhorn, Altquerflöte und Solocello, dann in der klareren Version mit vier Hörnern, bei der liebevollzärtlichen Übergabe des Babys dominiert eine Oboenversion, gefolgt vom süßen Abschiedsschmerz, den der Flötensatz ausdrücken darf.
Besonders eindrucksvoll und erinnerbar sind jene Filmmusiken, bei denen einer bestimmten Instrumentalfarbe plastische Dominanz zukommt. Allerdings findet man hier Blasinstrumente recht selten: mit größter Häufigkeit führt hier das Soloklavier, dann folgen Gitarren in ihren verschiedensten Ausprägungen, dann Solocello, Solovioline, Akkordeon. Erinnert sei hier an das Klavier in »Das Piano«, in »Die Firma«, in »Cinema Paradiso«, an das Solocello in »Himmel über Berlin«, in »Herbstmilch«, in »Tiger & Dragon« (von Yo Yo Ma wunderbar gespielt), an die Solovioline in »Schindlers Liste« (von Itzak Perlman gespielt), an das Akkordeon in »Il Postino«.
Das PDF enthält alle sechs Artikel des Schwerpunktthemas "Filmmusik & Musikfilm":
- (Blas-)Musik beim Film (von Christian Mayr)
- Blasinstrumente in der Filmmusik (von Enjott Schneider)
- Bugs Bunny in Aktion – Raymond Scotts heimliche Filmkarriere (von Hans-Jürgen Schaal)
- Filmmusik im Bläserkleid – Wer fängt den Kern? (von Jörg Murschinski)
- "Das ist Unsinn!" – Enjott Schneider über Film- und E-Komponisten (von Klaus Härtel)
- Zwei glorreiche Kalifornier – Filmklänge für Clint Eastwood (von Hans-Jürgen Schaal)