Peter Laib kennen die meisten sicher durch Ernst Hutter & seine Egerländer Musikanten – oder als Groove-Maschine bei Moop Mama. Neben seinen fantastischen Qualitäten als Musiker ist Peter inzwischen auch Master of Science in Mentalcoaching. Wie ihm diese zusätzliche Ausbildung (seine Geheimwaffe) beim Üben hilft, hat er im Interview verraten.
Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für mich …
… Spaß haben, kreativ sein und immer wieder auch dasselbe tun.
Was meinst du mit “immer wieder dasselbe tun”?
Für mich hat sich eine kurze, feste Übe-Routine bewährt. Diese ändere ich in der Regel alle drei Monate. Diese Routine (circa 30 Minuten) kann ich dann nach ungefähr zwei bis drei Wochen ganz gut. Sie ist dann meine Referenz, wie fit ich aktuell bin.
In dieser Routine sind Atem-Übungen, Mundstück und Tuba spielen enthalten. Nach den 30 Minuten weiß ich ziemlich genau, in welchem Bereich es gerade “klemmt”. Zum Beispiel Bindeübungen, die nicht so gut funktionieren, ein Anstoß, der etwas indirekt ist oder der Sound, der etwas zu eng ist.
Anhand dieser Erkenntnis kann ich dann entscheiden, was ich genau an Übungen brauche, um mich an diesen, eben ausgemachten Schwachstellen, zu verbessern. Andernfalls übt man ja oftmals irgendetwas, ohne Konzept.
Für mich ist immer wichtig, dass Üben Sinn ergibt. Ich möchte immer an meinen aktuellen Defiziten arbeiten bzw. an den Dingen, die ich verbessern will. Das ist im Grunde meine Idee beim Üben.
Du machst einen kleinen “Realitätscheck”, der dir verrät, wo du gerade stehst. Anschließend gehst du gezielt ein Problem an?
Genau. Und dadurch, dass man diese halbe Stunde über einen längeren Zeitraum macht, bekommt man ein gutes Gefühl dafür, wie gut etwas geht. In dieser Zeit wird alles abgedeckt: von pianissimo bis fortissimo, schnell, langsam, Technik, Chromatik, ein paar Tonleitern, Bindeübungen und Naturtonreihen – eben alles, was man so macht als Bläser.
Hast du immer schon nach diesem Konzept geübt oder ist das eher etwas Neues?
Nein, das Konzept habe ich vor circa vier bis fünf Jahren für mich entdeckt. Sicher ist es keine Neuerfindung. Mir ist es irgendwann einmal auf Tour mit den Egerländern aufgefallen. Hier sind wir ja im Grunde zwei Generationen: einmal meine Generation und dann Musiker, die circa 25 bis 30 Jahre älter sind. Vor allem die älteren Kollegen, die schon lange im Business sind, spielen sich immer mit den gleichen Sachen ein.
Ich habe damals immer wieder neue Übungen zum Einspielen genommen. Dann kam aber die Erkenntnis, dass man nur an den gleichen Übungen erkennt, wie fit man eigentlich gerade ist.
Deine Bachelor-Arbeit hatte die Atmung zum Thema. Auf deinem Patreon-Kanal habe ich gesehen, dass du die Arbeit damals mit einem Arnold-Jacobs-Zitat über das Autofahren begonnen hast. Was war denn damals die größte Erkenntnis dieser Arbeit?
Meine größte Erkenntnis danach war, dass 99 Prozent des Könnens von der Atmung abhängt. Und dass für mich Begriffe wie Ansatz oder Ähnliches fast vernachlässigbar sind, wenn die Atmung gut funktioniert.
Gerade auch die Schule von Arnold Jacobs verfolgt im Grunde diese Herangehensweise. Wenn man sich damit viel beschäftigt, lösen sich ganz viele Probleme quasi von selbst.
Arnold Jacobs sagte, dass man im Grunde zwei Instrumente spielt: Das Instrument im Kopf und das in der Hand. Hat Arnold Jacobs dich auch zum Mentalcoaching gebracht?
Arnold Jacobs war definitiv die Initialzündung umzudenken. Ich habe mich mehr mit Atmung beschäftigt und weniger mit der Frage: “Mache ich alles perfekt mit der Muskulatur um den Mund?”
Das mit dem Mentaltraining allerdings kam bei einem privaten Spaziergang. Ich spiele leidenschaftlich gerne Alphorn und schreibe auch gelegentlich für Alphorn-Ensemble. In meiner Heimat gibt es einen großen Wald. Dieser ist mein Kraft- und Ruheort. Bei einem Spaziergang durch diesen Wald kam der Gedanke, dass ich gerne mal irgendwann mal – anstelle des auf die Dauer anstrengenden Tourlebens – etwas machen möchte, wo ich zu Hause wäre und in der Natur bin. Daraufhin entstand die Idee mit ein bis zwei Personen Alphorn-Kurse im Wald zu geben.
Damit dies allerdings nicht rein musikalisch bleibt, wollte ich die Kurse um ein Kommunikationstraining ergänzen. Allerdings hatte ich Bedenken, dass es dann schnell zu esoterisch klingen würde. So kam ich zu dem Entschluss, dass ich noch zusätzlich eine gute und fundierte Ausbildung in der Richtung Mentaltraining brauche.
Du hast für deine Masterarbeit verschiedene mentale Interventionen beim Üben untersucht. Nutzt du diese selbst auch täglich?
Auf jeden Fall benutze ich diese Methoden auch. Ich sehe das so: Ich habe einen Werkzeugkoffer mit ganzen vielen mentalen Interventionen. Denn die Tage unterscheiden sich ja voneinander. Der eine Tage ist mal total schlecht, weil man einen Misserfolg gehabt hat und dann benötigt man eine bestimmte mentale Intervention. Dann gibt es aber eben auch tolle Tage, an denen alles wie von selbst zu laufen scheint. Natürlich braucht man dann keine Intervention. So ein Werkzeugkoffer mit mentalen Interventionen ist wie eine Geheimwaffe, die niemand sieht – aber die man trotzdem immer bei sich trägt. Dadurch hat man große Vorteile, weil man flexibel auf bestimmte Ereignisse reagieren kann.
Kannst du uns dafür mal ein Beispiel geben?
Da gibt es eine Übung, die ich auch gerade selbst mache. Es geht darum, wie man einer generell negativen Stimmung entgehen kann. Man schnappt sich einen Song, mit dem man positiv verbunden ist. Bei mir wäre das etwa Stevie Wonder “You are the sunshine of my life”. Ich empfehle einen Song, der nicht länger als drei Minuten geht.
Man zählt während des Liedes auf, entweder laut oder in Gedanken, wofür man gerade dankbar ist. Sowohl im beruflichen, als auch im privaten Kontext.
- Ich bin happy, dass ich bei den Egerländern spiele.
- Ich bin unglaublich glücklich, dass ich mit einer Band wie Moop Mama auf so großen Festivals spielen kann.
- Ich bin dankbar, dass ich Musiker bin.
- Ich freue mich, dass ich so eine tolle Partnerin habe.
So kann man es schaffen, innerhalb von kurzer Zeit, negative Gedanken auszublenden und eine sogenannte positive Affektlage herzustellen.
Jeder kennt es ja: Wenn du schlecht gelaunt bist, fällt alles viel schwerer. Und seitdem ich diese Übung entdeckt habe, mache ich sie auch selbst, bevor ich anfange zu üben. Man investiert einfach zwei Minuten und schon schafft man es, gute Laune zu haben. Gerade in unserer Branche ist es brutal mit Existenzängsten und Sinnkrisen. Deshalb finde ich es wichtig, dass man von Zeit zu Zeit solche kleinen Interventionen macht, um vorzubeugen und sich das Leben etwas leichter zu machen. Weil es geht. Man kann es sich leichter machen, wenn man möchte.
Der Podcast “Wie übt eigentlich?”
Patrick Hinsberger studierte Jazz-Trompete an der Hochschule der Künste in Bern. In seiner Podcast-Reihe “Wie übt eigentlich..?” spricht er einmal im Monat mit Musikerinnen und Musikern aller Genres über das Intimste und Geheimnisvollste in ihrem Alltag: das Üben. Die Folgen kann man auf allen bekannten Streamingdiensten, wie Spotify, Apple Podcast & Co., kostenlos anhören.