Wood | Von Redaktion

Warum bleibt der Blattrücken unbearbeitet? Neues von Reedmaster

Viele Blasmusiker sind Tüftler und Bastler. Auch und vor allem Holzbläser bilden da keine Ausnahme. Das Blatt und die Bearbeitung dessen sind oftmals ein großes Thema. Die Suche nach dem perfekten Blatt ist eine schier endlose. Auch Walter Lauermann von der Firma “Reedmaster” ist ein solcher Tüftler und Bastler. Nachdem er schon eine neue Blattschraube entwickelt hat, widmet er sich nun den Blättern. Und dabei stellt er folgende Ausgangsfrage: “Warum bleiben Holzblätter für Klarinette und Saxofon im Spannbereich des Blattrückens unbearbeitet? Diese Frage konnte bisher weder ein Musiker noch ein Blätterhersteller plausibel beantworten!” Wir lassen ihn hier höchstpersönlich zu Wort kommen und ihn seine Gedanken mit uns teilen.

Seit es Klarinetten gibt, sind die zum Musizieren erforderlichen Rohrblätter in ihrer Grundform weitgehend unverändert geblieben. Diese Rohrblätter – auch die an historischen Instrumenten – weisen allesamt eine ebene  Auflagefläche auf, einen Vibrationsbereich (Ausstich oder Schnitt genannt) und einen Endabschnitt (Blattrücken oder Spannbereich genannt). 

Während sich sämtliche Entwicklungsschritte in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten auf den Ausstich oder Schnitt konzentrierten, weil dieser Bereich entscheidend die Schwingungseigenschaften, also den schönen Klang des Blattes bestimmt, blieb der Spannbereich völlig unbeachtet. Alle im Handel angebotenen Rohrblätter sind – “wie vor 100 Jahren” – im Spannbereich naturbelassen, sprich: unbearbeitet. 

Jeder Musiker, ob Klarinettist oder Saxofonist, weiß, dass ein Blatt nur gleichmäßig schwingen kann, wenn es mit gleichmäßigem Druck auf das Mundstück geklemmt wird. Diese Grundvoraussetzung kann ein naturbelassener, “krummer” Blattrücken nicht gewährleisten! (siehe hierzu die Zeichnungen Fig. 1 + 2)

Reedmaster

Unterschiedliche “krumme” Rücken

Diese “krummen” Rücken sind von Blatt zu Blatt sehr unterschiedlich, so dass die meisten Blattschrauben die Ungenauigkeiten beim Spannvorgang nicht bzw. nur ungenügend ausgleichen können. Den Beweis liefern die Musiker selbst, denn nach deren Aussagen sind von durchschnittlich 10 gekauften Blättern je nach kritischem Klangtest doch nur 2 bis 3 Blätter verwendbar. 

Nach Aussagen von Musikern darf der auf den Tisch des Mundstücks aufgespannte Teil des Blattes keinesfalls, auch nicht partiell, mitschwingen, da sonst die Charakteristik des Schnitts verfälscht würde.

Reedmaster hat dieses “Dilemma” aufgegriffen und die Rohrblätter durch technische Innovation so veredelt, dass die beschriebenen Schwachpunkte der Blätter entfallen. Zur Erläuterung der vorgenommenen Veredelung ist festzuhalten, dass das Blatt bekanntlich in einen Vibrationsbereichund einen Spannbereich unterteilt ist.

Die Veredelung tangiert nur den Spannbereich, denn eine Blattschraube kann ein Blatt nur dann mit gleichmäßigem Flächendruck auf ein Mundstück klemmen, wenn der Spannbereich des Blattes diesen gleichmäßigen Flächendruck auf das Mundstück weitergeben kann.  

Es gibt Blattschrauben der unterschiedlichsten Lösungsansätze, alle mit dem Ziel, das Symptom “schräger Blattrücken”  zu kaschieren. Die Entwicklungsarbeit bei Reedmaster beseitigt die Ursache des Problems auf erstaunlich einfache Weise durch die  Nacharbeit des Blattrückens. Hiermit ist die Grundvoraussetzung geschaffen, dass alle Blattschrauben die neuen Präzisionsblätter mit gleichmäßigem Druck kompromisslos auf das Mundstück klemmen können. 

Die Quelleigenschaften des Rohrholzes

Ein weiterer Grund, den Blattrücken von der gewachsenen Rohrrinde zu befreien (auch nur teilweise) sind die Quelleigenschaften des Rohrholzes. Bei jeder Benutzung des Rohrblattes nimmt dieses Feuchtigkeit auf. Die Kapillarwirkung transportiert diese Feuchtigkeit entlang des Faserverlaufs auch in den hinteren Spannbereich des Blattes. Bei allen Blättern – ohne bearbeiteten Blattrücken – bewirkt die Quellung eine sicht- und auch messbare Wölbung der Auflagefläche, hervorgerufen durch die harte Rohrrinde, die der Quellung nicht nachgibt und in diesem Bereich wie eine Klammer wirkt (siehe hierzu die Zeichnungen Fig. 3 + 4)

Reedmaster

Die Auflösung der Klammerwirkung der Rohrrinde verleiht dem Blatt eine neue, sehr positive Flexibilität. Das Blatt schmiegt sich bei Feuchtigskeitsaufnahme während des Spiels satt und vollflächig auf den ebenen Tisch des Mundstückes. Aufgrund der gleichmäßig wirkenden Klemmkraft der Blattschraube ist sichergestellt, dass das Blatt definitiv nur im eigens dafür ausgebildeten Vibrationsbereich über der Bahn des Mundstücks schwingen kann.

Ein wichtiger Aspekt wird erst durch die präzise Bearbeitung des Blattrückens eröffnet: Exakte Bestimmung der Blattstärken in ¼ -Schritten!

Übrigens, jede Musikerin und jeder Musiker profitiert vom Vorteil eines rücken-bearbeiteten Blattes, egal, welche Blattschraube benutzt wird! Es gibt innerhalb der bearbeiteten Blätterserien Unterschiede in der Bespielbarkeit, die dann zur Bevorzugung oder zum Ausschluss führen. Jedoch ist dann dieses letzte Kriterium im Naturprodukt “Holz” zu suchen und durch die Bearbeitung des Blattrückens nicht beeinflussbar.

https://www.reedmaster.de

Hinweis in eigener Sache: In der Ausgabe 1/2-2022 der BRAWOO werden wir die Blätter von Reedmaster zusätzlich unter die Lupe nehmen.