Freut mich, dass sie sich wieder für diese Serie interessieren! Eines gleich vorweg: Nach vielen Diskussionen zu dieser Serie, die mich erreicht haben, ein Statement zu diesen Übungen: Es gibt sie natürlich nicht, die »Wunderübungen«. Mindestens die halbe Miete ist das »Wie«. Neben der Begeisterung, der Neugier und der Nachhaltigkeit ist erst der kümmerliche Rest das »Was«. UND: jede gute Idee muss zuerst ganz zu Ende gedacht und gespielt werden, um von ihr zu profitieren. Die in dieser Serie abgedruckten Übungen sind durchdachte Konzepte, die sich bei sehr vielen Musikern bestens bewährt haben.
Die Rolle von Zunge und Rachen beim Spielen eines Blechblasinstruments
Und nun zu einem weiteren Thema, das für uns Blechbläser höchst interessant ist – stellt es doch zwei entscheidende Dinge in den Fokus: Zunge und Rachen. Wieso Rachen? Ein »offener freier Rachen« (der obere Teil des Halses) ermöglicht erst unsere Herzensangelegenheit: klangschön zu spielen. Wir möchten ja nicht nur »gut spielen, sondern vor allem gut klingen« (Zitat Adolph Herseth).
Die Zunge stößt nicht!?
Eine Tatsache, die verwundern mag: »Den Zungen-Stoß« gibt es genau genommen gar nicht. In unserer Vorstellung öffnet die Zunge den Windkanal durch einen »Anstoß« an die Lippe, an die obere Zahnreihe. In dem Moment, wo wir uns von dieser Vorstellung befreien, verlieren wir die Angst beispielsweise vor einem Solo-pianissimo-Einsatz und vor einer ganzen Reihe von Verkrampfungen.
Auch das oft verengende Gefühl im Hals, unter dem viele leiden, wird sich so langsam verabschieden. Die Aufgabe der Zunge in der »Stoßfunktion« ist ganz einfach nur, die Luft »frei zu geben«. Also die Zunge zurückzuziehen und nicht nach vorn zu stoßen. Natürlich passiert das mit einer leicht »federnden Bewegung«.
Der richtige »Stoßlaut«
Da jeder etwas anders aufgestellt ist, eine andere Sprache spricht (die Amerikaner etwa stoßen oft »tuu«), muss das jeder für sich selbst herausfinden. Ich empfehle aber für die mittlere und hohe Lage ein »düü«, bisweilen ein »tüü«, weil bei diesem Laut der Zungenrücken automatisch richtig gestellt ist. Das berühmte »ta« hat schon so manchem arge Folgeprobleme bereitet. Da liegt die Zunge zu tief und ist unbeweglich.
Die »Phuu«-Technik
Viele Profis verwenden diese Technik (beim ersten Ton heikler Einsätze) und erleichtern sich das Bläserleben damit wesentlich. Der »Stoß« entsteht hier nur durch die Tatsache, dass die sanft geschlossenen Lippen die Luft in genau jenem Moment »freigeben«, in dem der Luftschub größer wird als der »Druck« der Lippen aufeinander.
Die Lippenbewegung »Phuu« erzeugt den Stoß (das Wort »Laut« wäre hier nicht angebracht, weil die Stimmbänder hier nicht mitschwingen dürfen). Die Zunge ist bei diesem Trick völlig ausgeschaltet. Mit etwas Übung gelingt das in fast jeder Lautstärke und Höhe.
Das Wegbleiben des Tones ist dann Geschichte, weil die plötzliche Freigabe der Luft die Lippenvibration ganz stark anregt. Selbstverständlich funktioniert auch das Anhauchen des Tones an Stelle von »Phuu« sehr gut…
Noch etwas: Der Luftstrom bestimmt zu 90 Prozent die Qualität des Stoßes. Tatsache, denn ein immer zu stark variierender Luftschub (es klingt dann wie ein »hou hou«), bedingt durch zu große Zungenrückenbewegungen, ist für einen stabilen, klangschönen Stoß höchst unschön.
Also: Je kleiner und effizienter die Zungenbewegungen sind, desto besser klingt’s! Das bei vielen Blechbläsern zu hörende deutliche Stoßgeräusch muss unbedingt vermieden werden! Also die Zunge nur sehr selten so »teutlich« (…) verwenden!