Brass, Orchestra, Wood | Von Klaus Härtel

Schwerpunktthema: Offen für alle – Was ist eigentlich „Community Music“?

»Community Music in Theorie & Praxis« hieß die internationale Tagung, die kürzlich in München stattfand. »Community Music ist ein international gebräuchlicher Sammelbegriff für musikalische Aktivitäten«, heißt es im Konferenz-Flyer, »die in das soziale und räumliche Umfeld der Teilnehmenden eingebunden sind.« Community Music? Nie gehört? Wir sprachen mit Alicia de Banffy-Hall.

Frau de Banffy-Hall, Community Music ist in Deutschland relativ neu. Was ist das eigentlich? Vermutlich mehr, als die Übersetzung »Musizieren in der Gemeinschaft« erahnen lässt, oder?

Wir haben sehr viel überlegt, wie man das übersetzen könnte. Doch ein deutsches Äquivalent gibt es nicht. Community Music hat zwar Schnittstellen in einigen Feldern der Musikpraxis in Deutschland, doch etwas Vergleichbares haben wir nicht.

Der Begriff Community Music ist sehr passend. Community Music bezeichnet einen wissenschaftlichen und praktischen Diskurs, der sich seit Jahrzehnten im Ausland entwickelt hat. Es ist durchaus sinnvoll daran anzuknüpfen – und sich nicht ein neues Wort auszudenken.

Aber was ist nun Community Music?

Community Music ist gekennzeichnet durch Grundprinzipien. Zum einen ist da die Partizipation, das heißt aktives Musizieren. Außerdem ist die Zugänglichkeit wichtig. Es braucht den Bezug zur Lebenswelt der Teilnehmer. Und schließlich kommt es auf die Wertschätzung aller Musikformen an.

Professor Lee Higgins hat die Community Music in drei Bereiche definiert. Zum einen ist das das gemeinschaftliche Musizieren, was in Deutschland etwa auch die Hausmusik sein kann. Dann ist das das Musizieren einer Community – also etwa das Musizieren in der bayerischen Blasmusik oder auch beim Samba in Brasilien. Und schließlich ist Community Music gezielte soziale Intervention zwischen einem Workshopleiter, einem Community-Musiker und einer Gruppe. Das ist das Feld, das sich im angelsächsischen Raum am stärksten durchgesetzt hat. Durch Musikprojekte in der Gemeinschaft sollen Dinge bewegt oder verändert werden.

Sie haben es erwähnt: Community Music ist im angelsächsischen Raum »erfunden« worden und auch dort erfolgreich etabliert. Warum kennt man dieses System in Deutschland nicht?

Das ist eine gute Frage. Einerseits hat sich der deutsche musikpädagogische, wissenschaftliche Diskurs in vielen Bereichen getrennt vom internationalen Diskurs entwickelt. Das sind schon separate Welten. Da wurde viel auch nicht wahrgenommen.

Andererseits ist die deutsche Musiklandschaft sehr institutionalisiert. Man hat die Musikschulen, man hat die Musikvereine, man hat die allgemeinbildenden Schulen und man hat die Konservatorien und Hochschulen. Dies sind die Bereiche, in denen Musik passiert. Dass es aber auch noch an anderen Orten Musik gibt, nimmt man jetzt erst so langsam wahr.

Artikel in voller Länge als PDF downloaden