Inzwischen gibt es eine Auswahl an alternativen S-Bogen-Schrauben für das Saxofon, die Klang und Ansprache verbessern oder zumindest verändern sollen. Während unter Trompeterinnen und Trompetern die Verwendung von sogenannten „Heavy Caps“ gang und gäbe ist, fragen sich viele Saxofonistinnen und Saxofonisten, ob S-Bogen-Schrauben, Klangbögen oder auch Daumenhaken eine spür- und hörbare Auswirkung haben oder nur kostspielige Gimmicks sind. In diesem persönlichen Erfahrungsbericht möchte ich versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Grundsätzlich lässt sich die individuelle Klangvorstellung mit der Wahl des richtigen Mundstücks, Blattes und S-Bogens am effektivsten umsetzen. S-Bogen-Schrauben haben dagegen einen geringeren Einfluss und lassen sich vielleicht am ehesten mit dem Effekt von Blattschrauben vergleichen. Wenn man mit dem Grundsetup aus Instrument, Mundstück, Blatt und S-Bogen zufrieden ist, kann aber eine andere S-Bogen-Schraube noch mal ein gewisse Feinjustierung bewirken. Nebenbei gestaltet sich das Handling der runden Schraubenköpfe etwas angenehmer als die Bedienung der ab Werk mitgelieferten Flügelschrauben.
Material vs. Masse
Manche Firmen sowie Spielerinnen und Spieler beschreiben einen hörbaren Unterschied im Obertonbereich bei der Verwendung verschiedener Materialien. Die Schrauben werden wahlweise aus Neusilber, Messing, Stahl, Kupfer, Silber sowohl versilbert als auch vergoldet gefertigt. Yanagisawa und SaxGadgets bieten sogar Modelle mit wechselbaren Gewichten an. Für meine Ohren sind jedoch weniger die Materialien als vielmehr die unterschiedlichen Gewichte ausschlaggebend. Die schwingende Masse macht den kleinen, aber feinen Unterschied.

Aber was genau bewirkt das zusätzliche Gewicht? Mehr Masse sorgt bei meinem Setup für etwas mehr Blaswiderstand. Das Instrument nimmt meine Energie besser auf und scheint mehr zu schwingen. Ich habe das Gefühl, dadurch lauter spielen zu können. Der Ton erscheint etwas zentrierter und kerniger. Gleichzeitig klingen die Obertöne „gedeckelter“. Auch bei lautem Spiel mit Mikrofon und InEar-Monitoring wirkt der Klang so weniger schrill, denn hohe Mitten und Höhen (etwa 1 bis 10 kHz) wirken in diesem Kontext oft unangenehm. Aber: Je schwerer die Schraube, desto mehr spüre ich auch eine gewisse „Anblas-Schwelle“. Leise Töne und Subtones sprechen mit schweren Schrauben minimal schlechter an, was also beispielsweise für Anfängerinnen und Anfänger oder in kammermusikalischen Situationen kontraproduktiv sein könnte.
Psychologie und Placebo
Diese subjektiven Eindrücke lassen sich sicherlich nicht verallgemeinern. Auch mag die Zuhörerin oder der Zuhörer sie ganz anders wahrnehmen, als die Spielerin bzw. der Spieler selbst. Womit wir bei einem weiteren, nicht zu verachtenden Punkt wären: der Psychologie. Ein neues Spielzeug bedeutet oft auch neue Spielfreude, die sich positiv auf das Musizieren und die Tonproduktion auswirken kann. Wer zudem die freudige Erwartung hat, dass eine besonders schwere Schraube einen besonders „fetten“ Sound erzeugt, der wird womöglich auch damit belohnt; letztlich ist es dann vielleicht egal, ob dies nun physikalische oder psychologische Gründe hat – Placebo hin oder her.
Fazit
Sollte man sich also jetzt eine neue S-Bogen-Schraube zulegen und wird der Sound dadurch grundlegend verbessert? Lässt sich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung eines speziellen Modells aussprechen? Die Antwortet lautet eindeutig: Jein! Mit regelmäßigem Üben und der Entwicklung einer individuellen Klangvorstellung ist man im Zweifel sehr gut bedient.
