Wood | Von Ricarda Fuss

Kann ich die Atmung trainieren? Fragen Sie das Arcis Saxophon Quartett

Ricarda
Diesmal antwortet Altsaxofonistin Ricarda Fuss (Foto: Harald Hoffmann)

Ask ASQ! – Fragen Sie das Arcis Saxophon Quartett Unter diesem Titel startete kürzlich die neue ­Expertenrunde rund um sämtliche Saxofonfragen. Schreiben Sie dem Quartett unter askasq@brawoo.de. Diesen Monat geht es um das Thema Atmung. Ricarda Fuss (Altsaxofon) klärt auf und stellt einige Übungen vor.

Wenn man über ein gutes Körpergefühl beim Spielen eines Blasinstruments sprechen will, führt sicherlich kein Weg am Thema Atmung vorbei. Uns ist allen ­bekannt, dass wir zum Überleben in jedem Moment vollkommen abhängig von unseren Atemreflexen sind. 

Neben diesem überlebenswichtigen Phänomen lässt sich aber auch gut beobachten, dass un­sere Atmung sehr stark mit unserem Verhalten und unseren Emotionen zusammenhängt.

Sobald sich unsere Stimmung oder unser Be­wegungsverhalten ändert, wird sich auch die ­Atmung automatisch verändern. Wir kennen es doch alle: Man ist wütend oder verängstigt und sofort beeinträchtigen diese Emotionen unsere Atmung, ohne dass wir darauf bewusst Einfluss nehmen können. Demnach sind nicht nur unsere körperliche Aktivität und unsere Atmung aufeinander abgestimmt, sondern auch unsere psychische, mentale Verfassung wirkt sich auf unser Atemgeschehen aus. Daher liegt doch auch der Umkehrschluss nahe, dass wir durch bewusste Körperbewegungen und ein bewusstes Beobachten der Atmung diese zu unserem Vorteil verändern und nutzen können. Und spätestens hier kommt nun die Bläseratmung ins Spiel.

Gleichmäßiger und kontrollierter Luftstrom

Bei uns Bläsern ist das Ziel einer guten und bewussten Atmung ein gleichmäßiger und kontrollierter Luftstrom beim Ausatmen, mit dem der Ton ohne Schwankungen gehalten werden kann. Die berühmte “Stütze” ist ja schließlich jedem Bläser ein Begriff. Läuft alles gut, passt sich die Atmung automatisch den Körper- und Spiel­bewegungen an und scheint somit nicht weiter beachtet werden zu müssen. Jedoch spätestens in Auftrittssituationen hat der ein oder andere sicher­lich auch schon die Erfahrung gemacht, dass Leistungsdruck und Aufregung zu einem solchen Stress führen können, dass der Einklang zwischen Atmung und Musik gestört wird. Die Atmung wird schneller oder flacher; An- und Verspannungen von Muskelgruppen, Magen- und Darmprobleme sowie Herz-Kreislauf-Belastungen sind weitere Folgen. Im Endeffekt leidet vor allem die Qualität des Tons und die Koordination zwischen Atem- und Spielbewegungen. 

Da das natürlich niemand gebrauchen kann, ist es wichtig, schon von Beginn an beim Erlernen eines Blasinstruments auf eine bewusste Atemtechnik zu achten und diese im Laufe der Bläserkarriere immer wieder zu pflegen und somit besser kontrollieren zu können. 

Hierzu will ich ein paar einfache Atemübungen vorschlagen, die ganz unkompliziert in jede Übephase integriert werden können. Diese Übungen sollen den natürlichen Atemrhythmus stimulieren und Körperbewusstsein aufbauen. Zusätzlich solltet ihr natürlich immer darauf achten, eine aufgerichtete und entspannte Körperhaltung einzunehmen. (Das Thema “Haltung” beim Spielen ist ein weiteres großes Kapitel des gesunden Musizierens und wird in einer der nächsten Ausgaben noch mal genauer betrachtet werden.) 

Übung 1

Übung – oder vielmehr Vorstellungshilfe – zur Atembeherrschung:

Wenn du in kleinen Räumen übst, solltest du dir immer vorstellen, in einem Konzertsaal zu spielen. Das heißt: du solltest versuchen, einen offenen, voll klingenden, großen Ton zu erzeugen. Mit dieser Vorstellung wird die Atmung nämlich automatisch verbessert und dadurch auch der Ton. 

Übung 2 

Den Effekt der Atemstütze kann man zum Beispiel durch diese Übung spüren:

Gib nach dem Einatmen etwas Luft durch einen kleinen Spalt zwischen den Lippen ab. Schließ dann die Lippen und halte den restlichen Atem einige Sekunden zurück. Der Hals muss dabei “offen” bleiben. Den einzigen Widerstand sollten die geschlossenen Lippen bilden. Der Vorgang kann mehrmals wiederholt werden, bis das ganze Atemvolumen ausgeschöpft ist. In den Momenten, in denen die Lippen geschlossen sind, ist im Körper ein “Stützgefühl” spürbar.

Übung 3

Das Zwerchfell und seine Tätigkeit sind unserem Bewusstsein gefühlsmäßig nicht zugänglich. Jedoch gibt es Vorgänge, an denen es beteiligt sein muss:

Hauche einen Spiegel oder deine Handfläche an. Dabei sollten alle Atemwege weit geöffnet sein und die Luft nur ganz langsam aus dem Mund ausströmen (Stichwort “warme Luft”). Halte nun die Luft an ohne die Atemwege irgendwie zu verschließen. Atme jetzt ein wenig aus dieser Position ein. Dabei wird sich höchstwahrscheinlich deine Bauchdecke nach außen wölben, was der Beweis der Tätigkeit deines Zwerchfells ist. 

Bei dieser Übung findet ein Spiel zwischen Bauchmuskeln und Zwerchfell statt. Diese beiden Muskeln sind Antagonisten, das heißt entgegengesetzt wirkende Muskeln. Dabei übernimmt das Zwerchfell den Teil der Ein­atmung, während die Bauchmuskeln für die ­Ausatmung zuständig sind.

Vielleicht konnte dieser kleine Beitrag zum Thema Atmung das Interesse am Potenzial einer ­bewussten Atemtechnik für unser körperliches Wohlbefinden und letztendlich unsere Gesundheit beim Musizieren wecken. Darauf beim Üben zu achten lohnt sich allemal!