Orchestra, Schwerpunktthema | Von Stefan Fritzen

Schwerpunktthema: Musik im digitalen Zeitalter – Unnötiger Hörluxus?

Nahezu jeder spricht heute über die allumfassende Digitalisierung unseres Lebens. Allerdings habe ich bei der Definition dieses Wortes, sicher wie viele andere Menschen auch, bereits Probleme, da die technischen Vorkenntnisse immens sein müssen, um die tatsächlichen gesellschaftlichen Umwälzungen zu verstehen.

Digitales Zeitalter oder digitale Revolution

Die Begriffe »digitale Revolution« oder »elektronische Revolution« werden seit Ende des 20. Jahrhunderts als Synonyme für den rasanten Wandel in der technischen Entwicklung weltweit verwandt. Digitalisierung und der allgemeine Gebrauch von Computern führten zu einem alle Lebensbereiche umfassenden Umbruch in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Der Philosoph, Archäologe, Kunst- und ­Medienwissenschaftler Heinrich Klotz (1935 bis 1999) spricht deshalb zu Recht von der »zweiten Moderne«. Dieser Terminus weist bereits auch darauf hin, dass in die Betrachtung und Bewertung des digitalen Zeitalters immer auch die Kunst gehört. So wie in der ersten industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert künstlerische Darstellungen durch die veränderte Umwelt beflügelt wurden, so groß ist der Einfluss der Digitalisierung auf die zeitgenössische Kunst (siehe Bild »Eisenwalzwerk« von Adolph von Menzel auf der gegenüberliegenden Seite).

Das zweite Bild stammt aus einem Internetforum. Es wurde digital am Computer erschaffen, wobei der Künstler mit den abstrakten Techniken des neuen Mediums virtuos umgeht und Farbigkeit mit Lebendigkeit mischt, die trotz ihres gegenstandslosen Inhalts den Betrachter unmittelbar in ihren Bann ziehen. Darüber hinaus scheint auch in dieser Kunstform nichts vom bloßen Zufall abhängig zu sein.

Schiere Zahlen – ist das noch eine »friedliche« Revolution?

Es wird vermutet, dass die Zahl der digitalen Informationen im Jahr 2002 erstmals höher war als die analoge Datenerfassung (Quelle: Wikipedia). Die Digitalisierung verfügbarer Daten betrug im Jahr 1993 weltweit 3 Prozent und 2007 bereits 94 Prozent. Man kann sich leicht denken, dass bei der digitalen »Datensammelwut« gegenwärtig schon wieder viel, viel mehr gespeichert wurde.

Von der kriminellen Datenleidenschaft der Geheimdienste möchte ich in diesem Aufsatz gar nicht sprechen – sie legt sich wie ein Schatten auf unsere Seelen und zerstört letztlich jedes Vertrauen in die Individualität und Einmaligkeit des Menschen.

Digitale Musik

Bevor ich auf Vorzüge und Nachteile der digitalen Musik eingehe, möchte ich den Spannungsbogen in der allgemeinen Musikbetrachtung, der auch in der digitalen Welt und der elektronischen Musik bestehen bleibt, deutlich machen.

Bereits im Jahr 1854 definierte Eduard Hanslick (1825 bis 1904) in seiner Schrift »Vom Musikalisch-Schönen« die Musik als »tönend bewegte Formen«. Er stieß damit eine ästhetische Debatte an, deren Wortführer er war und die seither in der Musikbetrachtung die Gemüter erhitzt und durchaus zu polarisieren in der Lage ist.

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