Wood | Von Hans-Jürgen Schaal

Jakob Manz und das Altsaxofon

Jakob Manz
Jakob Manz Groove Connection © ACT Gregor Hohenberg

Am Altsaxofon sorgte er schon in jungen Jahren für Aufsehen – etwa im BundesJugendJazzOrchester und als Preisträger bei “Jugend musiziert” und “Jugend jazzt”. 2022 gewann Jakob Manz den bedeutenden Jazzpreis des Landes Baden-Württemberg. 

Grooviger, souliger Funk-Jazz – damit fühlt sich Jakob Manz zurzeit am wohlsten. Auf seinem aktuellen Album “Groove Connection” erinnert sein virtuoses Altsaxofon nicht selten an große Vorgänger wie Cannonball Adderley, Maceo Parker und David Sanborn. Dabei unterstützen ihn internationale Stars wie ­Karin Hammar (Posaune) und Paolo Fresu (Trom­pete). Die Presse lobt vielfach den “strahlenden Ton” und das “elastische Spiel” des jungen Altsaxofonisten. Technisch und stilistisch scheinen Jakob Manz viele Türen offen zu stehen. Dass seine Ambitionen nicht auf Funk-Jazz begrenzt sind, beweist sein Album mit der Pianistin Johanna Summer (“Gallery Concerts I”) – sieben Live-Duos von durchschnittlich sieben Minuten Länge. “Mit Johanna spiele ich eine Musik, die viele andere Facetten an mir zeigt”, sagt Jakob Manz. “Das ist einfach etwas deutlich anderes als die Musik meiner Band.”

Das Interview führte Hans-Jürgen Schaal.

War für dich immer schon klar, dass das Altsaxofon das richtige Instrument für dich ist? Oder hast du auch mit Tenor- oder Sopransax geliebäugelt?

Ich habe tatsächlich von Anfang an Altsaxofon gespielt und wollte das dann auch nicht mehr großartig ändern. Der Klang des Instruments gefällt mir extrem gut. Wenn man möchte, kann das hohe Register wie ein Sopran und das tiefe wie ein Tenor klingen. Die Wandelbarkeit des Klangs ist speziell beim Altsaxofon großartig. 

Gibt es namhafte Altsaxofonisten, die dir besonders imponieren? Hast du Vorbilder oder Orientierungsfiguren?

Da gibt es natürlich extrem Viele. Es ist immer schwierig, nur bestimmte Namen zu nennen. Aber was das Altsaxofon angeht, war und ist mein größter Held: David Sanborn. Die wichtigsten Vorbilder aber, die ich als Musiker habe, sind Künstler wie Miles Davis oder Marcus Miller zum Beispiel. Die ihre Musik über ihr ganzes ­Leben hinweg immer wieder gewandelt haben, so dass sie immer frisch geblieben ist. Eines der besten Beispiele dafür ist sicherlich auch Herbie Hancock. Er macht immer wieder neue Dinge oder spielt mit sehr jungen Bands. Ich bin davon überzeugt, dass das ein Faktor dafür ist, warum er auch heute noch so viel Erfolg hat.

Du wurdest früh als Ausnahmetalent gehandelt, als eine Art Wunderkind. Es heißt oft, Wunderkindern falle alles (zu) leicht. Hast du für dich überhaupt wirkliche Herausforderungen gefunden?

In jüngerem Alter habe ich über “Herausforderung oder nicht” wenig nachgedacht. Ich hab’ einfach gespielt und gespielt, Musik gehört, mitgespielt, rausgehört und aufgeschrieben, auch Musiktheorie betrieben.  

Es heißt, du seist über einen Blockflöten-Wettbewerb der Formation Wildes Holz einst zum Jazz gekommen. Hast du noch Kontakt zu den Musikern von Wildes Holz, speziell zum Blockflötisten Tobias Reisige?

Ich habe zu der Band nach wie vor viel Kontakt und sehe sie einige Male im Jahr. Dieses Jahr darf ich als Gast ein Konzert bei ihrer Jubiläumstour mitspielen. Wildes Holz ist gewissermaßen die Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Wenn ich mir ihre Musik heute anhöre, dann fühlt sich das sehr besonders an. Es sind eben Kindheitserinnerungen. Diese Musik hat mich sehr stark geprägt.

Auf deinen Alben spielst du jeweils auch ein Stück auf der Altblockflöte. Hast du da ein besonderes Instrument? 

Ja, das ist ein sehr besonderes Instrument, das für mich persönlich angefertigt wurde. Der Sound ist enorm individuell und voll, da das Instrument eine größere Bohrung hat als die barocke Blockflöte. 

Durch die Vorschulpädagogik steht die Blockflöte ein wenig in Verruf, kein ganz ernsthaftes Instrument zu sein. Dir ist schon klar, dass du als Blockflöten-Profi da eine wichtige Mission hast? 

Ich sehe mich nicht in der Rolle, die Blockflöte von ihrem negativen Image zu befreien. Diesen Gedanken habe ich jedenfalls nie, wenn ich auf der Bühne stehe. Ich spiele Blockflöte, weil das zu meiner Musik und zu meiner musikalischen Vergangenheit gehört. Durch dieses Instrument habe ich eben zur Improvisation und zum Jazz gefunden.

Du hast zwei Alben im Funk-Jazz-Stil gemacht. Glaubst du, dass du dich in diesem Sound auf Dauer zu Hause fühlen wirst? 

Es ist gewissermaßen das, was mich von Beginn an enorm gepackt und berührt hat – David Sanborn, die Brecker Brothers, Nils Landgren Funk Unit, Maceo Parker und so weiter. Außerdem höre ich neben Jazz auch manchmal Rockmusik, und dann kommt eben das dabei heraus. Aber ich möchte mich auf Dauer natürlich nicht darauf beschränken. Mich interessieren zu viele Dinge. Das Album mit Johanna Summer beispielsweise geht ja auch in ganz andere Richtungen.

Altsaxofon
Jakob Manz und Johanne Summer © ACT_Mirko Polo
Es ist bekannt, dass der ACT-Produzent Siggi Loch ein Fan von Nils Landgren, Klaus Doldinger oder Sidney Bechet ist, von denen du auch Stücke spielst. Wie groß ist Siggi Lochs Einfluss auf dein Repertoire und deine stilistische Ausrichtung?

Auf jeden Fall war der Einfluss von Nils Landgren enorm groß auf mich. Er ist einer meiner wichtigsten, ersten und größten Vorbilder. Die Zusammenarbeit mit Siggi Loch läuft sehr, sehr gut, und ich bin dankbar, das erleben zu können, da er oft einen noch weiter umfassenden Blick auf die Dinge hat. Er gibt mir Möglichkeiten, die mir nur sehr sehr wenige Leute in Deutschland und darüber hinaus geben könnten.

Glaubst du, dass du mit 22 als Saxofonist schon so etwas wie die “eigene Stimme” gefunden hast?

Ich glaube, diese Frage können nur Menschen von außen beantworten – Musiker, Journalisten oder einfach auch passionierte Zuhörende. Um ehrlich zu sein, suche ich auch nicht explizit nach meiner “Stimme”. Ich mache die Musik, die ich machen will, und das mit der eigenen Stimme wird sich dann schon daraus ergeben.

Wie denkst du über einen Arbeits- oder Studienaufenthalt in den USA, dem Stammland des Jazz? Wäre das etwas für dich?

Das ist sicherlich eine tolle Idee, aber drängt sich momentan nicht auf. Es gibt hier so viele Türen, die sich gerade öffnen – Möglichkeiten, an denen ich weiter arbeiten will und sollte.

In einem Interview sagst du: “Ich werde in Zukunft schon auch noch sehr viele andere Dinge machen.” Was schwebt dir vor für die nächsten ca. fünf Jahre?

Generell bin ich für extrem viele Sachen offen, für jede neue Möglichkeit, die sich ergibt. Ich habe zum Beispiel mittlerweile ein enorm großes Interesse an Weltmusik gefunden. Dieses Jahr habe ich es geschafft, den Pianisten und Sänger Meddy Gerville aus La Réunion für ein gemeinsames Projekt mit der SWR BigBand zu gewinnen. Das Konzert “Heimspiel 14 – SWR BigBand” findet man in der ARD Mediathek. – Grundsätzlich will ich mich nicht stilistisch festfahren. Meine Soloprojekte werden sicherlich immer irgendwie mit Jazz und Improvisation zusammenhängen. Sicherlich ist es gut und wichtig, mit der Zeit mehr zu reflektieren, strategisch zu denken, und so weiter. Aber am Ende ist doch meistens das richtig, was das Gefühl sagt. Ich hatte in meinem musikalischen Leben ein paar Momente, wo ich Musik gespielt habe und nichts gefühlt hab. Kein Feuer, keine Traurigkeit, keine Anstrengung oder Konzentration – nichts … Wenn einem das auffällt, ist das ein wichtiges Zeichen dafür, dass man diese Art von Musik vielleicht nicht mehr so oft machen sollte. Das kam bei mir aber erst zweimal oder so vor.

Das Altsaxofon ist ja die führende Saxofongröße in der klassischen Musik. Hast du dich auch mit klassischer Saxofonliteratur (Glasunow, Singelée, Ibert, Françaix, ­Dubois, Milhaud usw.) beschäftigt? 

Tatsächlich habe ich vor wenigen Monaten mit dem Mandelring Streichquartett eine Uraufführung gemacht. Das war Neue Musik, und es ist immer spannend, solche musikalischen Exkursionen zu machen. Ich hab’ mich auch ein wenig mit klassischer Saxofonliteratur beschäftigt. Ein ganzes Album damit sehe ich aber in näherer Zukunft eher nicht.