Wie geht man als Dirigent mit dem Schlagwerk um? Muss man es gelegentlich bremsen? Unterstützen? Vor allem Ernst nehmen! »Ich habe größten Respekt vor Schlagwerkern«, sagt Markus Theinert.
Herr Theinert, wer hat eigentlich die Macht im Orchester? Der Dirigent oder doch der Schlagzeuger?
Um Macht geht es im Orchester ja gar nicht, auch wenn es manchmal vielleicht so praktiziert wird. Die Herausforderung besteht für den Einzelnen darin, seine Funktion so auszugestalten, dass aus den Partien, die der Komponist oder der Arrangeur den jeweiligen Musikern zugedacht hat, eine strukturelle Einheit entsteht. Letztlich ist auch da der Dirigent nur ein Diener des Ganzen und hat nicht mehr oder weniger am klanglichen Gesamtgeschehen mitzubestimmen als der einzelne Musiker im Orchester.
Ein weitverbreiteter Irrtum liegt in der Annahme, dass es hierbei nur um Tempo und Rhythmus ginge, und dass die Schlagzeuger im Orchester auf diesem Gebiet ihre Domäne beanspruchen müssten. Da kann sich dann durchaus ein wenig konstruktives Eigenleben entwickeln. Zugegebenermaßen gibt es solche Tendenzen aber auch bei den Dirigenten, die nicht auf den Klang hören und konsequent gegen das Orchester schlagen.
Ich glaube nicht, dass es hier um einen Machtkampf geht, sondern wirklich um die Frage: Wie passt der Einzelne in das gesamte Bild hinein? Dabei tragen die Schlagwerker natürlich eine ganz besondere Verantwortung, weil sie eben weniger klanglich, sondern vielmehr rhythmisch bestimmt sind.
Die erforderliche Synchronisation muss also nicht nur zwischen Dirigent und Schlagwerk hergestellt werden, sondern auch zwischen den einzelnen Schlaginstrumenten und ihren funktionalen Pendants im Orchester. Denn da gibt es ja vielfältige Kopplungen, zum Beispiel zwischen der kleinen Trommel und den Waldhörnern oder zwischen der Basstrommel, den Pauken und dem Tubaregister. Wir sind hier auf eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten angewiesen.
Aber es ist schon so, dass der Schlagzeuger das Tempo durcheinanderbringen kann, oder?
Manchmal mag dies einfach daran liegen, dass der Dirigent mangels funktionaler Schlagtechnik nicht in der Lage ist, das Tempo zu übertragen. Dann bleibt ihm nichts anderes übrig, als diese Verantwortung an das Schlagwerk zu delegieren und sich auf verbale Korrekturen zu beschränken wie: »Das ist ein bisschen zu schnell! Da treibt ihr! Hier schleppen wir!«
Damit wird der schwarze Peter ja nur an die Gruppe zurückgegeben. Aber es ist die Aufgabe des Dirigenten, in jedem Moment des Stücks mittels Auftaktprinzip und durch jede einzelne Geste die Synchronisation mit dem Klang nicht nur zu zeigen, sondern selbst aktiv mitzugestalten. Ansonsten gibt es keine Chance für die Vereinheitlichung im Orchester.
Aufgrund der akustischen Gegebenheiten ist das Schlagwerk dem Rest des Orchesters mitunter weit überlegen und besitzt weit bessere Projektionsmöglichkeiten. Wenn man es also darauf anlegt, dann kann ein einzelner Schlagzeuger oder die gesamte Gruppe das Ruder natürlich in die Hand nehmen und somit das metrische und rhythmische Geschehen weitgehend bestimmen.