Nur 20 Minuten habe man für das Gespräch mit Alison Balsom, hatte es im Vorfeld geheißen. Zum Glück schaut die Trompeterin nicht auf die Uhr. Das Interview dauert wesentlich länger. So lang, dass hier nun der zweite Teil erscheint. Im ersten Teil ging es um Solo vs. Orchester, Sozialisierung, Konzertvorbereitung und Mundstücke.
Nach dem Mundstück-Talk, der kürzer als erwartet ausfiel, kommt man noch einmal zum Thema Musikvermittlung. Über die Sozialisierung in englischen Brassbands und bayerischen Blaskapellen hatte man ja schon gesprochen. »Community Music« ist das Stichwort, das Ulrich Haider in den Ring wirft. Und obwohl die Idee aus England stammt, scheint Alison Balsom dies nicht zu kennen.
Uli Haider erklärt. Eine Säule der »Community Music« sei das gemeinschaftliche Musizieren, was in Deutschland etwa auch die Hausmusik sein kann. Dann sei das das Musizieren einer Community – also etwa das Musizieren in der bayerischen Blasmusik oder auch beim Samba in Brasilien. Und schließlich ist »Community Music« gezielte soziale Intervention zwischen einem Workshopleiter, einem Community-Musiker und einer Gruppe. Durch Musikprojekte in der Gemeinschaft sollen Dinge bewegt oder verändert werden. Alison Balsom hört interessiert zu und nickt zustimmend. Kurze Zwischenfrage:
Wie wichtig ist es denn, dass jeder mit klassischer Musik in Kontakt kommt?
Alison Balsom: Das ist nicht so einfach zu beantworten und auch schwierig, im Allgemeinen zu beurteilen. Es gibt zahlreiche Programme, die lokal, regional und sogar national angelegt sind. Wirklich wichtig ist es aber, dass man den richtigen Lehrer hat. Der muss inspirierend sein und leidenschaftlich. Und er muss hart arbeiten.
Ich sehe manche Regierungsprogramme kritisch, weil ich glaube, dass sie den falschen Ansatz haben und eher kurzsichtig sind. Es wäre ja auch wesentlich einfacher, Geld dafür auszugeben, dass Leute mit dem Rauchen aufhören, als es dafür zu verwenden, die Krankheiten zu bekämpfen, die sie durch das Rauchen bekommen haben. Das Geld muss man ausgeben, bevor es zu spät ist! Es gibt so viele Möglichkeiten, Musik in die Gemeinschaft hineinzubekommen.
Man ist sich weitgehend einig, dass Musik ein Muss in der Gesellschaft ist. Und dass es wichtig ist, dass so viele Menschen wie möglich mit Musik in Berührung kommen. Die drei Gesprächspartner wissen aber ebenso, dass die »richtige« Pädagogik, Enthusiasmus, Idealismus und vor allem auch eine Menge Geld vonnöten sind. Pädagogik ist dann das Stichwort für den Trompeter Guido Segers.
Guido Segers: Wie hast du eigentlich angefangen, Musik zu lernen? Hattest du sofort das Instrument zur Hand?
Alison Balsom: Ich weiß nicht, ob ich die Frage verstanden habe…
Guido Segers: In Deutschland bekommt man gleich zu Anfang ein Instrument in die Hand gedrückt und spielt. Erst danach lernt man, die Noten zu lesen. Als ich angefangen habe, habe ich ein Jahr lang Theorieunterricht gehabt, Noten gelesen und zugehört, was der Lehrer auf dem Klavier gespielt hat. Diese Noten habe ich dann aufgeschrieben. Ich denke, dass ist unheimlich wichtig für später.
Alison Balsom: Da stimme ich dir aber nicht zu! Es ist doch furchtbar, immer nur zuzuhören.