Stephan Jaeggis »Festliche Ouvertüre«: Durch die politische, kulturelle und ideologische Gemengelage im 19. Jahrhundert vermischte sich in allen Kunstrichtungen romantisches Gedankengut allmählich mit nationaler Identität. Auch in der Musik bildeten sich mit der Zeit sogenannte »nationale Schulen«, deren Vertreter sich beim Komponieren stark von heimatlichen Sujets oder Volksmelodien beeinflussen ließen.
Solcherlei Gruppierungen, die sich in der zweiten Jahrhunderthälfte endgültig manifestierten, gab es unter anderem in Russland (zum Beispiel Peter Iljitsch Tschaikowsky und das sogenannte »mächtige Häuflein«), Skandinavien (zum Beispiel Edvard Grieg, Niels Gade, Franz Berwald, Jean Sibelius) oder im damals zum Habsburgerreich gehörenden heutigen tschechischen Gebiet (zum Beispiel Antonín Dvořák, Friedrich Smetana). Sie entstanden also vor allem in kulturell weniger bedeutenden oder gar politisch nicht souveränen Ländern und leisteten dort einen wichtigen Beitrag zum nationalen Bewusstsein, indem sie sich stilistisch von der vorherrschenden Musiktradition abgrenzten, die in erster Linie von Italien, Frankreich und Deutschland geprägt war.