Brass, Orchestra, Schwerpunktthema, Wood | Von Leon J. Bly

Schwerpunktthema: Was ist das Blasorchester? Und wer entscheidet das?

Man könnte annehmen, dass jeder, der CLARINO liest, weiß, was ein Blasorchester ist. In der Tat aber gibt es viele unterschiedliche Meinungen, was ein Blasorchester ist und aus welchen Instrumenten es besteht. Gibt es einen Unterschied zwischen einem Blasorchester und einem großen Bläserensemble, das die Amerikaner »Wind Ensemble« nennen? Welche Instrumente gehören in ein Blasorchester? Ein Keyboard? Ein Elektrobass? Und wie wäre es mit einer Klarinette in As, einer Bass-Trompete oder einem Althorn? Wer entscheidet und wie?

Der Unterschied zwischen Blasorchester und großem Bläserensemble

Theoretisch gibt es einen Unterschied zwischen einem Blasorchester und einem großen Bläserensemble, da ein Blasorchester normalerweise chorisch besetzt sein sollte und ein Bläserensemble nur jeweils einen Spieler pro Stimme hat.

Leider verwendeten Komponisten und Dirigenten die Bezeichnungen nicht immer so genau. Joaquin Rodrigo komponierte sein »Adagio« für Blasorchester und meinte damit die Bläser und Schlagzeuger eines Sinfonieorchesters, das heißt drei Flöten, drei Oboen, drei Klarinetten, zwei Fagotte, drei Trompeten, vier Hörner, drei Posaunen Tuba, Pauken und zwei Schlagzeuger.

Unterschiedliches Verständnis bei Komponisten und Dirigenten

Andere Komponisten wie Eduardo Mata, Eugène Bozza und Colin McPhee schrieben Werke für ein Blasorchester ähnlicher Besetzungen. Komponisten wie Richard Rodney Bennett, Nicholas Maw und Martin Q. Larsson komponierten Werke für größere Blasorchester – Larssons »tusen år på ­tusen sekunder« hat 38 Stimmen – und erwarteten, dass die Kompositionen mit einem Spieler pro Stimme aufgeführt werden.

Andererseits komponierten einige Komponisten, unter anderem Warren Benson, Michael H. Weinstein, Walter Hartley und David Maslanka Werke für großes Bläserensemble und wünschten, dass einige Stimmen verdoppelt würden. In den Partituren zu Michael Daughertys Bläserensemblewerken »Desi« und »Bizarro« schreibt der Komponist, dass der Dirigent die Stimmen verdoppeln darf.

Dirigenten helfen der Situation auch nicht. Selbst Frederick Fennell, Gründer des Eastman Wind Ensembles, verdoppelte grundsätzlich die Klarinetten- und Tubenstimmen und oft die Flötenstimmen. Einige Dirigenten an den Universitäten und High Schools in den USA nennen ihre Premierblasorchester heute Wind Ensemble, obgleich sie mehrere Stimmen verdoppeln. Auf der anderen Seite spielte Timothy Reynish, Gründer des Royal Northern College of Music Wind Orchestra, alle Werke mit diesem Blasorchester ohne jegliche Verdoppelungen.

Das PDF enthält alle sechs Artikel des Schwerpunktthemas "Blasmusik Plus – Was kann/darf/soll ein Blasorchester?"

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