News, Orchestra | Von Klaus Härtel

Wie geht es der Amateurmusik in der Pandemie?

BMCO

“Wie geht es den Ensembles der Amateurmusik während der Corona-Pandemie?” ist der Titel einer Umfrage, die der Bundesmusikverband Chor & Orchester (BMCO) durchgeführt hat. Nun liegen die Ergebnisse vor. Zusammengefasst: Die Lage ist angespannt.

Es gibt Stimmen von Blasmusikexperten, die prognostizieren, dass 50 Prozent der Amateurblasorchester die Pandemie nicht überleben. Das scheint ein wenig hochgegriffen zu sein und ist sicherlich auch dem Frust geschuldet, dass das Amateurmusizieren bei der Politik nicht ge­rade ganz oben auf der Liste steht.

Und der Frust ist nachvollziehnbar, wenn es etwa im ­hessischen Sozialministerium heißt: “Chor- und Orchesterproben, die nicht beruflich bedingt sind und für die deshalb kein öffentliches Inte­resse besteht, dürfen daher aktuell nicht statt­finden.” Und weiter: “Zusammenkünfte und Veranstaltungen mit geselligem Charakter (zum Beispiel Chorproben, Junggesellinnen- und Jung­gesellenabschiede) können aufgrund der aktuellen pandemischen Lage nicht im besonderen öffentlichen Interesse stehen.” Bei allem Verständnis für den Gesundheitsschutz braucht die Amateurmusikszene auch mal eine Perspektive. Zumal sich die Politik in Nicht-Pandemie-Zeiten gerne mit Kultur zu schmücken weiß.

Konzerte fallen aus, Probebetrieb liegt brach

Laut der Umfrage der BMCO sind fast 90 Prozent aller Konzerte ausgefallen und auch der Proben­betrieb liegt weitgehend brach. Zu helfen wusste man sich mit Kleingruppen-Proben, Proben im Freien sowie “digitalen” Proben. 75 Prozent der Befragten melden zwar (noch) keine Austritte aus ihren Ensembles, wenn es aber zu Austritten kommt, verabschieden sich eher jüngere und ältere Mitglieder, also die Altersgruppen, die für Nachwuchs und Tradition stehen.

Die Befragten wurden gebeten, anhand vorge­gebener Kriterien die Stimmung in ihren En­sembles zu beschreiben. Dabei ergab sich: Die größten Sorgen machen sich die Befragten um den sozialen Zusammenhalt in ihrem Ensemble (73 Prozent). Sorgen um die musikalische Qualität sind vorhanden, aber deutlich geringer (58 Prozent). Viele empfinden Traurigkeit oder Wut über den Ausfall von Proben und Konzerten (61 Prozent). Etwa die Hälfte (52 Prozent) fügt sich mit geduldigem Abwarten in die Situation. Freude an den neuen Probenformaten erleben nur 12 Prozent der Befragten. 

Es wird Veränderungen in der Amateurmusik geben

Marcus von Amsberg, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim BMCO, ist sich sicher, dass es Veränderungen im Amateurmusikbereich geben wird. Das sei quantitativ schwer zu ermessen, doch er denkt, dass durch verschiedene Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen eine gewisse Verdrängung stattfinden dürfte, “weil sich die Rahmenbedingungen ändern”. Von Amsberg ist zuversichtlich, dass “das Bedürfnis nach gemeinsamem Musizieren wahnsinnig groß ist und weiterhin sein wird”. Die Betonung liegt dabei auf “gemeinsam”, denn das Publikum sei nicht das primäre Amateurproblem – “es geht zunächst um die Probensituation”. 

Und hier setzt die Lobbyarbeit des BMCO und des hier verankerten Kompetenznetzwerks aus 15 mitwirkenden Musikverbänden an. Das Team von 20 hauptamtlichen Mitarbeitenden berät Orchester- und Chorleitungen, ehrenamtliche Vorstände und Musizierende bei der Entwicklung und Umsetzung von Hygienekonzepten. Das Kompetenznetzwerk erstellt zudem hilfreiches Material und gibt Inspiration zu kreativen Lösungen in Pandemiezeiten.

In Politik und Öffentlichkeit macht es sich für die Interessen der Amateurorchester stark. Durch eine enge Zusammenarbeit mit der Wissenschaft erarbeitet das Netzwerk Konzepte zur sicheren Wiederaufnahme von Proben und steht der Politik mit konkreten Empfehlungen als verlässlicher und kompetenter Partner zur Verfügung, um so auch politisch den musikalischen Neustart voranzutreiben. Da geht es beispielweise auch um die lückenlose Nachverfolgung von eventuellen Infektionen oder Teststrategien vor Proben. “Es gibt Möglichkeiten!” lautet das Signal an die Politik. 

Vor allem aber möchte man die zahlreichen Mitglieder der Vereine motivieren, durchzuhalten. Einen genauen Zeitpunkt kann es nicht geben, aber beim BMCO ist man sich sicher: Bald wird wieder musiziert.

bundesmusikverband.de

Alexandra Link beschreibt in ihrem Beitrag, was Vereine derzeit tun, um “am Ball” zu bleiben.