Wood | Von Klaus Härtel

Thorsten Skringer mit neuem Album “Aerosoul Power”

Thorsten Skringer
Foto: Steffen Z. Wolff

Thorsten Skringer legt mit “Aerosoul Power” sein drittes Soloalbum vor. Das kraftvolle ­Album enthält viel Soul und Funk. Wir trafen den Saxofonisten in München, bevor es für ihn am nächsten Tag für neue TV-Show-Produktionen wieder nach Köln gehen sollte.

Zuallererst fällt einem der Name des Albums auf: “Aerosoul Power”. Eine Wortschöpfung, ein Wortspiel. Von Aerosolen können vor allem Bläserinnen und Bläser in der Corona-Pandemie ein Lied singen. Und auch Thorsten Skringer wirkt leicht angesäuert: “Ich möchte – damals wie heute – nicht in der Haut der Politikerinnen und Politiker stecken, aber mit welcher Wucht man die Instrumente als Aerosol-Kalaschnikows verteufelt hat…” Skringer schüttelt den Kopf. “Gleichzeitig waren Züge, Flug­zeuge und Fußballstadien recht schnell wieder voll. Da fehlt mir echt das Verständnis.” Als Protestplatte würde er sein Album zwar nicht gleich bezeichnen, aber “wenn du es als Trotzreaktion werten möchtest – gerne!” Er ist immer noch leicht fassungslos, “mit welch hanebüchenen und abstrusesten Theorien im Zusammenhang mit den Blasinstrumenten diskutiert wurde”.

Der Name “Aerosoul Power” ist übrigens erst ganz am Ende der Produktion entstanden. Denn “Aerosoul Power” ist kein Album, das “dank” Corona entstanden ist. Es ist eher “trotz” Co­rona entstanden. Die Titel waren längst komponiert, das Aufnahmestudio gebucht. Am 20. März 2020 wollte sich Thorsten Skringer mit Wolfgang Norman Dalheimer (Keyboards), Werner Neumann (Gitarren), Renße Flächsenhaar (Bass), Hardy Fischötter (Schlagzeug) sowie den Bläsern Simon Harrer (Posaune) und Lorenzo Lude­mann (Trompete) treffen. Ab dem 14. März war dann aber alles dicht. Also wurde das Projekt erst einmal auf Eis gelegt. “So eine CD kostet ja schließlich Geld”, erklärt der Saxofonist. Und er gibt zu, dass er auch ein bisschen Sorge hatte, wie es nun weiter­gehen würde, weil sämtliche Jobs von heute auf morgen weg­ge­fallen waren. Skringer aber wollte keine “Low-Budget-CD” einspielen, was technisch im Remote-System durchaus möglich gewesen wäre. “Ich wollte das Album ‘live’ einspielen – ohne Kompromisse!”

Thorsten Skringer: “Vielleicht meine bisher beste Platte”

Und so ging die Combo um Thorsten Skringer ziemlich genau ein Jahr später ins Studio und spielte eine sehr soulige, “vielleicht meine bisher beste” Platte ein. Dabei sind die Songs im Vorfeld komplett anders entstanden als bei der Platte davor (“Over the Line“). Bei “Aerosoul Power” sei zunächst die Melodie-Hook da­ge­wesen, erklärt Skringer. “Und um die herum habe ich die Songs komponiert.” Entstanden sind die Ideen zu “Reveal”, “Foonk” oder “Sandpaper” im Auto, beim Üben, in der Garderobe nach einem Soundcheck. “Dafür brauchte ich nicht mal das Saxofon zur Hand zu haben. Die Aufnahme-Funktion am Handy leistet da sehr gute Dienste”, lacht Skringer. Ist die Melodie-Idee erst einmal geboren, ist der Song nicht mehr weit. Bei “Littleone” war es etwas anders: “Das Stück habe ich in der Nacht geschrieben, als ich erfuhr, dass ich Papa werde. Ich wollte eine Melodie schreiben, die man singen kann!” Darüber hinaus finden sich mit “Stinky Winky” und “Skunky Bunky” zwei Titel von Wolfgang Norman Dalheimer auf dem Album. 

Wolfgang Norman Dalheimer ist übrigens auch einer der Musiker, mit denen Thorsten Skringer in den vergangenen Monaten regelmäßig Musik gemacht hat. Als Arrangeur der Band “Heavy­tones” war er dabei, wenn es ins TV-Studio ging. Dort gab und gibt es während Corona noch am ehesten etwas zu tun, wenn man Musiker ist. Geradezu ein Mammutprojekt war die Sat1-Show “Let the music play – Das Hit Quiz” mit Moderator Amiaz Habtu. Hier gehen drei Kandidatinnen bzw. Kandidaten in fünf Spielrunden auf Songtitel-Jagd. Dabei gibt die Live-Band den Ton an. Wer erkennt das Lied im Spiel “Song Buzzer” am schnellsten? Wer errät im Spiel “Remix” den Song im neuen Musikstil? 

100 Songs pro Tag – was sagt die Gewerkschaft dazu?

Die Aufnahmen für diese Show waren nicht ohne, wenn man Thorsten Skringer so zuhört. Die Songs nämlich mussten allesamt vom Blatt und live in der Sendung eingespielt werden. “Da wird nichts korrigiert”, lacht der Saxofonist, “dafür sind Zeit und Budget viel zu knapp.” Dabei liegt die Herausforderung nicht zwingend in der “Live on Tape”-Vorgehensweise oder der Komplexität einzelner Titel, sondern in der schieren Menge an Songs: Pro Show stehen über 30 Titel auf der Agenda, pro Tag werden drei komplette Shows mit über 100 Songs aufgezeichnet. Von 9 bis 19 Uhr muss die Luft reichen. Was sagt die Gewerkschaft dazu? Thorsten Skringer lacht. Ihm macht die Arbeit wirklich Spaß. “Ich bin außerdem sehr froh, dass ich diese Shows habe, denn die Aussicht auf Live-Shows ist weiterhin katastrophal.” 

Wie es mit Auftritten aussieht, erklärt Skringer nachvollziehbar: “In den vergangenen 17 oder 18 Produktionswochen musste ich exakt einen Gig absagen… Das war früher anders.” Vor Corona musste er ständig Termine hin und her jonglieren, um den Platz im Kalender sinnvoll zu füllen. “Ich hoffe nun auf das Frühjahr und die zweite Hälfte von 2022.” Denn wie alle Musizierenden will auch Thorsten Skringer endlich wieder auf die Bühne. Aber weil das gerade eben nicht wie gewohnt möglich ist, ist der Saxofonist den TV-Produzenten auch sehr dankbar. “Corona hat mir zu sehr viel TV-Arbeit verholfen, weil die Produzenten den Einfall hatten: Wenn wir schon ohne Publikum aufzeichnen, dann holen wir uns wenigstens über die Livemusik die Emotionen ins Studio.” Und wer derzeit den Fernseher einschaltet, bekommt die geballte Ladung Live-­Musik verpasst durch Sendungen wie “Wer stiehlt mir die Show” von Joko Winterscheidt, den Free Eurovision Song Contest, die 90er-­Jahre-Show von Thomas Gottschalk oder die Ver­leihung des Deutschen Comedypreises sowie eben “Let the music play”. Musiker der Heavy­tones, von “The Voice” oder “Sing meinen Song” geben sich die Klinke in die Hand.

Let the music play: Thorsten Skringer und Lorenzo Ludemann. (Screenshot: sat1.de)

Thorsten Skringer und seine Saxcamps

Neben den TV-Shows setzt Thorsten Skringer auf seine “Saxcamps”, die er mehrmals im Jahr im Bayerischen Wald abhält. Corona hat auch hier dicke Striche durch die Rechnungen gemacht. “Ostern 2020 – ausgefallen! Das große Bandcamp, das ich seit zwei Jahren geplant ­hatte – ausgefallen! Ostern und Pfingsten 2021 – ausgefallen.” Skringer kritisiert nicht, dass es wegen Corona gewisse Maßnahmen geben musste und muss. Er gibt aber zu, dass er bisweilen entnervt und entkräftet war. Vor allem, “weil es keine Linie gab!” Abstände, Hand­schuhe beim Buffet, das Mieten des Dorfgemeinschaftssaals – alles machbar. “Aber es konnte mir niemand sagen, ob meine Camps stattfinden, obwohl sie als anerkannte berufliche Weiterbildung erlaubt gewesen sein müssten.” Der Musiker zuckt mit den Schultern. Seine Saxcamps werden in Zukunft vorerst einmal als 2G- oder 3G+-Veranstaltungen steigen. Je nachdem, wie sich “die Lage” entwickelt. Geimpft oder genesen muss man sein. Er findet: “Das ist einfach sicherer. Vor allem auch planungssicherer…”