Wood | Von Klaus Härtel

Tabea Debus hat das letzte Wort

Tabea Debus ist Blockflötistin, spielt Konzerte und unterrichtet. Im April erschien ihre aktuelle CD "XXIV Fantasie per il Flauto". Im Interview verriet sie uns, warum Unterrichten für sie so wichtig ist, wem aus der Royal Family so schon begegnet ist und warum sie bei Zeitreisen gern immer ein Ticket zurück ins 21. Jahrhundert hätte.

Wann war das letzte Mal, dass Sie mit einem Komponisten über Georg Philipp Telemann diskutiert haben?

Das ganze Jahr 2017 hindurch – Anfang des Jahres habe ich anlässlich von Telemanns 250. Todestag mit meinem Kompositions-Projekt zu seinen "XII Fantasie per il Flauto" begonnen. Dafür habe ich zwölf Komponisten gewonnen, mit denen ich über die jeweilige Telemann-Fantasie gesprochen habe, zu der sie dann eine Antwort komponiert haben.

Allerdings war mir wichtig, dass sie sich nicht von meiner Interpreta­tion oder Sicht der Fantasien beeinflusst oder gar beengt fühlen, sondern einen eigenen Weg finden – egal, wie nah oder entfernt vom ursprünglichen Notentext.

Wann war das letzte Mal, dass Sie sich gewünscht hätten, in einem Spielfilm mitzuspielen? Welcher war das?

"Le Roi danse" – in diesem Film hätte ich gern im Orchester mitgespielt; ein wunderbarer, aufschlussreicher Film über französischen Tanz am Hof von Louis XIV., über Lully und Molière. Und natürlich wegen der tollen Kostüme.

Wann war das letzte Mal, dass Ihnen die Unterschiede von Engländern und Deutschen aufgefallen sind?

Vieles fällt mir nicht mehr bewusst auf, oder ich habe mich einfach daran gewöhnt. Vielleicht zuletzt, als es im März ganz überraschend und für Londoner Verhältnisse viel geschneit hat und die meisten Straßen in der Stadt tagelang einfach nicht geräumt wurden!

Dazu muss man sagen, dass ich genau in diesen Tagen umgezogen bin und somit das zweifelhafte Vergnügen hatte, mit einem VW-Bus auf der falschen Straßenseite über das Eis zu schlittern – das hätte es in Deutschland zumindest in diesem Ausmaß nicht gegeben.

Wann war das letzte Mal, dass Sie in Ihrer Geburtsstadt Würzburg waren?

Im letzten August war ich auf der Durchreise zu Besuch – Würzburg ist besonders schön im Sommer, es gibt nichts Besseres als dann unten am Main entlang zu wandern oder zur Festung hochzusteigen!

Wann war das letzte Mal, dass Sie "London Calling" von The Clash gehört haben?

Vor zwei Minuten – nicht zum ersten Mal, aber zum ersten Mal bewusst.

Wann war das letzte Mal, dass Sie so richtig sauer waren?

Eher "not amused" als richtig stinksauer: Ich hatte eine Kontrabassblockflöte zur Reparatur eines Risses in die Werkstatt nach Deutschland geschickt (man kann sich die Größe des Pakets und die Höhe des Portos vorstellen); als sie zurückkam, war eine andere Stelle angeknackst, wahrscheinlich ist sie auf der Reise umgefallen oder nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst worden. Ärgerlich!

Wann war das letzte Mal, dass Sie Ihre Auszeichnungen poliert haben?

Ha, ich habe nur einen einzigen Pokal im Regal stehen, 2. Platz beim Fahrrad-Turnier in der 4. Klasse – der könnte ein bisschen polieren gut vertragen.

Wann war das letzte Mal, dass Sie ein Restaurant verlassen haben, weil die Musik so schlecht war?

Das habe ich wirklich noch nie getan, mich stört weniger, wenn die Musik schlecht ist (da kann ich ganz gut auf Durchzug stellen) als wenn sie zu laut ist – das kann man mit einer höflichen Bitte meist ändern.

Wann war das letzte Mal, dass Sie sich wünschten, in einer anderen Zeit/Epoche geboren worden zu sein?

Ach, eigentlich bin ich ganz zufrieden, im 21. Jahrhundert zu leben und Zugriff auf all das Material, die Noten, Instrumente und sonstige Ressourcen zu haben. Ab und zu mal ein paar hundert Jahre zurückzureisen, wäre trotzdem nicht schlecht.

Ich würde gern mal auf originalen Instrumenten des 18. Jahrhunderts oder der Renaissance spielen – zwar gibt es von ersteren einige Exemplare in diversen Museen, aber nicht auf allen kann/darf man heute so ohne weiteres spielen, und wer weiß, was sich über all die Jahre bis heute am Holz verändert hat.

Oder zu hören, wie und wer Telemanns Blockflötenkonzerte und -sonaten gespielt hat, was für Verzierungen vom jeweiligen Interpreten gemacht wurden… Es wäre schön, die Atmosphäre mitzuerleben. Also ja zu einer Zeitreise – jederzeit, aber mit einem Ticket zurück ins 21. Jahrhundert.

Wann war das letzte Mal, dass Sie von einem Schüler mehr gelernt haben als der von Ihnen?

Das passiert regelmäßig, mal ganz davon abgesehen, dass meine Schüler die besten (und ehrlichsten) Englischlehrer sind. Spontan fallen mir zwei Szenen ein:

Mit einem sechsjährigen Schüler habe ich in einer seiner ersten Blockflötenstunden darüber gesprochen, dass es nicht nötig ist, zwischen jedem Ton den Mund auf- und zuzumachen. Wir haben das mit dem Bild eines "blubbernden Fischs" verglichen. Als ich ihm dann ein paar Stunden später sein neues Lied vorgespielt habe, guckt er mich kritisch von der Seite an und sagt "you looked like a fish!".

Oder eine zehnjährige Schülerin, die ich nicht mit meinen Gesangskünsten von Mary Poppins’ "Feed the Birds" überzeugen konnte: "No, this is wrong, too slow and it just doesn’t have the right feel."

Wann war das letzte Mal, dass Sie jemanden aus der Royal Family getroffen haben?

Prinz George ist eigentlich doch bald alt genug, um mit dem Blockflötenunterricht anzufangen? Der einzige Kontakt zu einem Mitglied der Royal Family war ein kurzes Händeschütteln mit der Duchess of Gloucester bei meiner Graduation von der Royal Academy of Music 2017.

Wann war das letzte Mal, dass Sie jemand gefragt hat: "Blockflöte? Interessant. Und was machen Sie beruflich?"

Derartige Kommentare kommen häufig, allerdings meist nach Konzerten, und dann in der Art "Ich wusste gar nicht, dass Blockflöte so klingen kann." Ehrlich gesagt sage ich meistens, wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde, dass ich Blockflötistin bin, Konzerte spiele und unterrichte – damit können die meisten mehr anfangen, und es ist auch noch wahr:

Es gibt kaum Blockflötisten, die "nur" von Konzerten leben können – oder möchten! Egal, wen man unterrichtet, ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, egal auf welchem Level, Unterrichten hält spielerisch fit, macht Spaß und gehört für mich absolut dazu.

Wenn trotzdem jemand nicht verstehen kann, dass man "Blockflötistin" von Beruf sein kann, nehm’ ich es halt mit Humor – es muss ja nicht jeder verstehen…