Rastede bereitet sich auf ein musikalisches Großereignis der Extraklasse vor: Die Rasteder Musiktage stehen in diesem Jahr unter einem ganz besonderen Stern, denn die Weltmeisterschaft der World Association of Marching Showbands (WAMSB) wird den Residenzort in einen Schauplatz internationaler Musikalität verwandeln. Vom 27. bis 30. Juni wird ein spektakuläres Programm präsentiert, das Musikliebhaber und Kulturfans aus aller Welt anziehen wird.
Aktuell haben sich 86 Bands aus 14 Nationen mit nahezu 3500 Teilnehmenden für dieses Ereignis angemeldet. Das Herzstück des Festivals, die Show-, Marsch- und Konzertwertungen finden im malerischen Schlosspark und in der Mehrzweckhalle Feldbreite statt. Ein besonderes Highlight wird auch das Drum Battle sein, bei dem sich die Percussion-Gruppen in einem energiegeladenen Wettstreit messen. Das Programm setzt sich am Samstag mit ganztägigen Veranstaltungen fort. Highlights sind ab 10 Uhr die Musikparade im Ort und das spektakuläre Programm auf dem Turnierplatz, das mit einer eindrucksvollen Siegerehrung und einem brillanten Feuerwerk den Höhepunkt erreicht. Auch am Sonntag finden Konzertwertungen in der Halle Feldbreite statt. Auf dem Turnierplatz steigen Marsch- und Showwettbewerbe, die mit dem großen Finale am Nachmittag enden.
Für weitere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen und dem stets aktuellen Programm besuchen Sie die speziell eingerichtete Webseite: www.wm-rastede.de
Was es genau mit der WM auf sich hat, wollten wir von Hans-Dieter Buschau wissen.
Buschau begann seine musikalische Laufbahn als Mitglied eines Spielmannszugs, der in eine Marching Band umgestellt wurde, in der er Flöte und Trompete spielte. Nachdem er den Verein als musikalischer Leiter übernommen hatte, war dieser sehr erfolgreich und wurde Deutscher Meister. 1987 wurde er Juror für verschiedene Verbände. 2007 wurde er Juror der WAMSB.
Hans-Dieter Buschau ist neben seinem Beruf als Lehrer an einem Gymnasium, Landesmusikdirektor für Musik in Bewegung im Niedersächsischen Musikverband, stellv. Bundesmusikdirektor Spielleute der BDMV und Mitglied des WAMSB Board of Directors. In Rastede bewertet Buschau bereits seine 9. Weltmeisterschaft. Zuvor war er neben Europa auch schon in Nord- und Südamerika sowie Asien als Juror tätig. Er weiß also, wovon er spricht.
Herr Buschau, in Rastede finden Ende Juni die Weltmeisterschaften der WAMSB statt. Erklären Sie unseren Lesern doch einmal kurz, was die WAMSB ist.
Hans-Dieter Buschau: Die WAMSB ist die World Association of Marching Showbands, das heißt, in ihr sind alle Formationen vereint, die Musik in Bewegung zeigen, sei es als Show oder auch in Form eines Umzugs auf der Straße. Vertreten ist die WAMSB auf allen Kontinenten der Erde, wenn auch noch nicht in allen Ländern. Die WAMSB mit ihrem Präsidenten und Gründer Robert Eklund hat seinen Sitz in Calgary/Kanada, wo 1996 auch die erste WM stattfand.
Welchen Stellenwert nimmt Deutschland in diesem Verband ein?
In Deutschland hat das Interesse an der WAMSB zugenommen, seitdem die Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände (BDMV) dort Mitglied ist. Man darf aber nicht vergessen, dass es vor dem Beitritt seitens der BDMV im Jahre 2012 schon enge Verbindungen zur WAMSB gab. Bereits 2001 und 2012 fanden in Potsdam zwei Weltmeisterschaften statt und 2007 wurden die Rasteder Musiktage dort Mitglied. Deutsche Vereine haben immer wieder auch an der WM in Übersee teilgenommen, ein dortiger Rekord war zuletzt 2019 in Calgary mit sieben deutschen Teilnehmern.
Jetzt also wieder Deutschland. Welche Kategorien werden in Rastede durchgeführt?
In Rastede gibt es die Kategorien Show, Marsch, Straßenparade, Drum Battle – und auch Konzert. Es kam seitens vieler teilnehmender Vereine auch der Wunsch nach einer Konzertwertung auf, so dass diese auch regelmäßig seit 2017 – zuvor auch schon einmal 2015 in Dänemark – angeboten wird. Auch diese findet auf hohem Niveau statt für alle Kategorien vom Sinfonischen Blasorchester bis zum Spielmanns- und Fanfarenzug. Ein Höhepunkt in Rastede wird sicherlich das Showfinale am Sonntag sein.
Sind die Showbands durch ihre spektakulär zusammengestellten Programme der auffälligste Programmpunkt? Was passiert hier genau? Mit »normalen« Spielmannszügen haben diese nicht viel gemeinsam, oder?
Nein, sicherlich darf man sich hier nicht die durchschnittlichen Spielmannszüge vorstellen, die man von Volksfesten kennt, was aber nicht heißt, dass auch nicht einmal ein traditioneller Marsch gespielt wird. Im internationalen Teilnehmerfeld sind es auch nicht im Wesentlichen Spielmannszüge, die zu sehen sind. Das ist auch das Schöne, dass wir alles erleben: Spielmannszüge, Fanfarenzüge, Drum & Bugle Corps, Drumbands und auch viele Blasorchester. Die Übergänge sind hier fließend. So hatten wir auch schon zum Beispiel Dudelsackformationen als Teilnehmer.
»Amerika, du hast es besser«, hat schon Goethe gemeint. Ist das Verhältnis der Amerikaner zum Zusammenspiel von Unterhaltung und Leistung tatsächlich ein »unkomplizierteres«? Das scheint im Sport ja ganz ähnlich zu sein, wenn ich an den »Super Bowl« im American Football denke.
Natürlich hat Amerika in vielerlei Beziehung mit der Verknüpfung zu Sportveranstaltungen Vorteile, was die Shows angeht, damit auch in Teilen finanziell und personell andere Voraussetzungen. Allerdings haben Asien und Lateinamerika hier mächtig aufgeholt, wenn nicht in Teilen sogar überholt. Und auch wir Europäer und besonders die deutschen Formationen genießen ein hohes Ansehen in etlichen der genannten Kategorien.
Und noch ein Zitat: »Wettbewerbe sind etwas für Pferde, nicht für Musiker«. Das soll der Komponist Hector Berlioz einmal gesagt haben. Welche Kriterien werden bei der Bewertung angewandt?
Das Thema Wettbewerbe wird ja gerne immer wieder in seinen Grundsätzen diskutiert, wobei ich den Eindruck habe, dass besonders in Deutschland gerne das Zitat von Berlioz hinzugezogen wird. International gibt es hier weniger Probleme, sich leistungsmäßig zu messen. Wichtig ist überall aber auch die Begegnung mit anderen Musikerinnen und Musikern und das freundschaftliche Miteinander.
Gewertet werden die Rubriken Musik, Visuell und Effekt (Effekt = Wirkung des dargebotenen Programms in musikalischer und visueller Hinsicht). Dabei wird nicht nach Besetzungsformen unterschieden, das heißt im sogenannten weltweit angewandten »One World System« wird jeder Teilnehmer nach den Möglichkeiten seiner Besetzungsform bewertet. Dies fordert von der Jury ein hohes Maß an Kenntnissen, damit man zum Beispiel einen Spielmannszug mit einem sinfonischen Blasorchester vergleichen kann. Daher gibt es bei der zehnköpfigen Jury ein entsprechend erfahrenes Team, das sich auch weltweit zusammensetzt und die Standards kennt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass kulturell ebenfalls sehr unterschiedliche Stilrichtungen geboten werden, was das Programm sowohl für das Publikum als auch für die Jury interessant macht.
Welchen Stellenwert oder welche Rolle hat dabei das Publikum? Es handelt sich ja nicht um ein »klassisches Konzertpublikum«.
Das Publikum spielt natürlich eine große Rolle. Neben der möglichst objektiven Bewertung ist dies ein entscheidender Faktor für die Musikerinnen und Musiker sowie Tänzerinnen und Tänzer auf dem Feld. Wenn der entsprechende Effekt erzielt wird, das Publikum mitzureißen, motiviert das natürlich während der Darbietung, sich im Verlauf der Show noch zu steigern. Und erfahrungsgemäß wird Rastede wieder ein großartiges Publikum haben.
Was erwarten Sie von den Weltmeisterschaften generell? Dürfen Sie einen Tipp abgeben, wer gewinnt?
Natürlich wünschen wir uns wieder viel Publikum bei hoffentlich gutem Wetter, also nicht zu nass, aber auch nicht zu heiß. Ebenso hoffen wir, dass alle anvisierten Teilnehmer ihre Reise finanziell und personell realisieren können. Man mag sich vorstellen, dass eine Reise nach Übersee nicht leicht zu stemmen ist. Da sind schon schnell einmal 100 000 Euro zu investieren. Und eine öffentliche Förderung im großen Rahmen gibt es generell leider weltweit nicht. Ansonsten hätten wir ganz andere Teilnehmerzahlen und vertretene Länder. Interessenten gibt es im Vorfeld immer mehr, als die Anzahl derjenigen, die schließlich dann auch die Reise realisieren können – genau wie bei den deutschen Vereinen, wenn es denn etwa nach Amerika oder Asien gehen soll.
Wir erhoffen uns eine super Stimmung unter den Teilnehmerinnen, Teilnehmern und dem Publikum und natürlich eine hohe Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, um Werbung für das Hobby der Musik zu machen und an internationalen Begegnungen teilzunehmen.
Tipps für die Sieger einzelner Kategorien hätte ich durchaus – die darf ich aber hoffentlich verständlicherweise als Juryvorsitzender bei der WM nicht abgeben!