Eigentlich schrieb er durchkomponierte Swingmusik für ein Sextett mit drei Bläsern. Was Raymond Scott da noch nicht ahnen konnte: Seine skurrilen Charakterstücke wurden zum idealen Soundtrack für die Zeichentrick-Abenteuer von Bugs Bunny und seinen Freunden.
Regelmäßig kamen die Schecks von Warner Brothers, keine unerheblichen Summen. Raymond Scott, der vielbeschäftigte Musik-Verrückte, brachte sie einfach auf die Bank und dachte nicht groß darüber nach. Er hatte anderes zu tun: ein Radio-Orchester leiten, Musik für Werbespots aufnehmen, eine Ballettmusik komponieren, eine Broadway-Show vorbereiten, ein Studio für elektronische Musik einrichten. Wahrscheinlich hatte Raymond Scott keine blasse Ahnung, wofür er die Schecks eigentlich bekam. »Looney Tunes«, »Merrie Melodies«, »Bugs Bunny«, »Porky Pig« und »Daffy Duck« – das sagte ihm herzlich wenig. Er machte sich nichts aus Zeichentrickfilmen. Vielleicht hätte er mal seine Kinder fragen sollen, aber für die hatte er natürlich auch nur wenig Zeit übrig. Erst nach seinem Tod 1994 erfuhr seine Familie, dass Scotts Musik mehr als 100 Warner-
Brothers-Cartoons unterlegt war. Die Filmchen über Bugs Bunny gehörten für Scotts Kinder über Jahre hinweg wahrscheinlich zu den intensivsten Begegnungen mit dem Genius ihres Vaters. Sie wussten es nur nicht.
Das PDF enthält alle sechs Artikel des Schwerpunktthemas "Filmmusik & Musikfilm":
- (Blas-)Musik beim Film (von Christian Mayr)
- Blasinstrumente in der Filmmusik (von Enjott Schneider)
- Bugs Bunny in Aktion – Raymond Scotts heimliche Filmkarriere (von Hans-Jürgen Schaal)
- Filmmusik im Bläserkleid – Wer fängt den Kern? (von Jörg Murschinski)
- "Das ist Unsinn!" – Enjott Schneider über Film- und E-Komponisten (von Klaus Härtel)
- Zwei glorreiche Kalifornier – Filmklänge für Clint Eastwood (von Hans-Jürgen Schaal)