„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, wusste schon Matthias Claudius im 18. Jahrhundert. Und bevor jemand eine Reise tut, so hat er was zu planen. Von diesen Planungen und Umsetzungen im Zuge einer Südafrika-Reise kann das Modern Sound[s] Orchestra aus Seelze berichten.
Als im Sommer 2018 der Leiter der Bläserakademie, Jens Enders, auf den Vorstand des Jugendblasorchesters Seelze zukam und fragte, ob das Modern Sound[s] Orchestra Lust auf eine Konzertreise nach Südafrika hätte, waren alle Feuer und Flamme: Erste Angebote von Reisebüros waren aber ernüchternd. Professionell organisiert erschien die Reise – da sie von allen Teilnehmern selbst finanziert werden musste – sehr teuer. Über 2000 Euro pro Person standen im Raum.
Also fand sich ein sechsköpfiges Orga-Team zusammen, um diese Reise ein Jahr lang intensiv vorzubereiten. Damit möglichst viele mitkommen konnten, mussten der optimale Zeitpunkt, die optimale Reisedauer, ein passendes Konzert und Ausflugsprogramm, Flüge nach Südafrika, Instrumententransport und -ausleihe in Südafrika, der Transport vor Ort, die Finanzierung der Reise und vieles mehr gut durchdacht und organisiert werden.
Finanzielle Unterstützung
Durch den intensiven Einsatz des Orga-Teams konnte der Durchschnittspreis der Reise auf etwa 1200 Euro reduziert werden. Und dank der finanziellen Unterstützung durch das Land Niedersachsen und das Goethe-Institut, die durch gestellte Anträge durch den geschäftsführenden Vorstand des Vereins initiiert und von beiden Parteien genehmigt wurden, mussten nicht einmal alle Kosten durch die Reiseteilnehmer selbst getragen werden.
Im Frühjahr 2019 stand dann fest, dass die Reise stattfinden würde. Um es möglichst vielen Musikern zu ermöglichen, diese Reise anzutreten, konnten Übernachtungen in Gastfamilien, Hostels oder Hotels gebucht werden.
Das Ausflugsprogramm war so gestaltet, dass jeder an den Punkten teilnehmen konnte, die er/sie gern mitmachen wollte. Letzte Besetzungslücken, die es leider trotz dieses äußerst variabel gestalteten Reiseprogramms gab, wurden schnell mit befreundeten Musikern, die sich hervorragend ins Stammorchester integrierten, geschlossen.
Abwechslungsreiches Konzertprogramm
Dirigent Henning Klingemann und einige Musiker, die sich auch sonst in der „Notenfindungskommission“ um das Repertoire des MSO kümmern, stellten ein abwechslungsreiches Konzertprogramm auf die Beine. Neben der Nationalhymne Südafrikas standen sowohl Beethovens Ouvertüre zu „Egmont“, Originalkompositionen wie die „Tom Sawyer Suite“ von Franco Cesarini, „Lord Tullamore“ von Carl Wittrock, Bigband-Musik wie „Birdland“ sowie Film- und Musicalhits auf dem Programm. Besonders gut kamen auch die Zugaben „Pata Pata“ und „Highland Cathedral“ beim Publikum an.
Drei Wochen vor der Reise fand ein Konzert in Springe in der Nähe von Seelze statt, damit auch das deutsche Publikum dieses Programm hören konnte. Damit die Fans zu Hause auch während der Reise wussten, wo man gerade war und welche Dinge die Musiker dort erlebten, wurden die Highlights des jeweiligen Tages direkt aus Südafrika auf der Facebook-Seite geteilt.
Organisatorische Herausforderungen
Organisatorisch waren im Vorfeld einige Herausforderungen zu meistern: Flugpreise für Gruppen findet man nicht einfach so im Internet, sondern nur auf Anfrage direkt bei den Airlines. Es wurden also bei diversen Airlines Angebote für die Reisegruppe eingeholt. Wichtig war dabei eben nicht nur der günstige Preis, sondern auch die Flexibilität.
Möglichst lange Zeit sollten Teilnehmer angepasst werden können – denn zum Zeitpunkt der Entscheidung, die Reise anzutreten, standen noch nicht alle Teilnehmer final fest.
Außerdem mussten der Instrumententransport und die dafür anfallenden Kosten gleich mit eruiert werden: Bei nicht ganz unwesentlichen Kosten für die Aufgabe von größeren Instrumenten war recht schnell klar, dass etwa das Schlagwerk größtenteils in Südafrika ausgeliehen werden musste.
Reiseveranstalterversicherung
Eine weitere Herausforderung war, dass der Verein, der für die Mitreisenden diverse Reiseleistungen gebucht hat, als Reiseveranstalter aufgetreten ist und somit auch als solcher haftbar war.
Die „normale“ Vereinsversicherung war dafür allerdings nicht ausreichend, weshalb zusätzlich eine Reiseveranstalterversicherung abgeschlossen wurde, die eine Insolvenzversicherung, Haftpflicht- und Vermögensschadenhaftpflicht speziell für die Reise abgedeckt hat. Bei der Ausarbeitung der Reiseroute war es hilfreich, dass zwei Mitglieder des Orga-Teams bereits in Südafrika gewesen sind und die Verhältnisse vor Ort kannten. Es war dadurch einfach, interessante Bausteine für das Ausflugsprogramm entlang der Reiseroute zu definieren. Denn diese Reise sollte schließlich nicht nur musikalisch, sondern auch kulturell und landschaftlich interessant sein.
Die Kontakte zu Gastfamilien wurden durch Jens Enders und die Moravian Brass Band Union of South Africa koordiniert. Über diese Kontakte wurde dann auch die Ausleihe des Schlagwerks und einer Tuba organisiert. Die Suche nach Hostels und Hotels, die je Stadt möglichst dicht beieinander liegen und gute Bewertungen haben sollten, waren sehr zeitaufwendig, da auch hier die Gruppengröße häufig normale Online-Buchungssysteme sprengte und individuelle Anfragen gestellt werden mussten.
Wichtiges Thema Reisebus
Das Thema Reisebus ließ sich von Deutschland aus fast nicht lösen: Es war zum Teil nicht abzuschätzen, ob das Equipment samt Gepäck im Bus unterzubringen sein würde. Glücklicherweise haben wir Unterstützung vor Ort bekommen von Randolf Schönefeld, dem Geschäftsführer von Afrika Lovers. Schönefeld ist ein in Südafrika lebender Musiker, durch ihn wurde einiges deutlich einfacher.
Das Orga-Team traf sich in regelmäßigen Abständen, um alle auf den gleichen Stand zu bringen, gemeinsame Entscheidungen zu treffen und organisatorische Aufgaben zu verteilen. Damit auch alle Mitreisenden im Vorfeld der Reise gut informiert waren, erstellte das Orga-Team in regelmäßigen Abständen Newsletter für die Mitreisenden, in denen über Unterkünfte, geplante Konzerte, Einreisevorschriften, Impf-Empfehlungen usw. informiert wurde. Kurz vor Beginn der Reise komplettierten ein detailliert ausgearbeiteter Reiseplan und eine Packliste das Infopaket.
Ein minutiös ausgearbeitetes Reiseprogramm
Unter dem Motto „Music Connects People[s] and Cultures“ reisten dann am 2. Oktober 2019 46 Musiker und zwei Begleitpersonen über London nach Kapstadt. Ein minutiös ausgearbeitetes Reiseprogramm mit vielen Highlights, sowohl musikalischer als auch touristischer Art, sollten die nächsten zehn Tage zu einem ganz besonderen Ereignis werden lassen.

Der Tafelberg, das Kap der Guten Hoffnung, Pinguine in Simon’s Town, Whale Watching in Gansbaai, der Besuch einer Straußenfarm in Oudtshoorn, der Addo Elephant National Park und der Tsitsikamma Nationalpark waren sicherlich einige Highlights. Aber auch die Begegnungen mit den südafrikanischen Gastfamilien und den Musikern der Moravian Brass Band Union of South Africa waren unglaublich: Während der Reise von Kapstadt über Greyon/Genadendal bis nach Port Elizabeth und zurück wurde man überall herzlich empfangen.
Bei Ankunft in Mamre und Port Elizabeth wurden die Musiker musikalisch begrüßt und nach den Konzerten von den Gastfamilien und Musikerkollegen noch lecker bekocht.
Musikalische Workshops vor Ort
Highlight waren zudem die musikalischen Workshops ganz im Sinne des Reisemottos in Port Elizabeth: Einige Musiker veranstalteten einen Workshop mit Kindern und Jugendlichen des örtlichen Jugendorchesters, um anschließend das Erarbeitete der Gemeinde zu präsentieren. Getoppt wurde diese Erfahrung dann noch durch eine Gemeinschaftsprobe mit der örtlichen Concert Band.
Unter der musikalischen Leitung von Henning Klingemann wurden die beiden Werke „Greatest Showman“ und „Pata Pata“ gemeinsam erarbeitet und mit 81 Musikern am darauffolgenden Tag als Konzertabschluss präsentiert. Dies war für alle Musiker und auch das Publikum ein ganz besonderer Moment und zeigte sehr deutlich, dass Musik wirklich Menschen und Kulturen verbindet.
Das vierte und letzte Konzert fand auf dem Goede Hoop Wine Estate statt. Auch dies war eine Idee des Orga-Teams, die gar nicht so leicht umzusetzen war: Viele Weingüter mochten die Idee, sagten aber – da wir im südafrikanischen Frühling vor Ort waren –, dass sie eine solche Veranstaltung nur bei gutem Wetter durchführen könnten.

Dank Randolfs Unterstützung und der Offenheit des Besitzers Johan Bestbier vom Goede Hoop Wine Estate stieg in toller Atmosphäre im Grünen (aber unter erschwerten Bedingungen durch die einsetzende Dunkelheit und Kälte) eine Premiere auf dem Weingut. Das Konzert kam sehr gut an, die Besucher wurden bereits vor dem Konzert und in der Pause kulinarisch sowie mit den hauseigenen Weinen verwöhnt und das Orchester kam nach dem Konzert in den Genuss eines Braai (ein südafrikanisches Barbecue) und einer Weinprobe.
Das Erfolgsrezept? Motivation und Flexibilität
Was das Erfolgsrezept war, um diese Reise wirklich stattfinden zu lassen und nicht an den vielen Herausforderungen zu scheitern? Sicherlich gehört dazu ein hochmotiviertes Orga-Team, das viel Spaß an der Vorbereitung der Reise hatte und sich nicht von unzähligen Stunden und Hürden der Vorbereitung abschrecken ließ.
Aber eben auch flexible und motivierte Musiker, die sich voll auf die Einschätzungen und Planungen des Orga-Teams ver- und auch einließen. Und natürlich ein kooperativer und engagierter Dirigent, dem eine solche Reise nicht nur aus musikalischer Sicht, sondern auch für die Gemeinschaft besonders wichtig ist.
Die ganz besonderen Momente, persönliche Erlebnisse und Fotos der Reiseteilnehmer sind in einem Reisebericht auf unserer Homepage veröffentlicht.
- Flüge, Instrumententransport, Versicherungen – bei der Planung von Orchesterreisen sind einige Herausforderungen zu meistern.
- Ein engagiertes Organisationsteam ist für solch ein Vorhaben wichtig.
- Eine Orchesterreise ist nicht nur musikalisch, sondern auch kulturell, landschaftlich und kulinarisch horizonterweiternd.
- Die Eindrücke während der Reise entschädigen in der Regel für die Anstrengungen im Vorfeld.
- Die Verantwortlichen des JBO Seelze bieten an, Fragen zur Organisation und Durchführung zu beantworten: über die Facebook-Seite oder per Mail an vorstand@jbo-seelze.de