Musiker erzählen gerne Witze – und am liebsten auf Kosten der Kollegen. Die Grenze zwischen bissiger Neckerei und indirektem Mobbing ist dünn.
Lachen sei gesund, heißt es, Humor die beste Medizin. Das ist sicherlich nicht ganz falsch. Wer fähig ist, über sich selbst, seine eigenen Probleme, seine verfahrene Situation oder sein schlimmstes Unglück zu lachen, kann sich damit manches bewusst machen, Leidensdruck abbauen und einer psychischen Sackgasse entkommen. Viele jüdische Witze funktionieren so: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Auch mancher Witz, den sich Musiker erzählen, bringt ein notorisches Musiker-Problem (zum Beispiel Geldnot) zur Sprache und relativiert es durch Humor. – Sagt der Arzt zum Jazzmusiker: »Sie haben nur noch ein Jahr zu leben.« Der Musiker fragt zurück: »Aber können Sie mir auch sagen, wovon?«
Waffe gegen wen?
Humor kann auch eine Waffe sein. In autoritären Staaten sind aufmüpfige Witze oft das einzige Mittel, um Unmut über das Regime zu äußern und gleichgesinnte kritische Geister zu finden. Witze können dort für den Erzähler sogar gefährlich werden, was sich selbst wieder in Witzen niedergeschlagen hat. – In der DDR wurde ein Wettbewerb für den besten politischen Witz ausgeschrieben. Erster Preis: 20 Jahre. – Aber auch in demokratischen Gesellschaften ist es legitim, dass sich die Schwachen in Witzen über die Starken mokieren. Politiker, Anwälte, Polizisten, Manager, Beamte, Dirigenten und Vorgesetzte aller Art sind beliebte Witzobjekte. Wer sich über einen Bescheid vom Finanzamt oder eine hohe Arztrechnung ärgert, »rächt« sich oft in einem Witz: Lachen schafft Erleichterung. Auch die Witze, die Männer über Frauen und Frauen über Männer erzählen, sind ein wichtiges Ventil im Zusammenleben der Geschlechter.
Bedenklich wird es, wenn Humor zur Waffe gegen die Schwachen wird. Witze über Randgruppen, Minderheiten oder Angehörige anderer Nationalitäten bedienen häufig nur noch reaktionäre und chauvinistische Vorurteile. Dabei sind Schottenwitze, in denen es nur um das Thema »Geiz« geht, noch harmlos. Anders sieht es aus bei den üblichen Witzen über Türken, Polen, Österreicher, Holländer, Juden oder Schwarze: Hier melden sich Nationalismus, Rassismus und Fremdenhass oft auf diskriminierende Weise zu Wort. Nicht mehr politisch korrekt und oft nur noch geschmacklos sind Witze über Behinderte, Schwule, Rentner oder Dickleibige. Aber auch Musiker kommen zuweilen als Randgruppe in Witzen vor – meist dargestellt als Faulenzer, Loser, Habenichtse, potenzielle Arbeitslose und Aushilfsfahrer beim Pizzaservice. Ganz ähnlich klingen Witze über Studenten.
Das PDF enthält alle drei Artikel des Schwerpunktthemas:
- Mobbing im Blasorchester? (von Klaus Härtel)
- "Es kann jeden Treffen" – Interview mit Gottlob Schmücker
- Humor als Waffe – Wie lustig sind Musikerwitze? (von Hans-Jürgen Schaal)