Orchestra, Schwerpunktthema | Von Stefan Fritzen

Schwerpunktthema: Das Instrument – Nur noch ein Leben aus der Konserve?

Die alljährliche Frankfurter Musikmesse (7. bis 10. April) wirft ihre Schatten voraus; Zeit also, sich wieder Gedanken über die Musikkultur und ihre Protagonisten, Musiker und Hörer, in unserer Zeit zu machen. Dabei können wir die jüngsten Entwicklungen in unserem Land nicht außer Acht lassen, denn Kultur allgemein und Musik im Besonderen gehören noch immer zu den Band stiftenden Errungenschaften jeder festgefügten Gemeinschaft.

Seit Monaten sind unsere Medien prall gefüllt mit Berichten über Millionen Menschen, die zu uns streben, die sich in unser Land und unser Volk integrieren sollen, oft ohne wirklich zu erahnen, was außer der äußeren Rechtsordnung überhaupt dazu gehört. aUnsere Parteien streiten sich herum, ob und wie wir es schaffen können, so viele Menschen außer mit horrenden Geldgaben zu unseren Nächsten zu machen.

Medialer Kulturverzicht als Integrationshilfe?

In all diesen Monaten wird jeder, der es wagt, angesichts der Zahl der ankommenden Menschen mahnend den Finger zu erheben, des Rechtspopulismus bezichtigt. Viele Medien sind sich mit der GroKo einig, auf jeden vorsichtigen Einwand, die europäische Kultur habe viele Jahrhunderte benötigt, um zu einem integrativen kulturellen Profil zu finden und demzufolge werde es mit den Zuwanderern noch erhebliche Integrationsprobleme geben, mit wütenden verbalen Angriffen zu reagieren. (Ich spreche hier nicht von den »Biedermännern und Brandstiftern«!)

Dabei täten wir gut daran, die Menschen nicht nur mit Fußball zu füttern, sondern ihnen vor allem auch unsere überreiche Kultur und Sprache zu vermitteln und uns auch auf Werte der nonverbalen Kommunikation, wie der Musik, zu fokussieren, nicht zuletzt, um zu demonstrieren, dass Musik auch bei Muslimen den inneren Reichtum von Menschen immens vergrößern kann. Daniel Barenboim hat es uns mit dem West-Östlichen Diwan-Orchester vorgemacht!

Was nehmen Medien noch wahr?

Wenn zum Beispiel die Dresdner Bläserphilharmonie schon Wochen vor dem Konzert ausverkauft ist und mit stehenden Ovationen gefeiert wird, dann ist diese Tatsache Dresdner Medien keine Zeile wert. Dabei machen hier Handwerker, Lehrer, Studenten, Ärzte, Anwälte, Theologen und professionelle Musiker auf allerhöchstem Niveau gemeinsam Musik und beweisen damit, dass unsere Musikkultur lebt und weder durch den Schulunterricht noch durch die elektronischen Medien »kaputt gemacht« werden kann. Aber gute Nachrichten passen nicht in den allgemeinen Informationspessimismus.

Generell spielt die Kultur im Spiegel der Medien nur noch eine marginale Rolle in unserer Gesellschaft. Dabei entspricht diese »unterlassene Berichterstattung« nicht der Realität. Wir haben in Deutschland eine unübersehbare Zahl von fähigen Orchestern, Orchesterleitern, Musikerziehern und Instrumentalisten.

Kultur als Integrationshilfe

Gegenwärtig laufen Bemühungen, das deutsche Laien- und Amateurmusizieren, das über viele Generationen gewachsen ist, zum immateriellen Weltkulturerbe zu erklären. Dies bedeutet eine ungeheure Aufwertung der über 30 000 Orchester und Musiziergemeinschaften in Deutschland, die den Humus des deutschen Musiklebens bilden. Auch mit diesem Reichtum sollten wir auf die zu uns Strömenden zugehen, um sie in unsere Gesellschaft hineinzuholen und auszubilden, denn in der Musik lernen die Neubürger nicht nur einen bedeutenden Teil der Menschheitskultur kennen, sondern auch Menschen der vielfältigsten Berufe, die ihnen wirkliche Integrationshilfen sein können.

In unser vergangenes Konzert in Dresden haben wir Flüchtlinge eingeladen, die glücklich und fasziniert waren, plötzlich dazuzugehören und in ihrer Intelligenz akzeptiert zu werden. Welche Aufgaben warten auf uns Musiker und Musikerzieher, um die vielen Kinder der zu uns Gekommenen mit unserer Musikkultur vertraut zu machen und sie auch in diese hineinzubilden!

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