Seit Andreas Martin Hofmeir sein Karriereende angekündigt hat – und die Abschiedstournee auf unbestimmte Zeit verlängert hat, ist er aktiver denn je. Wir haben ihn trotzdem kurz erwischt – irgendwo zwischen dem Musikkabarett »Kein Aufwand«, einem Workshop und einem Solokonzert. Jüngst hat er die fabelhafte CD »Stradihumpa« herausgebracht. Das wirft Fragen auf…
Herr Hofmeir, ganz ehrlich, hätten Sie jemals gedacht, dass Sie mit einem Geiger einmal eine Platte machen würden?
Natürlich nicht, also jedenfalls nicht so. In einem Orchesterprojekt ist ja die Zusammenarbeit von Geigern und Tubisten leider kaum vermeidbar, aber als Duett? Also wenn überhaupt, dann hätte ich an so etwas nur mit einer hübschen Geigerin gedacht…
Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Beni und ich arbeiten schon seit zwölf Jahren gemeinsam in der Professorenschaft am Mozarteum in Salzburg, und wir gehören wohl zu den buntesten Vögeln dort. Wir scheren uns beide nicht um die Trennung zwischen E- oder U-Musik, wir machen beide Jazz, das verbindet.
Wie viel der jeweiligen Klischees stecken in Ihnen als Tubist bzw. im Geiger?
Mehr als man denkt. Menschen sind zwar ganz individuell, aber die Gruppe prägt dann doch. Bei den Tubisten herrscht schon mehr Gemütlichkeit, aber auch mehr Phlegma, die Geiger sind natürlich etwas divenhafter, aber auch deutlich aktiver. Ausnahmen gibt’s aber immer.
Ein Album ist – wenn man so will – auch immer eine Botschaft. Was möchte der Botschafter Andreas Martin Hofmeir den Tubisten »da draußen« mitteilen? Und was den Geigern?
Dass nichts unmöglich ist, und dass man nie nie sagen sollte. Den Tubisten möchte ich zeigen, dass gerade für unser Instrument Pionierleistungen wichtig sind. Wir haben noch nicht genug gutes Repertoire, um uns darauf auszuruhen. Und den Geigern möchte ich sagen: Keine Angst vor unserem Ungetüm! Wir können auch fein und elegant! Und natürlich genauso schnell…
Erläutern Sie doch kurz die Hintergründe der Originalkompositionen! Wurden diese im Vorfeld mit den Komponisten besprochen? Sind die Komponisten auf Sie zugekommen oder umgekehrt?
Wir haben uns die Komponisten gesucht, und zwar welche, bei denen wir große Qualität mit sehr individueller Tonsprache kombiniert gesehen haben. Aber nachdem der Auftrag erteilt wurde, wurde auch nicht mehr verhandelt. Der Komponist komponiert wie er will, und wir müssen dann sehen, dass wir das spielerisch hinkriegen. Ich halte nichts davon zu feilschen, nur weil Passagen zu schwer sind. An so was wächst man doch. Und Beni denkt da genauso.
Wie ging die Werkauswahl bei den »Beinahe-Originalen« und den Klassikern vonstatten? Diskutiert man mit einem Geiger anders als mit einem Bläser?
Es gibt natürlich gänzlich anderes Repertoire. Komponisten, von denen ich noch nie gehört hatte… Händel zum Beispiel, kennen Sie den? Der hat gelebt, da gab es noch gar kein so hoch entwickeltes Musikinstrument wie die Tuba.
Den Bazzini muss man übrigens wirklich nicht kennen, der hat nur ein bekanntes Stück geschrieben, und das kennen auch nur die Geiger, weil es so schwer ist. Also auf der Tuba liegt’s gut. Zwei Stücke sind dann noch von Georg Breinschmid, das ist eine österreichische Jazz-Legende am Kontrabass, das lag nahe. Und die zwei Landler von Jan Koetsier gibt es tatsächlich schon lange. Und irgendwas Alpenländisches haben wir schon noch gebraucht.
Beim kommenden »Woodstock der Blasmusik« werden Sie als »Woodmaster« agieren – »Woodstock! Genau mein Ding!« War das Ihre erste Reaktion?
Meine erste Reaktion: Woodmaster, was ist denn das?
Welche Auftritte dürfen wir erwarten?
Ich werde fünf- bis sechsmal auftreten, bis mich keiner mehr sehen kann: auf der Hauptbühne mit meiner verrückten Tubaformation »European Tuba Power«, mit meiner großartigen Jazzband und mit MaChlast sowie zweimal je zwei unterschiedliche Auszüge aus meinen Kabarettprogrammen. Und vielleicht ergibt sich ja noch was vor Ort…
Ist auch was mit LaBrassBanda geplant? Das wäre ja dann die sensationellste Reunion seit den Spice Girls!
Lassen wir uns überraschen! Und danke für den Vergleich mit den Spice Girls, ich hoffe, er hat sich auf das Optische bezogen.
Etwas anderes waren die drei Konzerte und eine CD-Produktion mit der Sächsischen Bläserphilharmonie – wie war’s?
Wunderbar. Es hat sich mal wieder bestätigt, dass dieses Orchester eines der nettesten weit und breit ist. So viel Enthusiasmus für die Musik, das steckt richtig an!
Was wird auf der CD »Great Britain Classics« zu hören sein?
Es wird ein ganz und gar englisches Programm, aber wir haben es trotzdem »durchgekriegt«. Außer dem Tubakonzert von Williams gibt es zur Hälfte Renaissance und Barock sowie Holst und Elgar. Also ein weiter Bogen.
Das erwähnte Tubakonzert von Ralph Vaughan Williams ist eines der wenigen – aber immer mehr werdenden – Tubakonzerte. Wie ist da der Stand der Dinge?
Es kommen immer mehr tolle nach. Ich habe drei ganz fantastische von Jörg Duda geschrieben bekommen, die werden den Williams irgendwann überrunden. Roland Szentpali hat ein wunderbares geschrieben, aus Portugal und den USA kamen unlängst wieder schöne neue Werke, und ich habe auch gerade eines bei einem sehr berühmten Komponisten in Auftrag gegeben… Mehr darf ich aber nicht verraten.
Sprechen wir noch kurz über das Schwerpunktthema der aktuellen CLARINO: »Ist (Blas-)Musik weiblich und/oder männlich?« Sie sind zur Tuba gekommen wie die Jungfrau zum Kinde, heißt es. Ihre Tuba heißt Fanny – welche Rolle spielen Frauen sonst so in Ihrem Leben?
Die Frau an sich ist natürlich eine unendliche Inspirationsquelle, unsere Muse, die Schönheit, die es zu umschreiben gilt. Vor allem, wenn sie gut kocht.
Haben Sie schon Dirigentinnen erlebt? Dirigieren die anders als Männer?
Habe ich schon, ja. Allerdings sehe ich da keinen signifikanten Geschlechterunterschied im Dirigat, das ist sowieso sehr individuell. Frauen haben in der Regel da vorne etwas weniger Wurschtigkeit um ihre Außenwirkung, das macht sie anfangs oft einen Ticken nervöser. Aber wenn das Orchester fair ist, gibt sich das schnell.
Warum hat Ihr Instrument eigentlich einen Frauennamen?
Alle Tuben haben Frauennamen. Vermutlich weil bis vor nicht allzu langer Zeit alle Tubisten Männer waren. Oder weil sie so weich und kurvig ist und mit der Zeit Dellen bekommt…
Spielen immer noch zu wenige Frauen die Tuba? Warum ist das eigentlich so?
Die wenigsten Frauen wollen schwer heben. Ansonsten würde die weiche Eleganz des Tubaklangs schon zur Weiblichkeit passen. Wir wären froh und dankbar um mehr Damen auf unseren Tubakongressen! Dann wäre auch der tubistische Nachwuchs kein Problem mehr.