Brass, Orchestra, Praxis, Wood | Von Sandra Engelhardt

Was übst du eigentlich, wenn du übst? (10): Doppelzunge

»Tonleitern mit Sechzehnteln auf 120 – erst darüber darfst du Doppelzunge benutzen.« Diese »Erlaubnis« einer meiner Lehrerinnen war seinerzeit für mich ein enormer Ansporn, meine einfache Zunge zu trainieren. Denn Ziele sind ja bekanntlich wichtig für die Motivation – und es gibt wohl beim Musikmachen und beim Üben kaum ein klareres Ziel, als beim Training eine bestimmte Metronomzahl zu erreichen – sei es nun Zungentraining oder Fingertraining.

Interessanterweise habe ich nach erfolgreichem Erreichen dieses Ziels dann sehr ungern die Doppelzunge verwendet. Lieber habe ich mein Einfach-Zungen-Training noch intensiviert – klang die Doppelzunge doch nun im Vergleich so starr. Die Bewegung fühlte sich stoppelig, ungelenk an. Ich hatte das Gefühl, die Doppelzunge nicht kontrollieren zu können. Und Tonleitern liefen mit Doppelzunge eigentlich auch viel ungleichmäßiger als mit der einfachen Zunge…

Zungentraining und Aufmerksamkeit

In der Rückschau kann ich mir das so erklären, dass ich zum einen durch das intensive Zungentraining ganz allgemein meine Aufmerksamkeit geschärft hatte – und so schlicht deutlicher gemerkt habe, wenn Finger und Zunge nicht zusammen waren. Ich kann mir gut vorstellen, dass das vor dem Trainingsbeginn nicht schlechter war – und mir nur nicht aufgefallen ist.

Zum anderen hatte ich meine Zunge einseitig trainiert. Der Stoß mit der Zungenspitze war (so hoffe ich rückwirkend) klar und präzise. Die Koordination mit der Fingerbewegung hatte ich geübt, meine Aufmerksamkeit lag auf dieser Verbindung. Was damals wichtig gewesen wäre: ein anschließendes oder auch paralleles bewusstes Training der Doppelzungenbewegung und ein bewusster Vergleich zwischen der Position der Zunge bei diesen beiden Bewegungsarten. Stattdessen habe ich lange einen Bogen um die Doppelzunge gemacht.

Also betrachten Sie die Tipps in diesem Artikel als eine Art Altersweisheit – denn selbstverständlich habe ich mich irgendwann dem Thema gestellt. Und spätestens beim Unterrichten, als die ersten Schüler an genau diese Punkte gestoßen sind, an denen ich damals hängenblieb, wollte ich doch unterstützen können. Und so habe ich das Bewegungstraining der Zunge auch für mich selbst noch einmal neu entdeckt.

Der Beginn mit dem Doppelzungentraining

Eine schnelle und präzise Bewegung der einfachen Zunge ist nach meiner Erfahrung nicht Voraussetzung für den Beginn mit dem Doppelzungentraining. Vielmehr übe ich heute mit meinen Schülern recht früh beide Spielweisen – als Flexibilitätstraining, das die bewusste und aktiv gesteuerte Bewegung der Zunge unterstützt.

Wichtig ist zunächst (wie bei der einfachen Zunge) das Gefühl für eine gute Ausgangsposition der Bewegung. Vielleicht hilft Ihnen die in Clarino 5/18 vorgestellte »Jede-Übung«. Also die Idee, dass die Zunge im Mund liegt wie beim Sprechen des Wortes »jede«: Die Seiten liegen bei der Bewegung ruhig an den leicht geöffneten Zähnen, die Zungenspitze ist frei und stößt leicht hinter den oberen Schneidezähnen.

Wenn Sie jetzt die Aufmerksamkeit auf den Zungengrund lenken, haben Sie mit der Silbe »je« (also mit dem »j«) einen guten Punkt für den hinteren Anschlag bei der Doppelzungenbewegung gefunden. Wenn Sie das Wort »jede« schnell sprechen, können Sie spüren, dass die Zunge um die an den Zähnen anliegenden Seiten »wippt« – die ideale Ausgangs­position für eine schnelle Doppelzunge. Wenn Sie nun von »je-de« zu »je-ge« übergehen, sind Sie nur noch einen Schritt von »de-ge« entfernt.

»g« oder »k«?

Womit wir bei einer der großen Doppel­zungen-Fragen sind: Soll es »de-ge« oder eher »te-ke« oder vielleicht »dö-gö« sein? Oder gar »tö-kö«, »ti-ki« oder »dü-gü«? Meine Antwort ist nicht überraschend – das kommt (mal wieder) darauf an: auf den Stil des Stücks, auf Ihre individuelle Vokalfärbung, auf das Tempo der Stelle, darauf, ob es eher Tonwiederholungen sind oder ob verschiedene Töne einzeln angestoßen werden sollen…

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