Aus der Fülle der Fragen, die Malte Burba immer wieder erreichen, greifen wir jeden Monat einige heraus, die alle interessieren könnten. Im aktuellen Beitrag geht es um Mundhöhlentöne, Strahlkraft wie Louis Dowdeswell und die Aerosole in der Kammermusik. Wenn Sie eine Frage haben, die auf dieser Seite beantwortet werden soll, dann mailen Sie an: burba(at)brawoo.de
Wieso komme ich beim Üben von Tönen nur aus der Mundhöhle höher als mit Atemluft?
Wieder einmal die falsche Frage, hinter der ein latenter Selbstvorwurf steckt! Die Frage müsste lauten: Wie kann ich Fähigkeiten von einer Situation (Mundhöhlentöne) in eine andere (Atemlufttöne) hinüberretten? Machen Sie sich immer wieder klar: Unvermögen ist der Normalfall und keineswegs Ihr persönliches Versagen. Und in allem, was Sie von dem Unvermögen emanzipieren könnte, liegt eine Chance für Sie, die Sie nutzen sollten! Als Sie das Laufen auf zwei Beinen gelernt haben, führte auch nur positive Empirie zum Erfolg. Vermeiden Sie also das überflüssige Analysieren von vermeintlichen Misserfolgen! (siehe Clarino 1/2019)
Ich würde gerne ab c³ aufwärts eine Strahlkraft wie Louis Dowdeswell haben. Aktuell spiele ich ein „Bach 1-1/2“-Mundstück und habe für das Lead-Spiel einige spezielle Mundstücke bestellt. Allerdings kommt da fast kein Ton raus und ich habe das Gefühl, dass meine Lippen vorne im Kessel anstoßen. Haben Sie eine Empfehlung?
Mit dem Problem sind Sie nicht alleine, denn wenn das Mundstück zu klein ist, stoßen Sie irgendwann im Kessel an. Ist es zu groß, ballert es nicht. Und dann gibt es Mundstücke, auf denen Sie für kurze Zeit hoch und laut spielen können, die aber für fünf Stunden Tanzmusik viel zu klein sind.
In der Regel sollte der Einstieg in den Kessel etwas senkrechter (Apfelform) sein und nicht zu flach (V-Kessel). Es wird Ihnen also nichts anderes übrigbleiben, etliche Male beim Mundstückbauer oder beim gut sortierten Fachhändler vorbeizuschauen. Aber auch wenn Sie jetzt fündig werden: Nichts ist für die Ewigkeit. Aus dem Mundstück, das sich momentan als optimal erweist, können Sie dann auch schnell wieder herauswachsen – und alles geht wieder von vorne los. Ihr Händler freut sich! (siehe Clarino 9/2012)
Droht bei Kammermusik oder beim Unterrichten eine besondere Infektionsgefahr von dem Aerosol, das aus dem Trichter kommt?
Mittlerweile gibt es haufenweise mehr oder weniger eindeutige Untersuchungen über Blechblasinstrumente als Beschleuniger oder Verstärker bei der Übertragbarkeit von Viren. Auch wenn sich während des Spielens die Infektionsgefahr in Grenzen hält, haben wir beim unvermeidlichen Wasserausleeren einen gewaltigen Ausstoß an Material (Speichel, Speisereste, Hautpartikel), das ohne Weiteres als Virentaxi fungieren kann.
Wenn Sie beispielsweise Spitballs (mit Reinigungsmittel getränkte Schaumstoffkügelchen) durch das Instrument pusten, werden Sie staunen, wie weit diese fliegen können! Und diejenigen Blechbläser, die nicht ganz dicht sind, bei denen also mit teilweise gewaltigem Aplomb Luft seitlich neben dem Mundstück entweicht, sind bei diesen Überlegungen noch nicht einmal berücksichtigt.
Tatsache ist, dass der Umsatz an Luft, verunreinigtem Kondensat, Sekreten etc. bei Blechbläsern wesentlich größer ist, als wenn im Raum nur gefiedelt würde. Deshalb sollte beim Unterrichten und bei Kammermusik für einen ausreichenden Sicherheitsabstand (zwischen 3 und 5 Meter), gegebenenfalls in Kombination mit Schutzscheiben, gesorgt werden. Selbstverständlich sollte man auch häufiger lüften und das ausgeleerte Wasser hygienisch entsorgen.
Die größere Gefahr liegt trotzdem eher beim Spieler als beim Zuhörer. Durch das viel häufigere Einatmen (leider oft durch den Mund!) erhöht sich zwangsläufig das Infektionsrisiko. Da wir jetzt aber alle im Corona-Exil erlebt haben, was Online-Unterricht zu leisten vermag, plädiere ich dafür, zukünftig zweigleisig zu verfahren: Präsenzunterricht und Online-Unterricht im Wechsel. Dadurch verringert sich für alle Beteiligten zumindest statistisch jedes Risiko um 50 Prozent!