Orchestra | Von Renold Quade

Singin’ in the Rain – im Arrangement von Alan Fernie

Singin in the rain
By "Copyright 1952 Loew's Incorporated" - Scan via Heritage Auctions. Cropped from the original image., Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=85710951

Bereits im Jahre 1929 schrieben Arthur Freed und Nacio Herb Brown das Lied „Singin’ In The Rain“ als Filmschlager für den amerikanischen Tonfilm „The Hollywood ­Revue of 1929“. Der Schotte Alan Fergie hat ein Arrangement geschaffen. Die Orientierung an die Filmszene ist offensichtlich und mit den Mitteln, die ein Blasorchester zur Verfügung hat, sehr gelungen umgesetzt.

„Mit liebevoller Ironie, musikalischer und tänzerischer Verve, spielerischem Temperament und technischer Perfektion machten Kelly und Donen aus einem Stück Filmgeschichte einen absoluten Höhepunkt der goldenen Ära des Filmmusicals, in dem alle Elemente miteinander harmonieren.“ In diesem Sinne urteilt das Lexikon des internationalen Films über den ­Streifen »Du sollst mein Glücksstern sein«, im Originaltitel: „Singin’ In The Rain“. Bis heute ­immer wieder mit Auszeichnungen und vorderen Plätzen diverser Rankings gekrönt, gilt er – gleichermaßen beim Publikum wie auch in der Fachwelt – als einer der beliebtesten und bedeutendsten Musicalfilme.

Bereits im Jahre 1929 schrieben Arthur Freed und Nacio Herb Brown das Lied „Singin’ In The Rain“ als Filmschlager für den amerikanischen Tonfilm „The Hollywood ­Revue of 1929“. Weltweit und nachhaltig asso­ziiert wird der Titel aber seit 1952 mit dem gleichnamigen Tonfilm, in dem Gene Kelly dem Lied, singend und im Regen tanzend, große Besonderheit verleiht. Dabei sei aber auch nicht zu vergessen, dass der Titel zuvor schon als Jazzstandard etwa bei Dave Brubeck oder Oscar Peterson Beachtung gefunden hatte und er zudem später, beispielsweise in den 70er Jahren beim Film „Uhrwerk Orange“ von Stanley Kubrick, gerne immer wieder einmal zitiert wurde. 

Die Komponisten

Ignacio „Nacio“ Herb Brown, 1896 in New ­Mexico geboren, 1964 in Kalifornien verstorben, ist als US-amerikanischer Songwriter und Komponist von Musicals und Filmmusiken bekannt geworden. In der Zeit, da er hauptberuflich noch als Verkäufer und Immobilienmakler unterwegs war, komponierte er bereits fleißig und erhielt dann 1928, zu Beginn der aufstrebenden Tonfilmzeit, bei Metro-Goldwyn-Mayer eine Anstellung als Komponist. Viele seiner „Songs“ findet man im „Great American Songbook“: neben „Singin’ in the Rain“ Titel wie „You Are My ­Lucky Star“, „You Were Meant for Me“, „Temptation“, „All I Do Is Dream of You“, „Make ’em Laugh“ oder „Good Morning“. Im Jahre 1970, sechs Jahre nach seinem Tod, wurde der posthum in die „Songwriters Hall of Fame“ aufgenommen. 

Der Schotte Alan Fernie wurde 1960 im Bergwerksdorf Newtongrange geboren. Er lernte in der dortigen Band Posaune und absolvierte sein Musikstudium an der Royal Scottish Academy of Music in Glasgow. Weitere Studien führten ihn an das Goldsmith College in London. Er arbeitete als Posaunist in etlichen schottischen Kultur­orchestern und blieb zudem den Brass-Ensem­bles immer sehr nahe. Seit 1983 lebt und lehrt er in Edinburgh. Er wurde erfolgreicher Dirigent von Brassbands und entwickelte zunehmend Freude und Geschick am Arrangieren für Blechgruppen. Heute schreibt er auch für Wind Bands, Bigbands und Chöre. Seine Tätigkeiten als Lehrer, Dirigent, Musiker und Juror, die ihn auch in die USA und in die Schweiz führten, weiß er wohl zu organisieren.

Die Idee

Neben der hübschen Melodie ist vor allem die Atmosphäre, in der der Song „Singin’ in the Rain“ im Film stattfand, prägend und von großer Bedeutung. Da ist ein glückstrunkener Mann, der freudig im Regen tanzt. Das augenscheinliche Manko ignoriert er vollkommen und wandelt es gar in positive Energie um. „Da wo ich stehe, da scheint rundum die Sonne.“

Der Tanz im Zusammenspiel von Bordstein, Bürgersteig, Straße, Regentropfen und beachtlichen Pfützen gibt dem Titel einen starken optischen Zusatzwert. Diese beschwingte Szenerie hat ­somit einen prominenten Zusatz-Reiz, den der Zuhörer, wenn er den Film kennt, auch ohne Leinwand sicher immer vor Augen hat, wenn er das Lied hört. Wenn er den Film nicht kennen sollte, so scheint es eine Idee des Arrangements zu sein, soll ihm dieser optische Aspekt, diese tänzerische Komponente, mit musikalischen Mitteln vor Augen geführt werden.  

Aufbau 

Glockenspiel und Querflöten formen mit sanften Staccato-Oktaven putzige Regentropfen, die nicht nur das Tempo bestimmen, sondern zudem auch eine erste atmosphärische Grund­stimmung erzeugen. Darunter alsbald ein „fließendes“, zweitaktiges Motiv, endend in einem kurzen Stau und einem kecken, die Form kurz aufbrechenden Triangel-Glockenspieleffekt.

Die Klarinetten präsentieren ab A, betont legato, das Thema, während das Schlagzeug für leicht swingenden Groove und wenige übrige Bläser für fortwährenden harmonischen „Regen“ sorgen. Ab B gesellen sich die Posaunen wie beiläufig, aber wirkungsvoll, mit kleinen Einwürfen dazu. In C, sozusagen dem Wiederaufgriff des zweiten Thementeils, vereinen sich Thema und das fließende Motiv der Einleitung. Die Saxofone mischen sich kurz kanonisch dazu. Vier vor D folgt ein kurzer „stopptime“. D erzählt das ­Thema rhythmisch pointiert zu Ende und leitet modulierend über zu E.

Effektvoller Einsatz

Ab E erklingt ein Schlagzeugsolo (brushes) im Stepptanz-Stil, begleitet von gedämpften Trompeten und Posaunen, im Verbund mit klanglich bewusst defensiven Saxofonen und Klarinetten (sotto voce). Bei G folgen melodische Spielereien mit Triolengeläuf, welches recht plakativ dazu anregt, Fantasien von Windböen oder Wasser­läufen zu erwecken. In H beruhigen zunächst die Posaunen betont gesanglich die Szenerie. Sie pulsiert aber dennoch weiter. Mit rhythmischen Versatzstücken und dem „fließenden“ Motiv wird weiterhin (modulierend) Spannung aufbaut. Diese löst sich in I (Swing!) in einem Bigband-Teil, der zunächst auch nur die Instrumente bemüht, die für diese Orchesterform benötigt werden. Ab I gesellen sich alle weiteren Instrumente wieder dazu und finden effektvollen Einsatz mit rhythmischen Versatzstücken aus der bereits bekannten Motivik. 

In K ergreifen die Saxofone noch einmal die Initiative. In den langen Tönen werden sie komplementär gewürzt von den hohen Hölzern. Stampfende Triolen im Blech läuten in der Folge den Rückzug der immer noch Bigband-orientierten Stimmung ein. Ab L leisten die Hörner und die Eufonien ihren solistischen Beitrag im Arrangement. In M addiert sich das Motiv der Schlussphrase des Liedes zur Coda, während die Trompeten (Eufonien) die Szenerie weiter „fließend“ erhalten. Das Meno mosso in N staut dann merklich die Bewegung. Noch einmal kurz unterbrochen von einem kleinen abschließenden Saxofonsolo, analog dem rhythmisch »tröpfelnden« Gedanken der Einleitung folgenden, fließt das Arrangement im Molto rallentando mit solistischem Eufonium aus. 

Instrumentation

Die optimal angedachte Besetzungsliste von „Singin’ in the Rain“ entspricht der eines eher gut ausgebauten Mittelstufenorchesters. Stichnoten bieten aber die ein oder andere Alternativ­lösung an, wobei der Charme des Arrangements sicher auch aus den vielen wechselnden Registrierungen erwächst. Die bläserischen Anforderungen sind grundsätzlich nie überaus schwierig. Eine gute Artikulationsfähigkeit und eine solide stilistische Flexibilität stehen der Interpretation aber ohne Frage gut zu Gesicht. Alle In­stru­men­ten­gruppen haben abwechslungsreiche und dankbare Aufgaben. Sie erfahren auch gut verteilt Raum für kleine solistische Passagen.  

Fazit

Gleich zu Beginn regnen putzige Staccato-Tropfen, logisch folgen kleine Rinnsale im fließenden Legato, dann kleine „Freudensprünge“ zwischen den größeren melodischen Linien, ein kurzer „Stepptanz“, eine kurz aufbrausende Windböe, oder ist es gar eine übersprudelndes Regenrohr? Dann eine Bigband-Passage, noch ein paar Luftsprünge und ein sanfter, verschmitzter Ausklang. Gerade so, wie es in die Dramaturgie der berühmten Filmszene auch erzählt wird.

Die Orientierung an die Filmszene ist offensichtlich und mit den Mitteln, die ein Blasorchester zur Verfügung hat, sehr gelungen umgesetzt. Die gut vier Minuten des Arrange­ments sind gleichsam kompakt wie auch durchsichtig. Ein gut umsetzbarer „Musical-Schlager“, der nicht nur kurz vor der Unterbrechung eines Platzkonzerts, weil es zu regnen droht, immer wieder seinen Platz in guten Unterhaltungsprogrammen finden wird.

Noch ein Repertoire-Tipp? Renold Quade über „Mahlers Titan“ von Matthias Höfert.