»Anfangsunterricht mit fünf- bis achtjährigen Kindern? Sollten die nicht erst einmal Blockflöte lernen?« Wenn ich meine Workshops gebe, kann ich Wetten darauf abschließen, dass diese Frage gestellt wird – denn sie kommt immer. Meine Antwort ist ganz einfach: »Warum sollten wir die Neugier auf unser Instrument ausbremsen?«
»Frau Engelhardt, Frau Engelhardt!« Kaum habe ich die Tür zu meinem Unterrichtsraum geöffnet, steht Rieke schon aufgeregt zappelnd vor mir. »Guck mal!« Und während Amelie und Hannes an mir vorbeistürmen und sich ihre Lieblingsplätze am Tisch sichern, steht Rieke breit grinsend vor mir und präsentiert stolz ihr zahnloses Lächeln. »Wow«, sage ich anerkennend, »noch einer weniger!«
Sie hat jetzt gar keine Schneidezähne mehr. »Und hast du schon mal probiert, wie das mit dem Flötenspielen so geht?«, frage ich leicht skeptisch nach, doch Rieke winkt gleich ab. »Na ja, die Luft kitzelt irgendwie, aber Apfel essen geht jetzt gar nicht mehr…«. Und damit ist das Thema für sie erledigt.
Querflötenunterricht für Fünf- bis Achtjährige
Wie beneidenswert, so unverkrampft mit Schwachstellen umzugehen. Nicht zu verzweifeln, wenn es mal nicht so gut klingt; die Freude am Flötespielen nicht zu verlieren, weil »Flötespielen« so viel mehr bedeutet als perfekte Töne zu produzieren… Seit ich mit den jungen Anfängern arbeite, werde ich immer wieder damit konfrontiert, wie freudlos das Selbstverständliche ist – und welche Welten es zu entdecken gibt in dem für uns »fertig« ausgebildete Instrumentalisten so selbstverständlichen Umgang mit unserem Instrument und dessen Spielweise.
Gelernt habe ich dies tatsächlich im Scheitern. Als ich begann, mit kleinen Anfängern zu arbeiten, musste ich schnell feststellen, dass es mit größeren Notenlinien und lustigen Liedern allein nicht getan war. Wie kann es gelingen, die Kinder nicht zu überfordern, aber gleichzeitig meinem Anspruch an den Erwerb flötistischer Fertigkeiten gerecht zu werden?
Aus dieser Überlegung heraus entstand »Wir flöten QUER!«, eine Konzeption für den Unterricht mit fünf- bis achtjährigen Kindern. Der Fokus liegt auf der Arbeit im Gruppenunterricht, doch auch im Einzelunterricht hat sich die Methode bewährt.
Die Kernpunkte der Konzeption
- Aufbau einer soliden Spieltechnik: Bewusstheit altersgerecht vorbereiten
- NotenLesenLernen: Verknüpfung von Schrift, Klangvorstellung und Bewegungsempfinden
- Entwicklung von Rhythmusgefühl und Pulsempfinden
- Miteinander spielen, voneinander lernen: die Möglichkeiten des Gruppenunterrichts kreativ nutzen, seine Grenzen erkennen und akzeptieren
- Ensemblespiel von Anfang an: Musik als Gemeinschaftserlebnis; Hinführung zum Partiturlesen
- Lernen im Musizieren: Ausdruckslust, Emotionalität und Neugier fordern und fördern