Zunächst dachte ich, meine verehrten Leser, dies sei ein »Lobgesangthema«. Bei intensiveren Recherchen musste ich aber feststellen, dass sich in das Rosarot eines musikalischen Jubelinternationalismus zunehmend Grautöne mischten, da die Blickrichtung der Betrachtung zu unterschiedlichen Erkenntnissen führte.
Ein kleiner Blick in die Musikgeschichte der vergangenen 400 bis 500 Jahre lehrt uns, dass Musik und Künstlertum schon immer ein internationales »Geschäft« waren, bei dem man voneinander lernte und begierig war, innovatives Denken aufzunehmen und in phänotypische Kulturtraditionen zu integrieren. Ich erinnere nur an die mittelalterlichen Troubadoure, die Gregorianik, an den Einfluss der italienischen Oper oder international wirkende Komponisten wie Heinrich Schütz, Claudio Monteverdi, Carl Stamitz, Georg Friedrich Händel, Giacomo Meyerbeer oder Gaspare Spontini. Sie alle und viele mehr haben das deutsche und europäische Musikleben gestaltet, bevor man klassifizierend von Ausländern oder Inländern sprach.
Kunst geht zu Brot
Wenn wir also heute glauben, besonders fortschrittlich zu sein, weil indische Weltmusikgruppen in Europa gastieren oder deutsche Jazzmusiker Erfolge in New York feiern, unterliegen wir dem Irrtum einer völligen Überbewertung unserer heutigen Leistungen und der internationalen Vernetzung und feiern uns als »wahre Kosmopoliten«, die die richtigen Lehren aus der Geschichte gezogen hätten.
Das PDF enthält alle sechs Artikel des Schwerpunktthemas "Servus und Goodbye – Musiker im Ausland":
- Musiker im Ausland – Kulturströme um die Welt? (von Stefan Fritzen)
- Fürs Leben lernen – Das Studium im Ausland (von Klaus Härtel)
- Ein Kolumbianer in Mannheim – Harold Bedoya Agudelo über eine besondere Reise (von Cornelia Härtl)
- Immer (noch) unterwegs – Emmanuel Pahud über sein internationales Leben (von Klaus Härtel)
- Ein Ungar in der Wüste der unbegrenzten Möglichkeiten (von Renold Quade)
- "Ich will wissen, wie die Menschen leben" – Josepha Hanner im Interview (von Klaus Härtel)