Praxis, Wood | Von Martin Schelling

Spaß und Technik im Instrumentalunterricht mit dem »Klarinettenfuchs«

Vielleicht hatten sie als Instrumentalpädagoge schon einmal ein ähnliches Erlebnis. Ein Schüler, der gerade höchst respektabel seine Unterstufenprüfung absolviert hat (in Österreich ist das nach etwa vier Lernjahren), kommt in die Unterrichtsstunde und kramt mit leicht verzagtem Gesichtsausdruck die dritte Stimme der »Leichten Kavallerie« von Suppé, die er gerade als Neueinsteiger in die Musikkapelle in seiner ersten Probe überreicht bekam, aus der Instrumentenkofferhülle.

Sie werfen einen Blick auf das Notenbild, das jedenfalls alles andere als leicht zu realisieren ist, und fragen sich, ob sie der technischen Entwicklung ihres Schützlings genug Aufmerksamkeit geschenkt haben?

Die pädagogische Gewissenserforschung

Von »dem« Schüler ohne Differenzierung zu sprechen, ist sowieso unergiebig. Ein paar Prozentpunkte auf oder ab haben die meisten Unterrichtsklassen an Musikschulen einen ähnlichen Aufbau: 20 Prozent »Kann- und Will-Schüler«, die einen tollen Begabungsbackground und volle familiäre Unterstützung mitbringen, und die zu unterrichten ungetrübte Freude bereitet.

Die weiteren leben nach dem Motto: »Kann schon, weiß nicht ob ich will«, »Will, tu mich aber schwer«, »Ist mir zu anstrengend, Mama findet es aber gut für mich«, und 3 Prozent »Hab keinen Bock und kapier’s eh nicht«. Als Lehrer fühlt man sich da oft wie ein Steinzeitmensch, der mit Feuersteinen feuchtes Reisig in Brand setzen soll.

Und da oft nur ein unzureichendes Unterrichtspensum zur Verfügung steht, findet man sich in der Zwickmühle, wieviel Raum »peppiger« oder »poppiger« Musik und wieviel technikfördernden und zumeist eher trockenen Finger- und Artikulationsübungen gegeben werden soll.

Den Schüler dort abholen, wo er am jeweiligen Unterrichtstag ist

Erfahrungsgemäß werden trockene Fingerübungen vom Schüler selten ins wöchentliche Übungsprogramm aufgenommen, da am Handy das nächst höhere Schwierigkeitslevel in »Temple Run« ansteht und der Highscore des besten Freundes zu knacken ist. Das beschert wesentlich spontanere Erfolgserlebnisse mit wesentlich weniger körperlichem und mentalem Energieaufwand. 

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