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Ist Musik nur klingende Mathematik?

Ist Musik nur klingende Mathematik?

Musik und Mathematik? Natürlich war Pythagoras an allem schuld. Die Anekdote, wie der antike Philosoph durch den Schlagklang unterschiedlich schwerer Schmiedehämmer das mathema­tische Prinzip der Konsonanz entdeckt hat, wurde jahrhundertelang nacherzählt und ausgeschmückt.

Es ist ja auch wirklich eine hübsch er­fun­dene Legende. Doch eine Nachprüfung hätte freilich gezeigt, dass die Tonhöhe des Hammerschlags keineswegs vom Gewicht des Hammers abhängt – die Anekdote aus der Schmiede hält also wissenschaftlich betrachtet nicht stand. Das physikalische Prinzip darin aber beschreibt zutreffend das Klangverhalten verschiedener Saitenlängen, Luftsäulen, Triangeln usw. – und darum geht es hier ja eigentlich.

­Pythagoras soll das von ihm gefundene Konsonanz-Gesetz angeblich mit einem Monochord, einem Zupfinstrument mit Resonanzkasten, nachgeprüft haben. Er stellte dabei fest: Zwei Töne konsonieren oder harmonieren (also: klingen besonders schön zusammen), wenn ihre Schwingungen (Saitenlängen) in einem einfachen ganzzahligen Verhältnis zueinander stehen. 1:2 – die Oktave, 2:3 – die Quinte, usw. Heute würde man sagen: Zwei Töne konsonieren, wenn ihre Obertonspektren weitgehend übereinstimmen. Die Oktave und die Quinte klingen einfach schon im Grundton am kräftigsten mit.

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Boëthius und die Musiktheorie fürs Mittelalter

Boëthius und die Musiktheorie fürs Mittelalter

Weil er am Niedergang der Kultur litt und das Wissen der Antike retten wollte, gilt Boëthius (ca. 480 bis ca. 525) als „der letzte Römer“. Weil sein Werk für die Gelehrsamkeit des gesamten Mittelalters prägend werden sollte, gilt er zugleich als „der erste Scholastiker“.

Ums Jahr 500: Das Römische Reich erlebt starke Umbrüche. Rund ein Jahrhundert vorher ist es geteilt worden – in ein West-Reich mit einem Westkaiser (in Ra­venna) und ein Ost-Reich mit einem Ostkaiser (in Byzanz). Schon diese Teilung gab einen Hinweis darauf, dass die zentrale Organisation der riesigen Gebiete schwierig geworden war. Im römischen Stammland Italien nehmen Germanen-Einfälle, Machtkämpfe und Bürgerkriege überhand. Das Heer ist schwach, die Verwaltung schlecht. Immer mehr Reichsteile – in Spanien, Frankreich, Nordafrika – brechen weg. Odoaker, ein Germane auf dem weströmischen Thron, unterstellt sich im Jahr 476 dem Ostkaiser und beendet damit praktisch das westliche Kaisertum. Sein Bezwinger und Nachfolger Theoderich, Herrscher über die Ostgoten, ist danach nur noch eine Art König von Italien – von Gnaden des Kaisers von Byzanz. Die Konflikte zwischen Weströmern, Byzantinern und Ostgoten wachsen ständig an, ebenso die religiösen Unstimmigkeiten zwischen Nikäern und Arianern.  

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