Orchestra | Von Renold Quade

„The Crazy Charleston Era“ von Stefan Schwalgin

Charleston
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Blickt man von heute einmal 100 Jahre zurück, so fallen uns für die 1920er Jahre prägende, für diese Zeit immer wieder gerne herausgekramte Adjektive wie „lebendig“, „wild“ und „verrückt“ ein. Aus heutiger Sicht wirft Stefan Schwalgins Arrangement „The Crazy Charleston Era“ ein konzertantes und gleichzeitig munteres Licht auf die „Partylaunen“ jener Zeit. Einer Zeit, die aber sicher auch ihre Ecken und Kanten hatte.

Schwangen
Stefan Schwalgin

Stefan Schwalgin, 1965 in Datteln (West­falen) geboren, beschäftigte sich schon früh, zunächst autodidaktisch, mit den In­stru­menten Klarinette, Saxofon und Klavier. Auch seine Leidenschaft zu komponieren und zu arrangieren pflegte er von Jugend an. Nach seinem Militärmusikdienst studierte er Musik- und Literaturwissenschaften an der Universität Hamburg. Er promovierte über zeitgenössische fran­zö­sische Opernmusik, ist Doktor der Philosophie und betrieb intensive Studien in Komposition und elektroakustischem Design.

Seit den 1980er Jahren leitet er En­sembles und Orchesterformationen. Vom Blasorchester bis zur Bigband, für die er auch als Schreiber immer wieder kreativ ist. Er arbeitet heute als freischaffender Arrangeur, Komponist und Buchautor. Seit 2004 ist er zudem auch als Produktspezialist für das Notationsprogramm ­Finale bei der Firma Klemm Music Technology tätig. 

Die Idee

In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts etablierte sich eine damals absolut moderne, völlig neue Unterhaltungsindustrie. Musik aus dem Radio, von der Schallplatte und Kinofilme auf dem Weg zum Tonfilm. Die Entwicklung dieser neuen Medien, die heute längst feste oder auch schon tradierte Bestandteile unserer Kultur sind, schritt unaufhaltsam voran.

Aus der Jazzmusik heraus bildeten sich erste Formen »swingender« Unterhaltungs- und Tanzmusik. Musik, die begann, Massen zu begeistern. Nicht nur in Berlin tanzte man damals in zahllosen Tanzlokalen, Varietés und Cabarets zum Beispiel einen frisch aus Amerika importierten Modetanz, den „Charleston“. Ein Tanz, der sicherlich ganz allgemein wiedergewonnene Lebens­freude ausdrückte, aber auch ein Signal für aufkeimende Neugier und wachsendes Inte­resse an fremdländischen Kulturen war. Das ­hatte immer auch einen Schuss von Verruchtheit, Liederlichkeit und Unsittlichkeit. Nicht nur für damalige Zeiten durchaus provokant. 

Diese Zeit ist liebevoll mit Begriffen wie „Gol­dene Zwanziger“, „Jazz Age“, „Charleston Era“ oder auch „Wilde Zwanziger“ etikettiert worden. Die Impulse jener Tage waren Impulse von brodelnder Vitalität und Kreativität. „Eben diesen Aspekt stellt Stefan Schwalgin in seinem Medley ‚The Crazy Charleston Era‘ aus drei klassischen Jazz-Titeln dieser Ära in den Vordergrund: Witzige Instrumentaleffekte und verrückte Ka­prio­len des Orchesters scheinen sich manchmal zu überschlagen in diesem musikalischen Parforceritt, der indessen technisch viel leichter zu bewältigen ist, als es der erste Eindruck ver­muten lässt“, informiert der Musikverlag Rundel über das hier vorgestellte Werk.

Aufbau 

Aus dem elementaren Kernmotiv des Charlestons heraus, hier melodisch aus der Schlusswendung geschnitten, formuliert das gesamte Orchester eine „aufgeregte“ Einleitung von acht Takten. Nahtlos schließen sich zwei über­leitende Takte an, die aber melodisch schon bei „Ain’t She Sweet“ anzusiedeln sind. Witzig ist dabei die Rhythmik der Takte 8 und 10, ein ty­pisches „Charleston-Lick“, das beiden Songs inne­wohnt. 

Ain’t She Sweet 

Im Jahre 1927 dichtete Jack Yellen mit vergleichsweise wenigen Worten einen Liedtext, der augenscheinlich einfach nur eine „Schwärmerei“ für eine junge Dame war, die schon bei bloßem Erscheinen bei ihrem Verehrer großes Verzücken auslöste und immer wieder in der längst beantworteten Frage mündete: „Ist sie nicht süß?“ Dem Vernehmen nach war es aber auch ein augenzwinkernder Gruß an die kleine Tochter Shana von Milton Ager, dem Komponisten dieses Songs. Der wurde 1893 in Chicago/Illinois als sechstes Kind einer jüdischen Familie geboren. Er blickte nur auf drei Jahre Highschool-Ausbildung zurück, hatte sich aber mit viel Engagement autodidaktisch dem Klavierspiel gewidmet. Schon früh hatte er seine Karriere als praktizierender Musiker begonnen, unter anderem als Stummfilmbegleiter in Kinos.

New York wurde seine nächste Station. Im Puls dieser inspirierenden Stadt arbeitete er weiter daran, eigene Musik zu schreiben, immer wieder gerne in Partnerschaft mit dem Texter Jack Yellen. Weiter zog es ihn nach Hollywood, wo er mehr und mehr seinen Lebensunterhalt damit ver­diente, Songs für Filme zu schreiben. Er verstarb 1979 in Inglewood/California und wurde auf dem Memorial Park Cementery in Los Angeles bei­gesetzt. Im selben Jahr wurde er zudem in die „Hall of Fame der Songwriter aufgenommen. „Ain’t She Sweet“ wurde bis in die 1950er Jahre hinein, aber auch bis in die heutige Zeit, immer wieder gern von Größen der swingenden Musik aufgegriffen. Zudem steuerten auch die „frühen“ Beatles 1961 ihre (erste) Version bei.

Unaufgeregt und genretypisch

Ab Takt 11 ergreifen die Saxofone die ersten vier Takte der Melodie und lassen nahtlos Posaunen (Flügelhorn) und Klarinetten den ersten Aufgriff des A-Teils vervollständigen. Hörner, Tuben und Schlagwerk begleiten unaufgeregt und genre­typisch. In Takt 18, dem letzten Takt der ersten Melodielinie, winken Querflöte und Oboe (Saxofone) keck mit dem eingangs schon erwähnten „Lick“. In Posaunenglissandi „verkleidet“ folgt der zweite Aufgriff des A-Teils. Klarinetten und Stabspiele schneiden dazu eine chromatische Grimasse in geraden Achteln, bevor die Saxo­fone ganz konventionell wieder zur Vernunft ­rufen. 

Der achttaktige, rhythmisch etwas ruhigere B-Teil gehört den weichen Tenören, leicht angespitzt von den Querflöten. Die Posaunen färben derweil mit „Plunger“-Effekten Rhythmik und Harmonik, während die Klarinetten und Saxo­fone die langen Töne der Melodie mit ihrem durchaus herausstechendem „Lick“ beleben. Ab Takt 35, beim Wiederaufgriff des A-Teils, schlägt die Melodie Kapriolen. Sie verteilt sich quasi mit „Einton-Impulsen“ über die ganze Partitur und mündet in eine, das klassische Charleston-Motivs umkehrende Rhythmusvariante, die stoisch die Melodie in den Klarinetten (Altsaxofonen) zu Ende denkt. Hoppla, ein Dreihalbe-Takt. Eigentlich wäre nun ein beruhigender Schlusstakt angesagt, doch diese Variante sorgt nun endgültig für Verwirrung, da noch ein torkelnder Zwischenschritt als Zugabe gewährt wird. 

Liebgewonnene rhythmisch-melodische Variante

Ab Takt 43 sind wir im zweiten Aufgriff des Songs, der die gerade liebgewonnene rhythmisch-melodische Variante zunächst einmal in Klarinetten und Saxofonen beibehält, bevor ein Altsaxofon in ausnotierter Improvisationsstilistik sich in den zweiten vier Takten ein wenig aus­leben darf. Dieses Prinzip wiederholt sich noch einmal und erst zum B-Teil wird die Partitur dann wieder voller. Die Tenöre und Querflöten erklingen recht gemütlich mit der ruhigen Melodie. Die Posaunen und Trompeten ausgelassen mit Plunger-Dämpfer, die Klarinetten und Saxofone zickig (wenn auch phrasiert) mit „Charleston-Lick“ und die Rhythmusgruppe solide und mit treibender Kraft.

Ab Takt 67 wiederholt sich die prickelnde Idee der „Einton-Melodik“ und das Geschehen. Be­ruhigend wirkt auch die Rückkehr zur Vernunft ab Takt 71 mit den Saxofonen, den Flügelhörnern und den Posaunen, die die Melodie in ihrer „Urform“ verabschieden. 

Ab Takt 74 verdünnt sich das Szenario schlagartig. Mit der mehrfachen Wiederholung des Schlussmotivs, welches ja auch schon in der ­Einleitung dienlich war, beschließen die Saxo­fone und Stabspiele überleitend und werden begleitet von marginalem Schlagwerk. Ab Takt 80 stolpern im ­Unisono die Tenöre mit einem Motiv von eigentlich drei Schlägen, synkopisch im Vierertakt über drei Takte in den Schlusston des vierten Taktes, nicht auf „eins“, sondern auf „zwei“. Charleston halt. Da darf jeder mal, in durchaus klar ab­gestecktem Rahmen, genüsslich aus der Reihe tanzen. 

Sweet Georgia Brown 

Heutigentags keine Bemerkung mehr wert, war es 1925 schon besonders, dass sich ein Autorentrio aus Gleichgesinnten unterschiedlicher Hautfarben zusammenfand. Die Rede ist von dem Texter Kenneth Casey, dem Musiker Ben Bernie und dem afroamerikanischen Komponisten Maceo Pinkard. Schon 1919 zog es Pinkard nach New York. Er betrieb als erster Afroamerikaner einen Musikverlag, und er war auch 1921 einer der ersten afroamerikanischen Komponisten, der in die „American Society of Composers, Authors and Publishers“ aufgenommen wurde.

Den Status „Original“ hat die von Ben Bernie am 19. März 1925 mit seinem „Hotel Roosevelt ­Orchestra“ eingespielte Orchesterversion von „Sweet Georgia Brown“. Sie eroberte sofort Platz 1 der Hitparade und behielt diesen fünf Wochen lang. Die ASCAP, die American Society of Composers, Authors and Publishers, listet 101 Versionen des Titels auf. Und die Beatles spielten 1962 für den umtriebigen Produzenten Bert Kaempfert, natürlich in Hamburg bei Polydor, eine Version für den Gesangsolisten Tony Sheridan ein, der damit 1964 die B-Seite seines Hits „Skinny Minny“ zierte.

Vielleicht auch noch ein paar Bemerkungen wert ist, dass die Popularität des Liedes 1927 Morten G. Neumann inspirierte, eine Kosmetikmarke ­danach zu benennen. Unter der Marke wurden Produkte für die afroamerikanische Bevölkerung vermarktet. Aufhellende Gesichtspuder, Hautcremes, haarglättende Produkte und Parfums. Das berühmteste Produkt wurde eine stark ­parfümierte, goldgelbe Haarpomade namens „Sweet Georgia Brown Hair Dressing Pomade“, welche seit 1934 und noch bis heute hergestellt wird. Die Basketballmannschaft »Harlem Globetrotters« verwendet den Song übrigens seit den 1950er Jahren als ihre Hymne. 

Hohe Hölzer und Flügelhörner übernehmen melodische Verantwortung

Attacca, im Stil von Gene Krupas berühmtem „Sing, Sing, Sing“, schafft sich „Sweet Georgia Brown“ über vier Takte vom Schlagzeug aus eine rhythmische Ausgangsbasis. Ab Takt 88 präsentieren darüber eine solistische Tuba und eine solistische Pic­colo­flöte wohl phrasiert den A-Teil über zwölf Takte. Lediglich angereichert nach je vier Takten durch „Charleston-Einwürfe“ der Klarinetten, Trompeten oder Posaunen. Zum B-Teil (Takt 100) übernehmen die hohen Hölzer und die Flügelhörner kurz melodische Verantwortung, während die Rhythmusgruppe weiter, marginal und solide, antreibt und sich vom Synkopen-Gebaren der Trompeten und Posaunen mit Plunger nicht aus der Ruhe bringen lässt.

Ab Takt 104 folgt der Wiederaufgriff des A-Teils in bester Tanz­musikstilistik. Nun erklingen ein komplettes, „swingendes“ Schlagzeug, Walkingbass, Saxofone, Flügelhörner und Hörner mit Melodie im Unisono, liegende Akkorde in den Tenören, kleine Umspielungen im hohen Holz. Ab Takt 112 schließt sich der C-Teil über acht Takte an. Davon zeigen sich vier Takte solistisch mit Tuba und Piccolo, die folgenden vier Takte dann im Tutti-Blocksatz mit Steigerungseffekt.

Ab Takt 120 wird der zweite Anlauf des Titels auf eine »Small Band« reduziert. Eine Besetzung mit vier Bläsern und Rhythmusgruppe, zu der übrigens auch gerne ein Banjo (Gitarre) zählen darf. Die neue Farbe der traditionellen Dixie-Band, effekt­voll garniert mit Klatschern der gerade am Instrument nicht aktiven Musiker auf „zwei“ und „vier“, erfährt beim B-Teil „bigband-artige“ Auf­rüstung, auch harmonisch. Ab Takt 136, beim Wiederaufgriff des A-Teil, ver­mischen sich die beiden Besetzungsideen intensiv zur „Small-Bigband“ und münden, ab Takt 158, kurz „jungle-­like“. Und dann wieder eher im Bigband-Stil, in den C-Teil, der den Song durchaus ungestüm ausklingen lässt. 

The Charleston 

James Price „Jimmy“ Johnson, geboren 1894 in New York, ist als enorm einflussreicher Pianist in die Jazzgeschichte eingegangen. Er gilt als „Vater des Stride-Pianos“. Das ist eine Spieltechnik des Ragtimes, die mit besonders agiler linker Hand operiert. Die schickt sich gerne an, eine komplette Rhythmusgruppe zu ersetzen. Andererseits waren seine musikalischen Aktivitäten und Entwicklungen über die Jahrzehnte aber zudem so vielfältig, dass man ihn nicht ausschließlich auf dieses Verdienst reduzieren sollte. Größen wie Fats Waller, Duke Ellington, Count Basie bis hin zu Thelonious Monk würdigten anerkennend seinen Einfluss. 

Er wuchs als jüngstes von fünf Kindern auf. Prägende musikalische Eindrücke seiner Kindheit waren unter anderem das Klavierspiel seiner Mutter, die ihm sein erstes Klavierstück, „Little Brown Jug“, beibrachte. Als die Familie 1902 nach Jersey City zog und seine Mutter das Klavier notgedrungen verkaufen musste, um die Umzugskosten bezahlen zu können, trieb sich der junge James bereits gerne vor Bars und Kneipen herum. Etwa ab 1911 spielte Johnson dann »hauptberuflich« in verschiedenen Cabarets und Clubs. 

Johnson komponierte den „Charleston“ im ­Jahre 1923 als jazzige Tanzmusik. Die lud ganz bewusst zu „wilden“ synkopischen Bewegungen am ganzen Körper ein. Uraufgeführt wurde der Titel in der Broadway-Comedy-Show „Runnin’ Wild“. 

Rhythmisch basiert der Song, stark reduziert beschrieben, auf einem kurzen Motiv. Ein Schlag „auf“ der Zeit und den folgenden zweiten Schlag später, »neben« dem Schlag, also quasi „dazwischen“. Somit auf dem Weg zum »triolischen« Swing, der aber gerade in seinen Anfängen definitiv noch eher etwas »zickig« war. Harmonisch bedient sich die Melodie den damals typischen Harmoniefolgen, im Grunde mit fünf Akkorden
(I – VI7 – II7 – V7 – I).

Vorhang auf für den letzten Streich

Ein kurzer Paukenwirbel, ab Takt 152 sich aufbäumende Charleston-Riffs im ganzen Orchester, verbunden mit der modulatorischen Wendung von As-Dur nach B-Dur, öffnen den Vorhang für den letzten Streich. Ab Takt 158 beginnt der „Original Charleston“. In den ersten vier Takten erscheint er knackig in den Trompeten und Posaunen, komplementär garniert von Zwischenrufen der hohen Hölzer. Ab Takt 162 übernehmen »singende Saxofone«, unterstützt von den Klarinetten, den zweiten Teil des melodischen Ablaufs. Und das war’s dann eigentlich auch schon. Das Muster dieser acht Takte wiederholt sich nuancierend noch dreimal. Zweimal vergleichsweise ähnlich dem Ausgangsgedanken, beim dritten Mal mit deutlich auf Schlusswendung ausgerichteter Melodik, die noch einmal das „Kern-Charleston-Motiv“ stärker in den Vordergrund stellt.

Das Arrangement spart auch hier nicht mit witzigen Effekten, die die Ausgelassenheit der Musik entsprechend klug pointieren. Im letzten Ton der Erstvorstellung des Songs erklingt ein flirrender Modulationsakkord. Und der zweite Anlauf des Charlestons, ab Takt 190, beginnt nun in Es-Dur. Skalenorientierte, umspielende Improvisationen im ganzen Orchester und solistische „Stepptanz-Einlagen“ der Wood Blocks bestimmen die ersten beiden Aufgriffe. Dann ist im dritten Anlauf im Tutti „Showtime“ angesagt. In Stile eines großen Broadway-Finales brilliert das Orchester freudig im lässigen Forte, wohl aufgeräumt und ohne aufdringlich werden zu wollen.

Elegant sind dabei die chromatischen Zwischenlinien in den Hornlagen, die bei aller Aufregung in der Rhythmik insgesamt Zusammenhalt und Glanz ver­breiten. Ab Takt 218 lässt die Coda grüßen. Im Su­bito Piano, sich zum Fortissimo steigernd, ­führen zwei prägende Charleston-Motive, sich immer mehr auf „das“ Prägende reduzierend, zum Schluss des Arrangements. Einen Schluss, der allen Beteiligten ganz zum Ende noch einmal eine „freche Nase zieht“. Indem er einfach nicht aufhört, wann die Form es doch eigentlich vorgeschrieben hätte und auch noch ein keckes „Pfeifen“ hinterherschickt. 

Instrumentation

Stefan Schwalgins Arrangement nutzt die Stärken der Instrumente, die in dieser Stilistik federführend sind. Er beschäftigt sinn- und wirkungsvoll, meist klangsteigernd, die Gruppierungen, die in der Originalversion nicht bedacht wurden, und ist auch bereit und klug genug, gelegentlich mal Verzicht zuzulassen. So ist das Arrangement zum Beispiel sicherlich nicht die Offenbarung für Oboisten, doch rhythmisch und in Sachen Artikulation bekommen alle ihr Fett weg und stehen vor interessanten Aufgaben. Die Tonlagen sind unkritisch, führen die Hölzer nur bei besonderen Effekten in höhere Lagen. Und ganz allgemein ist klanglich immer genug Raum, um das Wich­tigste, ohne atemlos zu werden, zu präsentieren. Die Verwendung von E-Bass und Banjo ist aufwertend möglich, aber nicht zwingend nötig. 

Fazit

Fünf Minuten sympathische und unterhaltende Turbulenzen liegen hier auf dem Notenständer. Ungestüm, frech und schon ein wenig aus dem Rahmen fallend. Ein musikalisches Zeitbild von vor 100 Jahren, aber präsentiert und reflektiert auf den Sachstand der heutigen Zeit. Da fallen nicht nur bei Überleitungen immer wieder lau­nige Kapriolen und synkopische Wendungen an, die durchaus erst erobert werden wollen. Je nach Erfahrungstand eines Orchesters ist man durchaus gut beraten, zum Beispiel ein paar synkopierende Rhythmen, rein als rhythmische Muster bzw. Bausteine, kurz zu Papier zu bringen und diese, letztendlich Stereotypen, zunächst ein wenig vorzustellen und einzustudieren. Sie zu etablieren und vorab zu verinnerlichen hilft, sie bei konkretem musikalischem Bedarf leichter abrufen zu können. Und dann kann er beginnen, der Spaß an dieser Musik, der ja keinesfalls im „Rhythmuskeim“ erstickt werden darf.

Ein Spaß, der auch das Publikum erreichen wird. Wild, keck, verwegen, leidenschaftlich, frivol, optimistisch, unbändig – jeder wird gemäß seiner persönlichen Nähe oder Entfernung zu dieser Zeit seine eigenen Fantasien entwickeln und ein ganz eigenes Lächeln im Gesicht haben.