Orchestra, Schwerpunktthema | Von Stefan Fritzen

Die Ernährung: Ein voller Bauch studiert nicht gern

Unser heutiges Thema scheint brandaktuell, mahnen doch unsere Medien nahezu täglich die Notwendigkeit an, uns gesund zu ernähren, und die Fernsehsprechstunden, in denen besorgte Bürger mit ihren Fragen zu Worte kommen, sind sehr beliebte Sendungen, um den eigenen schaurig-schönen Grusel vor Krankheiten zu steigern. Was der Hausarzt sagt, kann natürlich eine Fernsehauskunft nie ersetzen…!?

Schon 80 und immer noch Angst vor gutem Essen

Der bedeutende Statistiker Professor Walter Krämer lehrt uns in seinem Buch »Die Angst der Woche«, generell Zahlen von Lobbyisten – hier Nahrungsmittelherstellern – zu misstrauen, da auch mit der Sorge um die eigene Gesundheit Geschäfte gemacht werden können. Er schickt in seinem lesenswerten Buch das Stoßgebet »Unsere tägliche Angst gib uns heute!« gen Himmel, denn der Mensch braucht offenbar etwas, um sich zu fürchten.

Das haben schon die Gebrüder Grimm in ihrem Märchen »Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen« erkannt und das Gruseln ad absurdum geführt. Lassen Sie uns, liebe Leser, eine Story schreiben über »einen Musiker, der auszog, das Essen zu lernen«.

Heute beschäftigen sich ganze Industriezweige mit gesunder Ernährung, und umweltbewusste Politiker versuchen (mit eher geringem Erfolg), den Widerspruch zwischen gesunder »Volksernährung« und »naturbelassener« Umwelt mit der Forderung nach einem vegetarischen Tag aufzulösen. Auch in der Musikermedizin ist das »richtige Essen« der Musiker als wichtiges Thema angekommen.

Nun möchte ich den vielfältigen »wissenschaftlichen« Aufklärungsbemühungen nicht noch pseudowissenschaftliche Überlegungen hinzufügen, sondern beschränke mich darauf, aus meinen langjährigen Musiker-Erfahrungen einige Erkenntnisse zur Tagesplanung und zum individuellen Essen beizusteuern.

Man kann alles übertreiben

Wir haben heute das Geschenk einer Volksernährung im Überfluss. Noch im 19. Jahrhundert sind in Deutschland etwa 20 bis 30 Millionen Menschen an Mangelerkrankungen wie Tuberkulose, Rachitis und anderen Leiden zugrunde gegangen. Grundintention aller sozialen Bewegungen war immer der Wunsch, alle Menschen satt zu bekommen und menschenwürdige Wohnbedingungen zu schaffen. Dass dies in Mitteleuropa weitgehend gelungen ist, kann als wirklicher Fortschritt besungen werden. Den soll und darf man nicht kleinreden!

Wenn wir uns dem Thema der gesunden Ernährung im Musikerberuf zuwenden, reicht es nicht, Diäten zu beschreiben oder das aufzulisten, was man essen darf oder was man besser lassen sollte. Jeder Arzt, aber auch jeder Musiker sollte bei der Bewertung seiner Lebensumstände immer von der Komplexität seiner Anforderungen ausgehen und diese als Ganzes in sein tägliches Arbeits- und Konditionierungsprogramm integrieren.

Dabei sind individuelle anatomisch-physiologische Voraussetzungen und Verträglichkeit bzw. Unverträglichkeit unterschiedlich und deshalb zu berücksichtigen. Fazit: Es gibt kein allgemeingültiges Rezept für eine gesunde Ernährung.

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