Weil er am Niedergang der Kultur litt und das Wissen der Antike retten wollte, gilt Boëthius (ca. 480 bis ca. 525) als “der letzte Römer”. Weil sein Werk für die Gelehrsamkeit des gesamten Mittelalters prägend werden sollte, gilt er zugleich als “der erste Scholastiker”.
Ums Jahr 500: Das Römische Reich erlebt starke Umbrüche. Rund ein Jahrhundert vorher ist es geteilt worden – in ein West-Reich mit einem Westkaiser (in Ravenna) und ein Ost-Reich mit einem Ostkaiser (in Byzanz). Schon diese Teilung gab einen Hinweis darauf, dass die zentrale Organisation der riesigen Gebiete schwierig geworden war. Im römischen Stammland Italien nehmen Germanen-Einfälle, Machtkämpfe und Bürgerkriege überhand. Das Heer ist schwach, die Verwaltung schlecht. Immer mehr Reichsteile – in Spanien, Frankreich, Nordafrika – brechen weg. Odoaker, ein Germane auf dem weströmischen Thron, unterstellt sich im Jahr 476 dem Ostkaiser und beendet damit praktisch das westliche Kaisertum. Sein Bezwinger und Nachfolger Theoderich, Herrscher über die Ostgoten, ist danach nur noch eine Art König von Italien – von Gnaden des Kaisers von Byzanz. Die Konflikte zwischen Weströmern, Byzantinern und Ostgoten wachsen ständig an, ebenso die religiösen Unstimmigkeiten zwischen Nikäern und Arianern.
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