»Volksmusik ist die faszinierendste Form des Miteinander-aktiv-seins«, sagt Markus Theinert im Gespräch. Und Vorbehalte hat er auch nicht gegenüber der »Neuen Volxmusik«. »Ob das jetzt Volksmusik heißt oder Volxmusik, spielt gar keine Rolle. Entweder zieht die Musik einen in ihren Bann oder eben nicht.
Herr Theinert, wenn Sie das Wort »Volksmusik« hören – welche Assoziationen löst das bei Ihnen aus?
Zunächst einmal die Freude darüber, dass an der Basis noch musiziert wird. Egal, in welches Land man kommt oder in welcher Region man sich bewegt: Volksmusik ist die faszinierendste Form des Miteinander-aktiv-seins. Da macht der Bürger Musik – und das auf einem hohen Niveau!
Ganz speziell in Bayern, wo ich lange gelebt habe, ist diese Tradition so wach und lebendig, dass es einfach eine Freude ist. Damit meine ich die authentische Volksmusik, die über Jahrhunderte gewachsen ist, heute noch lebendig ist und sich natürlich und organisch mit der Zeit verändert und evolutionär weiterentwickelt.
Sie würden also schon auch abgrenzen zur volkstümlichen Musik?
Diese Bezeichnung hat sich im Laufe der Zeit entwickelt, weil man sich abgrenzen wollte von der Popularisierung der Volksmusik. Wobei das eigentlich ein Wiederspruch in sich selbst ist, denn Volksmusik ist ja nicht nur für das Volk, sondern auch vom Volk gemacht.
Populus ist das lateinische Wort für Volk, Popularmusik dementsprechend Volksmusik. Dass man sich von dem kommerziellen Aspekt der volkstümlichen Bewegung abgrenzen wollte, hat zum Teil sicher seine Berechtigung. Die Frage bleibt aber, wann die Grenze zum Kommerziellen überschritten wird.
Ist es der Punkt, an dem die Musik aus der Intimität der »guten Stube« herausgetragen wird und die Zuschauer Eintritt bezahlen? Oder wenn irgendwann der Stadel nicht mehr ausreicht und in Konzertsäle oder -hallen ausgewichen wird? Man wollte sich eben von der Mainstream-Bewegung abgrenzen. Und es hat sich da ja auch eine gewisse Eintönigkeit eingestellt.
Die Vielfalt der ursprünglichen Volksmusik geht dabei verloren. Aber nicht nur dort. Es gab einmal in den 1970er und 80er Jahren die italienische Gruppe »Rondo Veneziano«. Die haben damals die gesamte klassische Musik im Viervierteltakt und Marschtempo durchgespielt – ob das eine Mozart-Sinfonie, eine Haydn-Ouvertüre oder eine Beethoven-Messe war! Und dann kommt das, was einst vom Komponisten als Unikat geschaffen wurde, wie Einheitsbrei daher.
Würden Sie die authentische Volksmusik also über die volkstümliche Musik stellen? Rein musikalisch?
Ich selbst denke nicht in Kategorien. Ich erlebe, wenn Menschen zusammen musizieren, die Musik als ein Teil meiner selbst, als etwas, das mich berührt und fasziniert. Oder eben nicht. Wenn die Musik mich anspricht, ist die Kategorie oder die Schublade ohne jede Bedeutung. Und wenn mir jemand sagt, das sei original bayerisch-brasilianische Volksmusik gewesen, dann überlege ich mir, was das bedeuten könnte. Ist da eine Gruppe nach Brasilien gereist, hat den Karneval erlebt und hat diese Inspiration der brasilianischen Musik mit in ihre eigene Volksmusik eingebaut?