Die CLARINO-Serie "Sie haben das letzte Wort" ist zwar in Interview-Form gehalten, sie soll aber einmal andere Fragen beinhalten, als man sie aus "normalen" Interviews kennt. Durch ungewöhnliche und nicht alltägliche Fragen will die Redaktion Neues vom Künstler erfahren. Die Fragen beginnen immer gleich. Wir sind gespannt auf nicht immer gleiche Antworten…
Wann war das letzte Mal, dass Sie sich gewünscht haben, einen "richtigen Job" gewählt zu haben?
Rupert Fankhauser: Eigentlich ist das schon lange her. Mein Plan B mit 18 war, an der Universität für Bodenkultur oder auf der Sportuni zu studieren, aber als ich die Aufnahmeprüfung in Wien geschafft hatte, gab es nie mehr einen Zweifel für mich. Es gibt keinen schöneren Job und ich finde, wir sind sehr privilegiert. Die kreative Beschäftigung mit der Musik in verschiedenen Kombinationen und Besetzungen, das Reisen, interessante Begegnungen, auch als Lehrer die Arbeit mit jungen Leuten. Das ist ein toller Beruf. Vielleicht kann man als Arzt, Anwalt, Manager mehr "Kohle" machen, aber ich würde nicht tauschen.
Wann war das letzte Mal, dass Ihnen die Unterschiede zwischen österreichischer und deutscher Mentalität deutlich wurden?
Hubert Salmhofer: Durch meine deutschen Kollegen am Konservatorium bin ich regelmäßig damit konfrontiert. Ein deutscher Kollege meint: Ein österreichisches "Ja!" kann "Vielleicht" oder "Schauen wir mal" heißen. In extremen Fällen wird es auch ein "Nein", manchmal bedeutet es sogar "Ja". Für diese nicht bös’ gemeinte Eigenschaft ist eine speziell österreichisch eingerichtete Tonbeugung zuständig. Ein deutsches "Ja" bedeutet hingegen "Ja". Bei Besprechungen unter Österreichern wird vorerst ausgiebig über das Befinden jedes einzelnen oder der Familie gesprochen und dann geht es langsam zur Sache. Mit deutschen Gesprächspartnern geht es in der Regel sofort zur Sache.
Wann war das letzte Mal, dass Sie darüber diskutiert haben, statt einer "clarinet connection" ein "trumpet consort" zu gründen?
Rupert Fankhauser: Manchmal beneide ich die Blechbläser um ihre dynamische Präsenz. Wenn die richtig "Gas geben", dann macht das sogar im Freien was her. Da brauchen wir schon unseren "5. Mann" – eine gute Akustik. Aber Canadian Brass zum Beispiel war ein großes Vorbild für uns, auch was die Präsentation und den Humor betrifft.
Wann war das letzte Mal, dass Sie an Benny Goodman gedacht haben?
Wolfgang Kornberger: Ein Student von mir spielte kürzlich das Copland-Klarinettenkonzert. Da denke ich immer an Benny Goodman, der ja der Widmungsträger ist. Es gibt die Aufnahme mit Benny Goodman und dem Columbia Symphony Orchestra. Man hört hier an der Artikulation und am Vibrato, dass er Jazzmusiker ist. Das passt für dieses Stück wunderbar, es gibt aber Stellen, da bemüht er sich, "klassisch" zu spielen. Interessanterweise versuchen gerade bei diesen Stellen viele der heutigen Interpreten, "jazzig" zu klingen. Goodman wollte wahrscheinlich zeigen, dass er alle Stile beherrscht, seine größte Stärke lag aber sicher in der Improvisation im Swing.
Was ihn für mich sehr sympathisch macht, ist, dass für ihn Rassentrennung nicht existierte. Er vereinte weiße und schwarze Musiker in einer Band, ohne auf Konventionen seiner Zeit Rücksicht zu nehmen. Goodman war schon sehr früh ein Star, er hatte eine eigene Radiosendung, spielte in Filmen, feierte riesige Erfolge, sowohl mit kleinen als auch mit großen Besetzungen. Er ist, weltweit betrachtet, sicher der berühmteste Klarinettist aller Zeiten.
Wann war das letzte Mal, dass Sie in Schloss Schönbrunn waren?
Wolfgang Kornberger: Im Schloss drinnen war ich schon lange nicht mehr, das letzte Mal, als ich vor einigen Jahren aufs WC musste. Ich bin oft im Schlosspark zum Laufen oder zum Spazieren. Im Winter gibt es dort einen sehr schönen Weihnachtsmarkt.
Wann war das letzte Mal, dass Sie gedacht haben: "Ein Quartett funktioniert ähnlich wie eine Ehe!"?
Hubert Salmhofer: Intensives gemeinsames Proben und Musizieren in einem Ensemble ist eine sehr hohe Form der Auseinandersetzung mit dem Gegenüber. Ähnlich wie in einer Ehe ist die Entwicklung eines Ensembles ein Prozess des gemeinsamen Wachsens, der nicht umgangen oder beschleunigt werden kann. Da wird von allen Rücksicht, Geduld und gegenseitiger Respekt gefordert. Das ist Lebensschule pur, und diese Erfahrungen kann man dann in allen Lebensbereichen einsetzen. Ich habe in unserem Quartett sehr viel gelernt und bin froh über so viele gemeinsame Jahre.
Wann war das letzte Mal, dass Sie geweint haben?
Helmut Hödl: Am 17. Mai 2016 um 22.33 Uhr bei der Geburt meines ersten Kindes.
Wann war das letzte Mal, dass Sie etwas Verbotenes getan haben?
Rupert Fankhauser: Als leidenschaftlicher Stadtradler in Wien täglich. Ich habe auch in den letzten Jahren mehr Strafmandate mit dem Radl gezahlt als mit dem Auto.
Wann war das letzte Mal, dass Sie sich wünschten, Schauspieler geworden zu sein?
Hubert Salmhofer: Schauspiel hat mich nie besonders gereizt, zumal meine Mutter früher immer meinte, ich sei ein Schauspieler. Anscheinend habe ich ihr immer irgendwelche Blödheiten vorgegaukelt. Viel mehr interessiert mich aber die Entstehung von Filmen. Ich wäre lieber ein Regisseur. Mir ist aber auch bewusst, dass in jedem von uns ein kleiner Schauspieler steckt, den man von Zeit zu Zeit auspackt… wenn es sein muss.
Wann war das letzte Mal, dass Sie gerne mit Oskar Oehler diskutiert hätten?
Wolfgang Kornberger: …wenn ich im Mozart-Klarinettenkonzert die Bb7-Zerlegung übe oder auch beim Unterrichten. Er hätte vielleicht eine Lösung, das f¹ mit dem Gabelgriff sauber hinzubekommen, was diese Stelle sehr erleichtern würde. Ich habe noch einige Ideen für deren Umsetzung, die ich gerne mit einem innovativen Instrumentenbauer erarbeiten würde.
Es gibt gewisse Traditionen, die im Klarinettenbau beibehalten werden, obwohl es mittlerweile sicher bessere Lösungen für bestimmte Probleme gibt. Warum traut sich niemand, eine Klarinette mit einer zweiten Überblasklappe zu bauen? Oboe und Saxofon haben so etwas, obwohl der Tonumfang viel geringer ist. Die Klarinettisten plagen sich (aus Tradition) mit einer Überblasklappe und kämpfen mit Intonationsproblemen und Tonansprache. Die Instrumente und Innovationen von Oskar Oehler waren über sehr lange Zeit das Nonplusultra im Instrumentenbau. Ich denke, es ist jetzt an der Zeit, Mut zu Neuem an den Tag zu legen.
Wann war das letzte Mal, dass Sie einen Kollegen beneidet haben?
Helmut Hödl: Jedes Jahr in den Weihnachtsferien, wenn die Kollegen Urlaub haben und ich im Orchester weiterspielen muss…
Wann war das letzte Mal, dass Sie von einem Schüler/Studenten mehr gelernt haben als der von Ihnen?
Wolfgang Kornberger: Das passiert mir immer wieder. Durch das Unterrichten bin ich oft gezwungen, für Probleme Lösungen finden zu müssen. Probleme, die mir oft gar nicht bewusst waren. Von den "schweren Fällen" lernt man am meisten. Wo ich sehr viel gelernt habe, ist der Didaktik-Unterricht. Ich unterrichte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Didaktik für Klarinette. Dort bin ich gezwungen, viele akustische "Phänomene", die sich beim Klarinette spielen ergeben, erklären zu müssen.
Es gibt hier kein vollständiges Lehrbuch. Viele Dinge, die ich weiß, hab ich von Studierenden und Schülern gelernt. Wichtig sind für mich die Fragen, die mir gestellt werden oder die sich stellen. Hier eigene Antworten zu finden, ist etwas Schönes und Wertvolles. Es hat für mich vielleicht mehr Wert als für diejenigen, die diese Antworten bekommen. Umgekehrt zeigt das, wie wichtig es ist, den Studierenden die richtigen Fragen zu stellen.
Wann war das letzte Mal, dass Sie im Ernst-Happel-Stadion waren?
Helmut Hödl: Ich glaube vor drei Jahren, als Austria Wien in der Champions League gespielt hat. Für einen Österreicher ein besonderes Ereignis… Aber wir werden besser.
Wann war das letzte Mal, dass Sie ein Kino wegen der Musik verlassen haben?
Rupert Fankhauser: Ich hab noch nie einen Film wegen der Musik verlassen, aber bei Filmen, die ganz ohne Musik auskommen, da bekomm ich oft fast Beklemmungen. Da tu ich mir eher schwer zu bleiben. Meist, wenn die Musik mir gefällt, kauf ich mir den Soundtrack.
Wann war das letzte Mal, dass Sie "so richtig" Urlaub gemacht haben?
Helmut Hödl: Ich mache jedes Jahr im Sommer mindestens fünf Wochen Urlaub, da es von September bis Juni bei mir ohne wirkliche Pause durchgeht. Der Sommer ist für mich in den letzten Jahren heilig geworden. Eventuell komponiere ich etwas, aber das ist keine Arbeit, sondern Therapie.